Frankenstein
Story:
"Du bist mein Schöpfer, aber ich bin dein Herr." Der junge Schweizer Student Viktor Frankenstein versucht in die Geheimnisse der Natur einzudringen. Er ist von der Idee besessen, das Elixier des Lebens zu finden. In einer düsteren Novembernacht gelingt ihm das Unfassbare: Aus Menschenknochen, die er aus Beinhäusern zusammengetragen hat, formt er einen menschenähnlichen Körper und haucht ihm Leben ein. Das überdimensionale, hässliche Monstrum lernt schnell gehen und versucht vergeblich die Zuneigung anderer Menschen zu erlangen. In seiner Isolation verflucht er seinen Schöpfer und beschließt dessen Vernichtung: Er tötet den Bruder und den Vater Frankensteins. Der Wissenschaftler plant aus Mitleid, ihm eine Frau zu schaffen, verwirft jedoch diesen Gedanken, um die Vermehrung der schrecklichen Geschöpfe abzuwehren. Doch kann er weitere Morde nicht verhindern. Es kommt zu einer jahrelangen Verfolgungsjagd.
Meinung:
Frankenstein - wer kennt ihn nicht, diesen Namen? Als seltsames Schwarz-weiß-Horrorfilm-Monster mit angenähtem Kopf und komischen Knöpfen am Hals hat ihn sicherlich jeder sofort vor Augen. Doch nur die wenigsten werden wissen, dass die Romanvorlage von "Frankenstein" keineswegs ein Horror- oder Gruselbuch wie beispielsweise Bram Stokers "Dracula" ist. Nein, vielmehr handelt es sich beim im Rahmen einer gemütlichen Erzählrunde erdachten Erstlingswerk der damals 19-jährigen Mary Shelley um ein Drama und einen Blick in die Abgründe der menschlichen Seele. Sie führt dem Leser vor Augen, welche Konsequenzen es hat, zu rigoros zu sein und Gott spielen zu wollen. "Frankenstein" zeigt keinen klassischen Konflikt zwischen Gut und Böse. Spätestens wenn man den mehrseitigen Monolog der Kreatur liest und darin ihre Gefühle und die Ursachen für ihre "monströsen" Handlungen erfährt, muss man sich die Frage stellen, wer nun die Schuld an all dem Leid trägt, das im Laufe des Romans eintritt. Die Extreme verwischen. Kann man Frankenstein verurteilen, weil ihm nach Wissen dürstete? Kann man seine Schöpfung verdammen, weil sie auf dem Weg der Selbstfindung nicht das angetroffen hat, was sie sich erhoffte? Mary Shelley erzählt eine fesselnde Geschichte und schafft es, einzigartige Charaktere zu entwerfen mit denen man in jedem einzelnen Augenblick mitfühlen kann. Dabei wirft sie die Frage auf, wie weit der Mensch gehen kann und darf. Eine Frage, die wir uns gerade in unserer heutigen Zeit von Genforschung & Co. verstärkt stellen sollten... Anmerkung: Von "Frankenstein" gibt es viele verschiedene Ausgaben und Editionen. Grundlage dieser Rezension bildet die Reclam-Version, die zum Zeitpunkt des Verfassens die preisgünstigste war. Zum Lesen (beispielsweise auch als Schullektüre) ist diese hervorragend geeignet, wer etwas zum ins Regal Stellen haben möchte, wird aber wohl eher auf eine Hardcover-Ausgabe zurückgreifen. Das Cover der Reclam-Ausgabe zeigt übrigens Kenneth Branagh in seiner eigenen Verfilmung des Romans, die den Titel "Mary Shelley's Frankenstein" trägt. Mit Robert De Niro in der Rolle der Kreatur ist diese wohl die empfehlenswerteste Verfilmung des Romans, da man sich bis auf einige Grundsätzlichkeiten überwiegend sehr nah an die Vorlage gehalten hat.
Fazit:
Klassiker mit klarer Leseempfehlung! Zusammen mit Bram Stokers "Dracula" für das Genre einfach unverzichtbar.
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