Flexible Web Design
Story:
Wie entwirft und baut man Websites, die sich flexibel an unterschiedliche Bildschirmgrößen, Auflösungen und Schriftgrößen anpassen? Die Webdesignerin Zoe M. Gillenwater erklärt, worauf man achten muss und welche Möglichkeiten es gibt, von den ersten Überlegungen bis zur fertigen Website.
Meinung:
Noch vor einigen Jahren hatten es Webdesigner zumindest in einer Hinsicht leicht: Websites wurden in aller Regel für eine feste Größe entworfen. Die allermeisten Besucher betrachteten die Seite in einer Standard-Bildschirmauflösung wie 800 x 600 Pixel, später 1024 x 768 Pixel. Und wer eine andere Auflösung hatte, sein Browserfenster nicht maximierte oder bei dem Seitenleisten oder Toolbars ein Stück des Fensters belegten, der hatte mehr oder weniger Pech gehabt. Der musste eben damit leben, dass er entweder Teile der Seite nur mit horizontalem Scrollen zu sehen bekam, oder dass neben dem Inhalt viel Fläche ungenutzt blieb. Einige Webdesigner schrieben ausdrücklich auf ihre Seiten, mit welcher Auflösung man sie gefälligst anzusurfen habe.
Mit diesem Ansatz kommt man im heutigen Web nicht mehr weit. Die meisten Besucher sind nicht mehr bereit, sich an die Bedürfnisse einer Website anzupassen; sie erwarten, dass die Website sich ihnen anpasst. Außerdem ist die Bandbreite der Geräte, mit denen man im Web surft, viel größer geworden. Neben den "klassischen" Computern am Schreibtisch oder dem Laptop gibt es Netbooks mit kleineren Bildschirmen, Handys und Smartphones mit noch kleineren Displays, aber auch internetfähige Fernseher mit Bildschirmdiagonalen, wie man sie bei Computermonitoren kaum findet. Außerdem wird das Seitenverhältnis (die Displaybreite im Vergleich zur Höhe) 4:3 immer stärker von Breitbildformaten wie 16:9 oder 16:10 abgelöst. Auch die Schriftgröße ist nicht immer gleich, beispielsweise wenn sehbehinderte Nutzer eine größere Schrift einstellen. Eine Website soll bei möglichst vielen dieser Varianten gut aussehen und gut zu benutzen sein.
Solche Websites, die mit unterschiedlichen Bildschirmgrößen, Schriftgrößen und so fort zurechtkommen, nennt man flexible Sites. Wie man seine Sites flexibel macht, erklärt Zoe Mickley Gillenwater in diesen Buch. Die Autorin verfügt über umfangreiche Erfahrung als Webdesignerin, Projektmanagerin und technische Autorin und ist eine wichtige Stimme in der aktuellen Diskussion um Webdesign und Webstandards. Gelegentlich wird sie als "Heldin des modernen Webs" bezeichnet. Das 2009 erschienene "Flexible Web Design" ist ihr erstes Buch, dem sie Ende 2010 "Stunning CSS3" über die Möglichkeiten des neuen Stylesheet-Standards folgen ließ.
Auf über 300 Seiten widmet sich Gillenwater den wichtigsten Herausforderungen, auf die man bei der Entwicklung einer flexiblen Site stößt, sowie den geeigneten Lösungsmöglichkeiten. Dabei setzt sie ganz zu Beginn an und bespricht, für welche Websites ein flexibles Design sinnvoll ist und für welche ein Design mit fester Breite die bessere Lösung sein kann. Anschließend folgen Überlegungen, welche Designelemente ein Problem für die Flexibilität werden können und wie man diese Klippen umschiffen kann. In weiteren Kapitel bespricht die Autorin, wie man vom Entwurf im Graphikprogramm zur funktionierenden Site kommt, wie man Bilder in verschiedenen Auflösungen gut aussehen lässt und vieles mehr.
Positiv fällt auf, dass Gillenwater ihre Ansichten dabei nicht als alleinseligmachend darstellt. Sie zeigt dem Leser die Möglichkeiten auf und erläutert, welche Vor- und Nachteile sie jeweils haben. Welche Variante sich für das eigene Projekt am besten eignet, muss der Leser selbst entscheiden. Diese Verantwortung nimmt die Autorin dem Leser nicht ab, sondern sie gibt ihm einen Werkzeugkasten an die Hand, um die jeweils beste Lösung zu finden.
Potentielle Probleme und die möglichen Lösungsansätze eines flexiblen Designs erklärt Gillenwater nicht anhand konstruierter Beispiele, sondern an realen Websites. Das erleichtert es dem Leser, das Gelernte sozusagen vom Klassenzimmer in die eigene Arbeit zu übertragen. Dazu trägt auch die reichhaltige Illustration bei. Diejenigen Doppelseiten, auf denen nicht mindestens ein Screenshot oder ein Ausschnitt daraus das Gesagte verdeutlicht, sind klar in der Minderheit. An einzelnen Stellen nimmt die Autorin den Leser etwas zu sehr an die Hand, wenn sie etwa erklärt, wie genau bestimmte Werkzeuge im Graphikprogramm ihrer Wahl benutzt werden. Aber diese Momente bleiben sehr selten, und selbst dort behält Gillenwater im Blick, dass nicht jeder Adobe Fireworks verwendet und erklärt allgemeiner, warum sie tut, was sie tut.
Ebenfalls wertvoll für die Anwendbarkeit sind die Abschnitte, die der Leser am Ende jedes Kapitels mit Ausnahme der ersten beiden findet. Unter dem Titel "Site-Building Exercise" zeigt die Autorin, wie man das Thema des jeweiligen Kapitels in der Website für ein fiktives Tierheim konkret umsetzt.
Sprachlich schafft es Gillenwater, ihre Ausführungen kurzweilig zu halten, ohne dabei die für das Thema notwendige Genauigkeit zu vernachlässigen. Bisher sind ihre Bücher nicht auf Deutsch erhältlich, aber ein nicht zu tief verschüttetes Schulenglisch reicht zum Verständnis der Originalausgabe ohne Probleme aus. Die allermeisten Webdesigner und -entwickler werden ohnehin gewohnheitsmäßig mit englischen Texten arbeiten.
Wer als Webworker seine Fähigkeiten um die Erstellung flexibler Websites erweitern will, sollte "Flexible Web Design" auf die Lektüreliste für den Sommerurlaub setzen. Er sollte allerdings dafür sorgen, dass er einen Computer in Reichweite hat, denn häufig wird er das Gelesene direkt ausprobieren wollen.
Fazit:
Das Design flexibler Websites, die mit unterschiedlichen Bildschirmgrößen oder Schriftgrößen zurechtkommen, wird im modernen Web immer wichtiger. Zoe M. Gillenwater erklärt, was man dabei beachten muss und wie man die auftretenden Klippen umschifft. Dabei gibt sie keine alleinseligmachende Variante vor, sondern gibt dem Leser einen Werkzeugkasten an die Hand, um für das jeweilige Projekt zur passenden Lösung zu kommen. Viele Screenshots und praktische Übungsabschnitte am Ende der einzelnen Kapitel erleichtern die Übertragung des Gelernten in die eigene Arbeit. Das englischsprachige Buch ist mit einem noch halbwegs aktuellen Schulenglisch problemlos zu lesen. Wer als Webworker noch eine lohnende Urlaubslektüre sucht, ist hier an der richtigen Adresse.
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Zoe Mickley Gillenwater
Flexible Web Design
Originalsprache: Englisch
Erscheinungsjahr: 2009
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Peachpit New Riders
Preis: € 30,95
ISBN: 978-0-321-55384-3
324 Seiten
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