Tod eines Mäzens
Story:
Rom zur Zeit Vespasians. Marcus Didius Falco, Hüter der Heiligen Gänse und eigentlich nicht mehr Privatermittler, hat ein Hobby – er schreibt Gedichte. Als sich Falco überreden lässt, seine Werke bei einer öffentlichen Lesung vorzutragen, wird ein Mäzen auf ihn aufmerksam. Aurelius Chrysippus möchte Falcos Gedichte veröffentlichen. Natürlich müsste Falco die Produktionskosten selbst bezahlen...
Falco lehnt das freundliche Angebot ab, aber bereits kurz darauf muss er sich wieder mit Chrysippus befassen. Denn der wird brutal ermordet, und die Vigiles ziehen Falco als Ermittler hinzu. Schnell stellt er fest, dass es ihm an Verdächtigen nicht mangelt: Chrysippus war nicht nur Mäzen und Verleger mit nicht immer feinen Methoden, sondern auch Bankier. Hat ein enttäuschter Autor ihm den Schriftrollenstab in die Nase gerammt, ein verzweifelter Schuldner, oder jemand aus der eigenen Familie?
Meinung:
Bei allem Mord und Totschlag, bei aller Schnoddrigkeit Falcos hatten die bisherigen Romane aus Lindsey Davis' Reihe eigentlich immer einen positiven Grundton. Das ist diesmal anders, „Tod eines Mäzen“ wirkt negativ bis resigniert, fast zynisch oder bitter. Ob das daran liegt, dass Lindsey Davis hier über ihr eigenes Metier geschrieben hat? Auf jeden Fall stellt die Autorin schon zu Beginn klar, dass mit Chrysippus' Unternehmen nicht ihr Verlag, mit seiner Bank nicht ihre Bank, mit seinen Autoren nicht ihre Kollegen gemeint sind.
Der Kriminalfall steht, auch wenn Falcos Ermittlungen natürlich einen großen Teil des Buches ausmachen, irgendwie im Hintergrund. Auch die große Auflösung kann nicht wirklich überzeugen. Zum ersten Mal in der Serie greift Lindsey Davis auf ein Standardmuster des Kriminalromans zurück – der Detektiv versammelt alle Beteiligten in einem Raum und entlarvt den Täter. Aber Davis zieht diesen Part zu sehr in die Länge, und schickt den Leser auf zu viele falsche Spuren. Dadurch hat der Leser das Interesse verloren, wenn der wirkliche Mörder entlarvt wird. Für den neuen, negativen Grundton ist übrigens bezeichnend, dass ein zweites Verbrechen vermutlich ungesühnt bleiben wird – und Falco das offenbar völlig kalt lässt. In früheren Bänden hätte der Ermittler zumindest ein paar bissige Kommentare im inneren Monolog abgegeben.
Auch die üblichen Nebenschauplätze, das Geschehen in Falcos Familie und Freundeskreis, können nicht wirklich fesseln. Dabei fährt Lindsey Davis einige große Geschütze auf, die noch merkliche Auswirkungen auf das Leben von Falco und seinen Lieben haben dürften. Aber leider zündet keine der Episoden und Ideen wirklich. Sogar die wenigen „Actionszenen“, in denen Falcos Beine und Fäuste gefragt sind, wirken aufgesetzt und nicht wirklich mit dem Rest der Handlung verbunden. Insgesamt zeigt sich „Tod eines Mäzen“ recht richtungs- und orientierungslos, als wüsste die Autorin nicht mehr, was sie mit ihren Figuren noch erzählen sollte. Sein nächstes Abenteuer wird Falco in Britannien erleben. Vielleicht bringt ein anderer Schauplatz wieder mehr Schwung in die Serie.
Fazit:
Nicht der beste Band um den Privatermittler aus dem alten Rom. Die Geschichte wirkt, als hätte Lindsey Davis die Lust an ihrem Helden verloren, und schreibe diesen Roman nur noch, weil ihr Verlag das nächste Falco-Abenteuer erwartet. Die Grundstimmung ist ungewohnt negativ bis zynisch.
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Lindsey Davis
Tod eines Mäzens
Ode to a Banker
Übersetzer: Susanne Aeckerle
Erscheinungsjahr: 2005
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Knaur
Preis: € 8,95
ISBN: 3426629445
572 Seiten
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