Schwarze Tränen
Story:
Lukas Faust ist ein Straßenkünstler, ein Zauberer, der Kartentricks vorführt und sich zudem seit kurzem auch als Gelegenheitsdieb umher schlägt. Mit seinem Vorfahren Doktor Faust hat er allerdings nicht mehr als den Namen gemein, denn bekannt ist er nicht besonders, und sehr glanzvoll läuft es in seiner Künstlerkarriere auch nicht. Im Gegenteil: Mit seiner Exfreundin hat er zwar eine Glücksträhne gehabt, doch hat diese ihn sitzen lassen und ist mit all dem Geld verschwunden.
Ein Hinweis, dass sie sich gerade in Staufen aufhält, lockt ihn in die Stadt, in der einst sein Vorfahr verschwunden ist. Er ahnt nicht einmal, dass ihn dort das Schicksal einholen wird...
Meinung:
Lukas ist ein absolut imperfekter Charakter, den man ab und an für die eine oder andere Reaktion gerne mal eine herunter hauen würde. Also ein guter Hauptcharakter, den man durchaus in sein Herz schließen kann. Als Straßenkünstler schlägt er sich mehr schlecht als recht durch, den Kontakt zu seiner Mutter meidet er und seine letzte Freundin hat ihn ohne Geld sitzen lassen. So kommt es, dass er an einem Freitag den Dreizehnten versucht, mit kleinen Auftritten am Straßenrand an Geld zu kommen, um nicht komplett pleite zu sein. Und um seine ehemalige Flamme in Staufen zu finden.
Keine fantastische Welt, sondern Deutschland wurde als Handlungsort auserkoren. Dabei trifft die Beschreibung ganz gut zu, denn die Geschichte um Lukas Faust bleibt rasant und stetig in Bewegung. Selten wird länger an einem Ort verweilt, und doch ist es genau die Geschwindigkeit, die perfekt für das Buch ist. Denn im Grunde genommen ist Lukas immer, wenn er nicht gerade auf der Jagd ist, auf der Flucht. Dabei scheint er immer tiefer in die Geschichte seines Vorfahren, dem berühmten Doktor Faust, gezogen zu werden, ohne dass er sich dagegen wehren kann. Und tatsächlich hat dieser durchaus seine Pläne mit seinem Nachfahren.
Mit einem gut gelungenen Einstieg steht man am Ende der ersten Seiten zusammen mit Lukas im Hotel "zum Löwen", genauer gesagt im Faust-Zimmer, und weiß auch nicht genau so recht was passiert ist. Eine Flucht, eine Tür, eine Stimme aus dem Nichts, und auf einmal steht man am gleichen Ort und doch in einer anderen Welt.
Ein kleiner Hinweis vorweg: Wer hier eine Zauberlehrlingsgeschichte a la "Harry Potter" oder "Flüsse von London" erwartet, wird diese nicht finden. Dafür ist der Humor mitunter auch ein wenig heftiger, und die Worte weniger sanft gewählt, vor allem bei Mephisto.
Die Charaktere (besonders Lukas) sind mitunter holprig. Ab und an fragt man sich doch schon, ob Lukas weiß, was er möchte, aber das kann sehr wohl auch gewollt sein. Schließlich ist er von einem Tag auf dem anderen in einem viel größeren Chaos, als sein Leben schon vorher war. Doch nicht nur lernt man Lukas kennen, sondern auch seine baldigen zwei Begleiter, und nein, damit ist nicht Mephisto gemeint.
Die Nebencharaktere werden alle mit ihren jeweiligen Hintergrund vorgestellt, und das ohne, das diese aufdringlich oder zu wenig beachtet werden. Wenn es einem auch schwierig fallen mag, sich mit dem Namen Millepertia anzufreunden. Aber diesen einzigen so seltsamen Namen kann man sich durchaus einprägen. Falls jemand ein wenig phobisch darauf reagieren mag, hier ist also die Entwarnung.
Der Teufel spinnt seine Intrigen und ganz nach dem Spruch "das also war des Pudels Kern!", aus Goethes Faust, taucht dieser immer wieder in Form eines Hundes auf. Dabei bleibt die eigentliche Faust-Geschichte, bis auf die Namen der Akteure jedoch nicht die Grundlage des Buches. Dieses geht einen eigenen Weg, frei von dem Klassiker.Einen Mangel an Kreativität kann dem Werk also keineswegs vorgeworfen werden.
Dabei nimmt einen der Autor nicht nur auf eine Reise durch halb Deutschland, sondern auch durch eine ganze Anzahl an Mythen und Sagen, die gelungen mit in die Story eingewoben wurden. Von der Taverne in der Doktor Faust stirbt, über die Barbarossa-Höhle, hin bis zu legendären Schmuckobjekten wie dem Orpahnus. Immer wieder fängt der Autor Ideen aus der Geschichte der Orte ein, und bettet sie gelungen in die Story. Natürlich fehlen auch keine übernatürlichen Wesen: Gargoyles, Alben und wandernde Skelette begegnen den Protagonisten.
Und für die Fans von Mittelalterbands: Nicht nur der Name Saltatio Mortis fällt häufiger, es spielt auch eine Band mit, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes! Und das hat mit der Übersetzung des Namens von Saltatio Mortis zu tun, dem Totentanz, aber mehr sollte nicht vorweg genommen werden.
Das einzige, das ein wenig missverständlich sein könnte, ist wohl der Buchrücken, denn die dort beschrieben und namensgebenden 3 Tränen brauchen eine ganze Weile (etwa zwei Drittel), ehe sie in der Geschichte erwähnt werden. Da hätte man eventuell eine bessere Beschreibung finden können. Aber das Problem mit den Buchhinterseiten ist ja bekannt...
Geschrieben wurde das Werk von Thomas Finn, deutscher Fantasybuchautor mit Wohnort in Hamburg. Außerdem zählt er zum Redaktionsteam von "Das schwarze Auge". Vor "Schwarze Tränen" hat er bereits zahlreiche andere Romane geschrieben, so unter anderem "Mind Control" aus der Justifiers-Reihe. "Schwarze Tränen" ist ein eigenständiges Werk und so abgeschlossen, dass es zwar einen Nachfolger geben könnte, aber dieser nicht unbedingt gebraucht würde.
Fazit:
Humorvolles Fantasyabenteuer, mit vielen kreativen Ideen und Entwicklungen. Wer sich ein wenig in den deutschen Mythen und Sagen auskennt, wird hier gut unterhalten werden. Alle Fans deutscher Fantasy sollten definitiv zugreifen.
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