Der gehetzte Uhrmacher
Story:
"Der gehetzte Uhrmacher" von Jeffery Deaver ist der siebte Band der Serie um Lincoln Rhyme und Amelia Sachs. Doch dieses Mal gehen die beiden Ermittler zum Teil getrennte Wege. Amelia Sachs betreut ihren ersten eigenen Mordfall und diese Aufgabe ist ihr so wichtig, dass sie Lincoln Rhyme bei seinem neuesten Fall nicht hundertprozentig zur Verfügung steht. Lincoln hingegen versucht einen Serientäter zur Strecke zu bringen. Mit der Unterstützung von Kathryn Dance, Expertin für Verhörtechnik und Kinesik, jagt er den "Uhrmacher", einen Mörder, der scheinbar willkürlich und überaus bestialisch mordet. An jedem Tatort hinterlässt der Serienkiller eine altmodische Uhr und eine Nachricht für die Ermittler. Der Verkäufer der Uhren ist schnell ermittelt, und zu ihrem großen Schrecken müssen Lincoln und Amelia feststellen, dass es zehn Uhren waren, die an den selben Mann verkauft wurden. Nun heißt es, schnell den Täter zu finden um weitere Morde zu verhindern.
Meinung:
Jeffery Deaver versteht sein Handwerk als Autor wirklich, und vor allem zu Anfang dieses Romans erwartet den Leser ein kniffeliger, rätselhafter und spannender Fall. Doch leider ist dem Autor bei "Der gehetzte Uhrmacher" der Aufbau mit zwei verschiedenen Fällen nicht allzu gut gelungen. Man hat das Gefühl, dass die Ermittler weder dem einen noch dem anderen Fall gerecht werden, muss sich immer wieder daran erinnern, welche Indizien und Zeugen zu welchem Fall gehören und so geht doch leider einiges an Spannung verloren.
Dabei ist die Grundidee wirklich gut: An einem Hafenpier werden Spuren gefunden, die darauf hindeuten, dass hier ein Mensch gefoltert wurde, bis er ins eisige Wasser des Hafenbeckens fiel, wo ein Überleben unmöglich ist. Neben den Blutspuren wird eine Uhr gefunden, ein zweites Exemplar dieser Uhr taucht an einem weiteren Tatort auf, wo ein Mann langsam und qualvoll von einer Eisenstange zerquetscht wurde, bis er erstickte. Diese Uhren deuten auf einen Zusammenhang zwischen den Fällen hin und die Information, dass gleich zehn Uhren dieser Art auf einmal verkauft wurden, alarmieren die Ermittler und den Leser gleichermaßen.
Wesentlich weniger interessant ist der zweite Fall, mit dem sich Amelia Sachs beschäftigt. Ein Selbstmord, der keiner sein kann, da der Tote sich mit einer verletzten Hand nicht auf diese Art und Weise hätte umbringen können. Nach und nach kommen zwar weitere Hintergründe heraus und es entwickelt sich der Verdacht, dass es hier um mehr als nur einen Mord geht. Aber dies hat weniger zur Folge, dass der Fall spannender wird, als dass Amelia in eine persönliche Krise gestürzt wird, da die Integrität ihres Vaters in Frage gestellt wird.
Also steht der Leser vor zwei Fällen, von denen der eine nicht so spannend ist, den Leser aber immer wieder von dem interessanteren Fall ablenkt. Und das bewährte Ermittlerteam Sachs und Rhyme funktioniert auch nicht so gut wie gewohnt, da Amelia von ihren persönlichen Problemen abgelenkt wird, während Lincoln schmollt, weil sie nicht ganz zu seiner Verfügung steht. Und so brilliant Lincoln Rhyme in seinem Job ist, so groß sind auch seine Probleme im Umgang mit anderen Menschen. Trotzdem freundet er sich im Laufe der Zeit mit dem Gedanken an, mit der neuen Kollegin Kathryn Dance zusammenzuarbeiten.
Kathryn Dance lebt und arbeitet normalerweise in Kalifornien und besuchte New York nur für ein Seminar, welches sie abhielt. Einer der Kollegen von Lincoln Rhyme hatte dieses Seminar besucht und war von Kathryns Arbeitsmethode fasziniert. Im Gegensatz zu Lincoln, der seine Fälle aufgrund von Spuren und Indizien löst, arbeitet Kathryn mit den Menschen. Als Expertin für Beobachtung und Analyse von Körpersprache ist sie dafür zuständig, möglichst viele Informationen aus Zeugen und Verdächtigen herauszubekommen, um so zur Auflösung von Verbrechen beizutragen.
Die Figur der Kathryn Dance ist wirklich sympathisch dargestellt und erschließt sich dem Leser doch um einiges leichter als die Eigenbrötler Rhyme und Sachs. Auch bildet sie eine gute Ergänzung zum eingespielten Ermittlerteam und bringt frischen Wind in den Roman. Hier kommt einfach mal ein ganz neuer Aspekt in Jeffery Deavers vertrautes Herangehen an eine Geschichte, die dem Buch wirklich gut tut. Auch die Figur des "Neuling", Ron Pulaski, welcher zum Teil Amelias Aufgaben bei der Erfassung eines Tatorts übernehmen muss, passt gut ins alte Team und erarbeitet sich im Laufe der Zeit Lincolns Respekt.
Weniger positiv ist leider das Ende des Romans. Es wäre wesentlich angenehmer gewesen, wenn der Autor nach Ergreifen des Uhrmachers das Buch beendet hätte, doch leider kommen danach noch über 100 Seiten Folgegeschichte, die aus einem einfachen, aber spannenden Einzelfall etwas überstrukturiertes und unglaubwürdiges machen. Auch Amelias Fall kommt letztendlich zu einer Lösung, aber auch hier bleibt das Gefühl, dass weniger mehr gewesen wäre. Sehr schade, dass Jeffery Deaver hier beide Ideen verbunden hat, statt zwei gute Romane daraus zu machen.
Fazit:
"Der gehetzte Uhrmacher" bietet gute Unterhaltung für zwischendurch, ohne dabei an die gewohnte Qualität der anderen Roman von Jeffery Deaver anzuschließen. Zwei verschiedene Fälle und die persönlichen Probleme der Hauptfiguren schwächen die Geschichte, so dass auch die zum Teil spannende Handlung und die wirklich sympathischen neuen Charaktere das Buch nicht wirklich retten. Für Rhymes-und-Sachs-Fans bietet der Roman trotzdem genügend Weiterentwicklung des vertrauten Ermittlerteams, damit sich das Lesen lohnt. Und Figuren wie Kathryn Dance und Ron Pulaski machen dann doch neugierig auf den nächsten Band der Reihe, in der Hoffnung, dass auch diese beiden wieder dabei sind.
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Jeffery Deaver
Der gehetzte Uhrmacher
The Cold Moon
Übersetzer: Thomas Haufschild
Erscheinungsjahr: 2007
Autor der Besprechung:
Konstanze Tants
Verlag:
Blanvalet
Preis: € 19,95
ISBN: 978-3-7645-0202-7
510 Seiten
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