Drei Hände im Brunnen
Story:
Nach ihren nervenaufreibenden Abenteuern in Spanien sind Falco und Helena samt ihrer gerade geborenen Tochter zurück in Rom. Das neue Familienmitglied ist aber nicht die einzige Veränderung: Der frischgebackene Familienvater braucht jetzt ein verlässliches Einkommen, beispielsweise durch die Unterstützung eines Geschäftspartners.
Bevor seine Familie ihm dafür Anacrites empfehlen kann – der Oberspion ist seit dem beinahe erfolgreichen Mordanschlag bis auf weiteres beurlaubt und hat sich zum Liebling von Falcos Mutter gemausert –, tut sich der Ermittler lieber mit seinem besten Freund zusammen.
Denn auch das Leben von Lucius Petronius ist in Unruhe. Er hat sich für einen Seitensprung ausgerechnet die Tochter des ehemaligen Verbrecherkönigs Balbinus ausgesucht. Deshalb hat ihn nicht nur seine Frau vor die Tür setzt, auch bei den Vigiles ist so lange suspendiert, bis er endgültig die Finger von Balbina Milvia lässt.
Den neuen Partnern wird der nächste Fall im wahrsten Sinne des Wortes zugeschwemmt: In einem öffentlichen Brunnen finden sie eine menschliche Hand! Es bleibt nicht bei einem abgetrennten Körperteil, und bald ist klar, dass sie es mit einer Mordserie zu tun haben. Ganz abgesehen davon versetzt die Nachricht, dass Leichen im Trinkwassersystem entsorgt werden, die Stadt in Aufruhr.
Meinung:
Ein paar Münzen in bestimmte Brunnen zu werfen, soll ja bekanntlich Glück bringen und ist ein Teil der Folklore. Der Titel dieses Romans ist sogar eine direkte Anspielung auf den alten Schlager "Three Coins in the Fountain", den unter anderem Dean Martin und Frank Sinatra zum Besten gaben. Marcus Didius Falco muss hingegen jemanden aufspüren, der in der Wasserversorgung der Stadt die Opfer seiner Mordserie entsorgt. Lindsey Davis lässt ihren Helden wieder über ein Verbrechen stolpern, in dessen Aufklärung er sich verbeißen kann. Dabei hat er zunächst noch nicht einmal einen offiziellen (und bezahlten) Auftrag, sich um die Angelegenheit zu kümmern.
Wie aus der Reihe gewohnt nimmt neben dem Kriminalfall auch das Privatleben des Schnüfflers einen gewichtigen Teil der Handlung ein. Diesmal tritt die Suche nach dem Mörder sogar ein Stück weit hinter die Umwälzung im Leben von Falco, Helena, Petronius und den anderen zurück. Beide Teile der Geschichte erhalten aber ausreichend Raum und sind auch vielfältig miteinander verwoben. Vater zu sein stellt den Detektiv nämlich vor ungewohnte Probleme: Wo kriegt man beispielsweise auf die Schnelle einen Babysitter her, wenn man unerwartet einen Verdächtigen verfolgen muss?
Und die kleine Julia Junilla ist längst nicht die einzige "Nachwirkung" aus früheren Abenteuern, die in diesem Roman eine große Rolle spielt. Die schon länger kriselnde Ehe von Petronius und Arria Silvia ist offenbar endgültig am Ende, weil der Vigile sein amoröses Abenteuer mit dem Töchterchen von Balbinus nicht beenden will. Claudia Rufina haben der Ermittler und seine Herzensdame hingegen aus Spanien mitgebracht, um sie mit Helenas Bruder Aelianus zu verkuppeln. Soviel sei verraten, auch das klappt nicht wie geplant.
"Drei Hände im Brunnen" ist also deutlich stärker in die Serie eingebunden als andere Bände. Schon frühere Folgen machten nochmal so viel Freude, wenn der Leser die entsprechenden Vorkenntnisse aus Falcos vorherigen Abenteuern mitbrachte. Das gilt um so mehr für diesen Roman. Theoretisch kann man ihn zwar unabhängig von der Reihe lesen, die Autorin gibt die notwendigen Informationen in kurzen Zusammenfassungen. Aber mindestens den Vor-Vorgänger "Die Gnadenfrist" sollte man kennen, bevor man den Detektiv auf dieser Mörderjagd begleitet, denn auf diesen greift die Handlung oft zurück. Am besten ist es sowieso, wenn man die Romane in richtigen Reihenfolge liest.
Spannend ist die Geschichte in jedem Fall, und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Dafür sorgt schon der unprätentiöse Blick des Ich-Erzählers Falco auf seine Mitmenschen und sein lakonischer Tonfall. Wenn er über seinen wenig sympathischen Schwager Lollius spricht, geht es sogar ein Stück weit in's Gallige.
Die Einbindung in die historische Realität ist wie gewohnt gut gelungen. Ob es die titelgebenden "Drei Hände im Brunnen" tatsächlich gegeben hat, ist zwar nicht überliefert, aber dem vorgebildeten Laien fällt keine gravierende Abweichung vom Geschichtsbuch auf. An anderer Stelle hat sich die Autorin jedoch einen kleinen Lapsus geleistet: Sextus Julius Frontinus, ein bekannter "realer" römischer Senator, Soldat und Schriftsteller (und Experte für Aquädukte und Wasserversorgung), wird wie ein neuer Charakter eingeführt. Allerdings ist Falco ihm bereits bei früheren Fällen begegnet.
Von diesem kleinen Fehler abgesehen hat Lindsey Davis einen guten Falco-Roman geschrieben, an dem die Fans der Serie ihre Freude haben werden.
Fazit:
Dieser Falco-Roman ist noch stärker mit vorherigen Abenteuern verknüpft als andere Bände aus der Reihe. Neben dem Kriminalfall selbst sorgen Umwälzungen im Leben der Hauptfiguren für Trubel und Spannung, und auch der Humor kommt wie gewohnt nicht zu kurz.
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Lindsey Davis
Drei Hände im Brunnen
Three Hands in the Fountain
Übersetzer: Susanne Aeckerle
Erscheinungsjahr: 2002
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Knaur
ISBN: 3-426-62154-1
496 Seiten
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