Etta und Otto und Russell und James
Story:
Etta ist aufgebrochen. Sie will zum Meer. Ihrem Mann hat sie noch ein paar Anweisungen gegeben, worauf er zu achten hat. Es ist ein langer Weg der auf sie achtet. Doch die 83-jährige lässt sich nicht unterkriegen.
Meinung:
Roadmovies sind ein beliebtes Filmgenre. In ihnen geht es darum, dass eine Person eine Reise unternimmt und sich darüber hinaus selbst findet. Emma Hooper schreibt jetzt ein Art Road Movie-Buch. Der Titel lautet "Etta und Otto und Russell und James".
Die Autorin wurde in Albera/Kanada geboren. Sie hat in England studiert und "Musico-Literary Studies" promoviert. Aktuell unterrichtet sie an der Bath Spa University Kreatives Schreiben. Sie lebt und wohnt in Bath und ist verheiratet. Ebenso ist sie auch Musikerin und tritt sowohl als Solokünstlerin als auch mit diversen Bands auf.
83 Jahre ist Etta auf, als sie eines Tages ihre Schuhe schnürt, Schokolade einpackt und ein Gewehr mitnimmt. Sie möchte ans Meer, dass sie noch nie gesehen hat. Doch der Weg bis dahin ist weit und sie geht zu Fuß.
Ihr Ehemann Otto bleibt zurück. Er macht sich zwar Sorgen, versucht aber auch ohne sie auszukommen. Wiederholt schreibt er ihr Briefe, in denen er ihr seinen Alltag ohne sie schildert.
Russel ist ihr gemeinsamer Nachbar. Auch er ist alt und er ist Farmer. Anders als Otto kann er nicht stillsitzen und bricht daher selber auf. Er will Etta einholen, denn die Dame ist dement.
Was ist "Etta und Otto und Russel und James"? Ist es ein Road-Movie? Eine Lebensgeschichte? Eine Liebesgeschichte? Wie wäre es mit allem zusammen und doch keins davon. Was Frau Emma Hooper hier schreibt, ist schon fast ein vollkommen neues Genre.
Dabei merkt man praktisch von der ersten Seite an, dass bei ihr die Charaktere im Vordergrund stehen. Zwischen den drei Hauptfiguren besteht ein dichtes Gewebe an Beziehungen. Man merkt richtig, dass es sich hier um Charaktere handelt, die seit Jahren, Jahrzehnten gemeinsam aufgewachsen sind. Und die viel erlebt haben.
Denn die Handlung schreitet nicht nur voran, sie hält auch inne und blickt zurück. Zurück in die Vergangenheit. Wiederholt gibt es Rückblenden, in denen man erlebt, wie die Hauptfiguren aufwuchsen und viel erlebt haben. So verliert Etta eine ihrer Schwestern an einer Vergiftung, während Russel bei Verwandten aufwuchs und als Kind einen schweren Unfall erlitt, der ihn sein Leben lang prägt. Freud und Leid liegen nahe beieinander.
Und doch ist "Etta und Otto und Russel und James" ein fröhlicher, ja schon fast lebensfroher Roman. Es mag zwar sein, dass Etta dement ist. Doch sie agiert mit einer Zielstrebigkeit und einer Freundlichkeit, die unbeschreiblich ist. Gleichzeitig wird auch beschrieben, wie die Menschen freundlich zu ihr sind. Wie Jugendliche sie spontan zu einer Party einladen, weil sie sie neugierig gemacht hat.
Dabei spielt James die Rolle eines Außenseiters. Der sprechende und singende Koyote, der Etta bald begleitet, steckt voller Lebensweisheit- und Witz. Man schließt ihn sofort ins Herz, auch wenn nicht klar ist, ob er real oder imaginär ist. Aber da er nicht im Beziehungsgeflecht der drei Menschen drinnen steckt, kann er perfekt kommentieren, was ihm Etta erzählt.
Ein großartiges Buch, das allerdings an manchen Stellen etwas konfus geschrieben wird. Denn die Autorin verzichtet auf Anführungszeichen, um gesprochene Reden zu markieren. Und so ist besonders bei mehreren Personen schwierig herauszufinden, wer jetzt gerade spricht.
Trotzdem ist dies ein Klasse Roman, in dem man ruhig "Reinschauen" kann.
Fazit:
Emma Hoopers Romandebüt "Etta und Otto und Russel und James" ist vor allem eine Geschichte fürs Herz. Die Autorin schreibt über außergewöhnliche Protagonisten, die einiges erlebt haben. Das Beziehungsgeflecht zwischen den drei Menschen ist dabei enorm, wodurch die Rolle des außenstehenden Kojoten James nicht zu überschätzen ist. Dabei liegen Freud und Leid in dieser Story nahe beieinander. Schade nur, dass der Roman manchmal etwas konfus wird, weil man nicht unterscheiden kann, wer gerade spricht.
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