Europa im Mittelalter
Story:
Das Mittelalter? Ist das nicht dieses dunkle Zeitalter, in dem die Menschheit keine Fortschritte machte, sondern sich immer wieder untereinander bekriegte? Dass diese Aussage so nicht richtig ist, beweist Arnulf Krause in seinem Buch.
Meinung:
Es gibt wohl kaum ein menschliches Zeitalter, das so verklärt worden ist wie das Mittelalter. Die Zeit zwischen dem endgültigen Zusammenbruch des römischen Reiches und der Neuzeit hat das europäische Leben wie kaum eine andere geprägt. Noch heute noch spielen viele Jungen gerne Ritter, ist das Nibelungenlied allgegenwärtig und unzählige Bücher beschäftigen sich in den unterschiedlichsten Genres damit. Doch letztere konzentrieren sich eher auf einzelne Abschnitte und nicht auf die ganze Epoche.
Man könnte also sagen, dass hier ein gewisser Bedarf besteht. Und diesen will Arnulf Krause mit seinem Buch "Europa im Mittelalter" füllen. Es ist nicht das erste Mal, dass der promovierte Germanist und Skandinavist sich mit jener Zeit auseinandergesetzt hat. Zu seinen früheren Werken zählen nämlich unter anderem die Titel "Die Geschichte der Germanen" und "Die Welt der Wikinger".
Arnulf Krause legt den Schwerpunkt seines Sachbuches auf die Kreuzzüge, die das Mittelalter nachhaltig prägten. Kapitel Eins erklärt, wie es in Europa zur Zeit jener Kriege aussah. Danach wird näher auf die historische Entwicklung jener so prägenden Ereignisse eingegangen. Dieses Thema beschäftigt den Autor auch in den späteren Kapiteln, weshalb er es immer wieder aufgreift und in dem jeweiligen Kontext einordnet. Danach ist die damalige Regierungsform an der Reihe. Die Kapitel Vier bis Sechs behandeln die damalige Gesellschaft sowie die verschiedenen Stände. In Nummer Sieben wird die die Entwicklung der Stadt thematisiert, gefolgt von der damaligen Rolle der Frau. Im Zentrum von Kapitel Neun stehen die Ängste, die die Bevölkerung damals beherrschten, und abgeschlossen wird das Buch durch die Frage, inwiefern der mittelalterliche Mensch seinen modernen Verwandten nahe steht.
Das Besondere an diesem Buch ist, dass der Autor ruhig, nüchtern und neutral schreibt. Er verzichtet auf eine Bewertung, sondern konzentriert sich darauf, jene Zeit einfach nur detailliert darzustellen. Und so obliegt es dem Leser sich aus den Fakten des Bandes eine eigene Meinung zu bilden. Da Arnulf Krause auf jegliche Form von Fachbegriffen verzichtet, ist sein Werk auch perfekt für den Durchschnittsleser geeignet.
Leider hat Arnulf Krause die Angewohnheit in seinen Text immer wieder Exkurse einzustreuen, die schlecht platziert sind. Es ist etwas irritierend, wenn man in Kapitel Vier etwas über den klerikalen Stand liest, nur um auf der nächsten Seite auf der unteren Hälfte einen Texte über Handschriften zu lesen. Diese Ausschweifungen sind zwar höchst interessant zu lesen, doch ihre Positionierung ist unglücklich. Man ist gezwungen, hin- und herzu blättern, um wirklich alles mitkriegen zu können. Es wäre vielleicht besser gewesen, auf diesen Parallellauf zu verzichten und stattdessen die Einschübe an das Ende des jeweiligen Kapitels zu setzen, mit einem entsprechenden Hinweis an der jeweiligen Position.
Ärgerlich ist auch die Art und Weise wie Arnulf Krause mit Zitaten umgeht. Er zitiert zwar viel und gerne, und erwähnt auch die Person, der die Textpassage geschrieben oder gesprochen hat. Doch es fehlt ein Hinweis auf die Quelle. Zwar gibt es im Anhang ein Literaturverzeichnis. Nur ist dies so aufgebaut, dass eine exakte Zuordnung zu der entsprechenden Textpassage unmöglich ist. Dies ist verwirrend, da beim Bildverzeichnis exakt dies bereits vorhanden ist.
Zusätzlich gibt es außerdem auch noch eine ausführliche Zeittafel, ein großes Personenregister sowie ein Orts- und ein Sachregister. Es sind diese Anhänge, die dazu führen, dass das Buch mit Fug und Recht ein "Reinschauen" wert ist.
Fazit:
"Europa im Mittelalter" ist ein thematisch sehr interessantes Buch von Arnulf Krause. Sein Werk ist für jeden offen, was nicht zuletzt auch an der nüchternen und neutralen Sprache liegt. Thematisch ist die Bandbreite außerdem vielfältig und überzeugend. Schade ist die Angewohnheit des Autors ohne Quellen-Angabe zu zitieren und die unglücklich eingestreuten Exkurse. Doch davon mal abgesehen ist der Band sehr zu empfehlen.
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