In einem anderen Buch
Story:
Thursday Next ist, nachdem sie die Entführung von Jane Eyre aus ihrem Roman glücklich beenden konnte, die Heldin des Tages und wird von SpecOps von Interview zu Talkshow weitergereicht. Das bedeutet aber nicht, dass ihr Leben ab sofort langweilig würde: Eine Stimme in Thursdays Kopf stellt sich als ihr Strafverteidiger vor. Dabei wußte die LitAg bis dahin noch nicht mal, dass sie angeklagt ist, geschweige denn, was man ihr vorwirft. Ihr frisch angetrauter Ehemann wird von der ChronoGarde mal eben aus der Zeitlinie getilgt, und man macht ihr quasi ein unmoralisches Angebot, wenn sie ihn zurückhaben möchte. Ihre Ex-Kollegen von SO-5 beschatten sie plötzlich. Eine Fälschung des verschollenen Shakespeare-Stücks Cardenio scheint erschreckend authentisch zu sein und könnte die politische Landschaft Europas umkrempeln. Aber spielt das eigentlich noch eine Rolle? Denn nach Aussage von Thursdays Vater, dem Zeitrenegaten Colonel Next, wird sich demnächst sowieso jede organische Materie in einen rosa Schleim verwandeln. Thursday Next hat also wieder alle Hände voll zu tun und muss diesmal gleich an mehreren Fronten mindestens die Welt retten.
Meinung:
Was Jasper Fforde in "Der Fall Jane Eyre" begonnen hat, setzt er hier praktisch nahtlos fort. Die Welt, in der Thursday Next lebt und arbeitet, ist nach wie vor an Skurrilität und Spleen nur schwer zu überbieten. Und der Autor hat immer neue Ideen auf Lager: Die Stimme ihres Anwalts in Thursdays Kopf wird in Form von Fußnoten dargestellt. Die Fans berühmter Dichter und Schriftsteller, die als Hommage gleich den Namen ihres Idols angenommen haben, werden mit tiefgestellten Ziffern durchnummeriert. Miss Hathaway34 beispielsweise bietet Thursday das "Du" an, man möge sie doch Anne34 nennen. Und auf einer Dienstfahrt mit ihrem Kollegen Bowden erlebt Thursday ein avant verrais. So bezeichnet Fforde das Gegenteil eines déjà vu. Thursday ist sich sicher, dass sie die gerade erlebte Situation irgendwann in Zukunft noch einmal erlebt haben wird. Dieses Phänomen spiegelt sich auch im Buch wieder: Auf Kapitel 4 und 5 folgt Kapitel 4a, das dem "alten" Kapitel 4 zwar deutlich ähnelt, ihm aber doch nicht gleicht.
In "Der Fall Jane Eyre" hat Fforde seine Welt und die wichtigsten Protagonisten etabliert, in diesem Band konzentriert er sich deshalb stärker auf die Handlung und die vielen kleineren und größeren amüsanten Ideen. Man merkt "In einem anderen Buch" auch an, dass der Roman der zweite einer Reihe ist: Während Thursdays erstes Abenteuer auch für sich alleine stehen kann, spielen hier nicht nur die normalen Rückgriffe auf den ersten Band eine große Rolle, es gibt auch recht offensichtliche Andeutungen auf die folgenden Bände. Beispielsweise wird Thursdays "erster Auftrag" für die Jurisfiktion geschildert; man kann also davon ausgehen, dass noch weitere in weiteren Bänden folgen werden. Und auch der "Brunnen der Manuskripte", der es auf den Titel des nächsten, dritten Bandes geschafft hat, wird bereits eingeführt.
"In einem anderen Buch" wirkt einen Tick schwächer als der erste Band der Reihe. Das mag am erwähnten Status als "Zwischenband" liegen, oder daran, dass der Leser sich bereits an Thursday und ihre aberwitzige Welt gewöhnt hat und das hohe Niveau bereits als normal empfindet. Nichtsdestotrotz ist auch dieser Roman besser als die Werke so mancher anderer, hochgepriesener Autoren. Fans von Jasper Fforde werden sich wohl sowieso keinen Band der Reihe entgehen lassen. Wer noch keinen der Romane gelesen hat, sollte besser zunächst "Der Fall Jane Eyre" lesen, um nicht an so mancher Stelle wie das sprichwörtliche Mammut vor'm Berg zu stehen. Die restlichen Thursday-Next-Bände kann man bei der Gelegenheit gleich mitkaufen – lesen wollen wird man sie schätzungsweise so oder so.
Anmerkung: Die aktuelle deutsche Ausgabe basiert auf Wunsch des Autors auf der amerikanischen Fassung, die sich an einigen Stellen von der originalen, britischen Version unterscheidet.
Fazit:
Ein würdiger Nachfolger von "Der Fall Jane Eyre", der auch für die nächsten Bände mehr als genügend Witz, Intelligenz und Spleen am Horizont aufscheinen lässt. Wer Freude an spannenden, klugen und skurrilen Geschichten hat, ist bei Jasper Fforde besten bedient.
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Jasper Fforde
In einem anderen Buch
Lost in a Good Book
Übersetzer: Joachim Stern
Erscheinungsjahr: 2007
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
dtv
Preis: € 9,95
ISBN: 978-3423210157
418 Seiten
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