Sahara
Story:
In mehreren Anrainerstaaten des Flusses Niger bricht eine geheimnisvolle Krankheit aus die die Menschen verrückt werden lässt. Gleichzeitig breitet sich im Delta des Nigers eine besonders aggressive und giftige Algenart aus, die – wenn sie nicht aufgehalten werden kann – den Tod allen Lebens auf der Welt verursachen könnte. Eva Rojas von der WHO begibt sich nach Mali, um die Ursache zu finden, denn offensichtlich liegt dort der Herd der Krankheit. Dirk Pitt wird von der NUMA beauftragt der Ausbreitung der Algen nachzugehen und fährt mit einem Schnellboot den Niger herauf. Ohne es zu wissen sind Beide demselben Übel auf der Spur…
Meinung:
Man kann sich trefflich darüber streiten, wie man bei Romanverfilmungen vorgehen sollte. Erst den Roman lesen, dann den Film ansehen? Oder doch etwa umgekehrt? Im Allgemeinen kommt es dabei wohl auf die Werktreue des Films an. Bedenkt man dabei, wie schwierig es ist einen Roman, den ein geübter Leser in ein bis zwei Tagen durch hat, auf ein Format von rund zwei Stunden zu bringen, so dürfte schnell klar werden, dass vieles, was im Roman beschrieben wird, zwangsläufig auf der Strecke bleiben oder stark gekürzt werden muss. Man kann also im Allgemeinen davon ausgehen, dass der Roman ausführlicher ist und erheblich mehr von der Hintergrundgeschichte zeigt. Und daher ist wohl das Lesen des Romans nach dem Ansehen des Films vorzuziehen. So kann man die Hintergründe aus dem Film vertiefen und gleichzeitig ein gutes Buch genießen. Dies gilt insbesondere auch bei Sahara. Wer also an Beidem interessiert ist, sollte sich erst den Film ansehen und dann das Buch lesen.
Nach der Lektüre des Romans ist jedenfalls klar, dass Hollywood eine gute Arbeit geleistet hat. Die wesentlichen Bestandteile des Romans wurden so zusammengesetzt, dass ein kurzweiliger Film herausgekommen ist. Der Roman bietet im Gegensatz dazu erheblich mehr an Informationen und letztendlich auch eine etwas andere Geschichte, die in einem gänzlich anderen Finale mündet. Einem Finale – und das ist möglicherweise die einzige Schwachstelle des Buches – nicht mit einem großen Knall endet, sondern eher seicht ausläuft und fast schon etwas enttäuscht. Da hat das Finale des Films doch deutlich mehr „Bums“.
Cussler hat hier eine Romanvorlage abgeliefert, die es den Filmemachern leicht gemacht hat. Sahara ist ein rasanter Spionage-Roman, der dem Leser kaum eine Pause gönnt und das bei über 500 Seiten Umfang. Dabei kann ruhig außen vorgelassen werden, dass die wissenschaftlichen Tatsachen des Romans einer näheren Überprüfung vermutlich nicht standhalten würden. Dass ein ungehemmtes Algenwachstum zum Aussterben der gesamten Menschheit führen könnte erscheint doch etwas weit hergeholt. Zwar wird in der Tat ein nicht unerhebliches Mass an Sauerstoff im Meer produziert, aber bei Cusslers Szenario werden die Sauerstoff produzierenden Landpflanzen zu sehr vernachlässigt. Aber andererseits bietet es Cussler die Möglichkeit das Tempo des Thrillers in erheblichem Masse anzuziehen und seine Akteure zum schnellen Handeln zu verdammen.
Der Rest des Szenarios ist aufgrund der vielen Diktaturen in Afrika wiederum sehr glaubhaft. Eine Giftmüllentsorgung durch ein Sonnenkraftwerk ist im Bereich des technisch Machbaren. Und dass immer wieder Menschen in der Sahara verschwinden sicher auch keine Neuigkeit. Cussler macht den Thriller wieder zu etwas Besonderem, indem er geschichtliche Ereignisse mit seinen Helden verknüpft und dabei wieder einmal sehr exakt und gut recherchiert hat. Diese Details und sein besonderes Verständnis bei der akkuraten Beschreibung von technischen Vorgängen geben jedem seiner Romane eine besondere Würze. Interessant ist auch, dass sowohl Al Giordino als auch Dirk Pitt letztendlich sehr kaltschnäuzig herüberkommen und ihren Gegner recht brutal beseitigen. Diese Charakterentwicklung ist recht erstaunlich, bedenkt man, dass die Beiden in vergangenen Romanen ihre Gegner im Kampf auf Leben und Tod besiegten, nicht aber einfach so um die Ecke brachten.
Die weiteren Charaktere hat Cussler in diesem Roman sehr schön ausgebaut. Natürlich hatte er im Vergleich zu früheren Büchern auch mehr Platz, aber seine Schurken blieben oft ein wenig eindimensional und im Vergleich zum überlegenen Dirk Pitt nicht immer auf der Höhe ihres Könnens. Das ist hier ganz anders. General Kazim ist herrlich fies und ein richtiger Schundnickel. Massarde ist ein ebenfalls wundervoll hintertriebener Franzose. Zwar fehlt auch in diesem Roman eine richtige Hintergrundgeschichte der Charaktere, wird aber durch die Tatsache wettgemacht, dass ihre charakterlichen Eigenschaften sehr klar beschrieben werden und von Anfang an offen zu Tage treten. Es gibt kein Versteckspiel, was im Übrigen auch auf den Rest der Handlung zutrifft. Der Leser weiß bereits früh, um was es sich dreht und wo die Gefahr herrührt. Die Spannung der Geschichte wird daher nicht aus der laufenden Entdeckung und ständigen Hinweisen auf die Ursache bezogen, sondern aus der Art und Weise, wie Dirk Pitt die Gefahr abwenden kann. Dass er sie abwenden wird, steht natürlich außer Frage. Der Weg dorthin ist aber intelligent und abwechslungsreich beschrieben. Und es tut geradezu gut, dass Pitt einmal seinem sonst ihm verwandten Element – dem Wasser – entrissen wird und im genauen Gegenteil seinen Ermittlungen nachgeht.
Fazit:
Sahara ist vermutlich eine der reifsten Arbeiten von Clive Cussler. Ein exzellentes Timing, schön ausgearbeitete Charaktere und eine Hochspannung, die bis zum Schluss erhalten bleibt, zeugen von einem Roman, den man nicht so leicht aus der Hand legen kann. Hinzu kommen interessante Ideen, die wohl kaum ein anderer Autor bisher hatte. Wem der Film gefallen hat, dem wird mit Sicherheit auch das Buch gefallen. Ob das umgekehrt auch gilt ist jedem selbst überlassen.
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Clive Cussler
Sahara
Sahara
Übersetzer: Dörte und Frieder Middelhauve
Erscheinungsjahr: 1992
Autor der Besprechung:
Bernd Glasstetter
Verlag:
Goldmann Verlag
Preis: € 8,50
ISBN: 3-442-46155-3
576 Seiten
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