Fraktal
Story:
Jean Le Flambeur hat einen neuen Auftrag. Er soll den Schlüssel zur Unsterblichkeit stehlen. Das einzige Problem: Er wird von einem geklonten Gott bewacht.
Meinung:
"Fraktal" ist Hannu Rajaniemis zweiter Science Fiction-Roman. Erneut erlebt man ein Abenteuer des Diebes Jean Le Flambeur. Die Reihe wird, gemäß den Plänen des Autors, ihre Fortsetzung in "The Causal Angel" finden, welcher 2014 in Großbritannien herauskommen wird. Das heißt also, dass vermutlich 2015 die deutsche Übersetzung erscheinen wird.
Jean Le Flambeur und Mieli sind unterwegs zur Erde. Während der Reise versucht der Dieb eine Schrödinger Box zu öffnen, von deren Inhalt er sich mehr Informationen über seine neue Mission erhofft. Doch die Zeit drängt, denn mächtige Feinde sind hinter den beiden her. Und um sie aufzuhalten, fahren sie schwere Geschütze auf.
Derweil erhält auf der Erde Tawaddud Gomelez von ihrem Vater einen ungewöhnlichen Auftrag. Sie soll einen Sobornost-Abgesandten betreuen, der nach Sirr, ihrer Heimatstadt gekommen ist, um einen Mord zu überprüfen. Doch schnell stoßen die beiden auf Geheimnisse, die ihre Heimat verändern werden.
Mit "Fraktal" kehrt man also in das Universum von Jean Le Flambeur zurück. Ein Jahr ist vergangen, seit wir das letzte Mal etwas von dem Meisterdieb lasen. Und das Wiedersehen ist kein Einfaches, was aber vor allem am Autor Hannu Rajaniemi liegt. Doch dazu später mehr.
Die Geschichte präsentiert sich zwiegespalten. Auf der einen Seite hat man die Erlebnisse von Jean Le Flambeur, auf der anderen befindet man sich auf der Erde und lernt Tawaddud kennen. Dabei ist es besonders letztere Handlungsebene, die den Leser faszinieren wird.
Man fühlt sich beim Lesen der Ereignisse in Sirri stark an den Orient erinnert. Es ist die Rede von Djinns, von einer unbarmherzigen Wüste und von fliegenden Teppichen. Doch Hannu Rajaniemi belässt es nicht bei einer bloßen Nennung, sondern er transportiert die Namen in seine Welt und verpasst ihnen so neue Eigenschaften. So besteht der Teppich aus Nanopartikeln, die von Djinns ständig gesäubert werden. Auf diese Weise schafft es der Autor, sowohl altbekanntes als auch gleichzeitig neues darzustellen.
Tawaddud selbst stellt sich als eine interessante Protagonistin heraus. Sie ist das schwarze Schaf der Familie, die einerseits sich von ihrem Ehemann getrennt hat, als auch Umgang mit einem mächtigen Djinn pflegt. Dabei hat sie viele Erfahrungen sammeln können, die ihr in den Ermittlungen helfen. Sie ist stolz auf ihre Heimat und bemüht sich den Abgesandten des Sobornost davon abzuhalten, seine übliche Vorgehensweise einfach 1:1 in ihre Stadt zu übertragen.
Doch auch Jean Le Flambeur und Mieli werden in "Fraktal" weiter entwickelt. Bei ersterem ist immer noch das zentrale Streben vorhanden, seine Erinnerungen zurückzukriegen. Der Dieb bleibt ein genialer Mensch, der, wenn es sein muss, die Regeln bricht um beispielsweise in der Schrödingers Box zu überleben. Mieli hingegen ist nachdenklicher geworden. Man erfährt mehr über ihre Vergangenheit und wieso sie der Pelligrini überhaupt Treue geschworen hat.
Allerdings verursacht das Lesen des Romans immer noch Kopfschmerzen. Die Angewohnheit des Autoren, nichts zu erklären, sondern einfach nur zu schildern, erleichtert einem das Verständnis der Handlung nicht. Man kann zwar in etwa nachvollziehen, was gerade passiert. Doch wenn er erneut einen fremden Begriff so verwendet, dass er alltäglich wirkt, verzweifelt man schier. Es mag zwar gut sein, dass er so eine glaubwürdige Zukunftsgesellschaft erschafft. Nur, wenn die Rede von einem fressenden Chaoscode ist, ist man dazu geneigt, das Lesen des Romans aufzugeben.
Auch stört die Tatsache, dass die beiden Handlungsebenen zu lange nebeneinander her laufen und erst spät im Buch aufeinandertreffen. Dies, und die Angewohnheit von Herrn Rajaniemi Geschichten innerhalb von Geschichten zu schildern, verleiden einem das Lesevergnügen. Das ist schade, denn trotz allem wirkt der Plot interessant und wird abwechslungsreich dargestellt.
"Fraktal" ist ein merkwürdiges Buch. Einerseits stört die Tatsache, dass man sich gut in der Quantenphysik auskennen muss, um die Handlung nachvollziehen zu können. Andererseits ist die Geschichte auch so flott geschrieben, dass man sie unbedingt weiterlesen will! Am Ende kommt der Roman jedoch nicht über ein "Für Zwischendurch" hinaus.
Fazit:
Mit "Fraktal" präsentiert Hannu Rajaniemi den zweiten Teil seiner Geschichte über den Meisterdieb Jean Le Flambeur. Und genau wie im ersten Band hat man es mit einer Geschichte zu tun, die in einer für uns fremden Zukunft spielt. Das wird besonders bei der Handlungsebene von Tawaddud deutlich, die an 1001 Nacht erinnert, und dabei gleichzeitig fremdartig ist. Die Figuren werden alle gut weiter entwickelt, und man erfährt mehr über ihr Leben. Doch das Manko, dass der Autor nichts erklärt, bleibt bestehen. Und auch die Tatsache, dass die beiden Handlungsebenen erst spät aufeinander treffen, trübt das Lesevergnügen.
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