Um uns die Toten: Meine Begegnungen mit dem Sterben
Story:
Bartholomäus Grill ist dem Tod schon oft begegnet. Sowohl in seiner Familie als auch in seinem Beruf hat er das Wirken des Lebensfinales mitgekriegt. Und er hat oft darüber berichtet.
Meinung:
Der Umgang mit dem Tod ist heutzutage ein Tabu-Thema. Er wird verschwiegen und seine Existenz unter den Teppich gekehrt. Zwar wird verkündet, wenn eine bekannte Person stirbt, oder wenn eine Epidemie in Afrika herrscht. Doch ansonsten beherrschen andere Themen die Schlagzeilen dieser Welt. Bartholomäus Grill versucht mit "Um uns die Toten: Meine Begegnungen mit dem Sterben" entgegenzuwirken.
Der Autor wurde 1954 in Oberaudorf am Inn geboren. Er studierte nach seinem Abitur Philosophie, Soziologie und Kunstgeschichte und begann als freier Kulturjournalist bei der Mittelbayerischen Zeitung in Regensburg und bei der taz in Berlin zu arbeiten. Es folgte Volontariat bei dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt, für das er schließlich als Kulturredakteur arbeitete, ehe er 1987 ins Politikressort der Zeit wechselte. Von dort wurde 1993 nach Afrika geschickt, was eine für ihn prägende Zeit war, da er in den darauffolgenden Jahren sich wiederholt mit dem Kontinent beschäftigte. Er hat viele Preise und Ehrungen erhalten, unter anderem den Henri-Nannen-Preis für beste Reportage 2006. Außerdem hat er viele Bücher beschrieben, darunter auch ein Bilderbuch für Kinder.
Ein Buch über den Tod, die Toten und das Sterben zu schreiben, ist keine leichte Aufgabe. Denn es kann nur allzu leicht passieren, dass er den falschen Ton trifft und die Würde des Themas damit untergräbt. Diese Gefahr besteht bei Bartholomäus Grill nicht! Dazu hat er sich viel zu sehr mit dem Thema beschäftigt.
Außerdem muss man auch bedenken, dass der Autor mit dem Tod praktisch aufgewachsen ist. Er wuchs auf einem erzkatholischen Bauernhof auf, in dem das Thema auf Grund der Religion zwangsläufig Teil des Lebens war. Das hat ihn geprägt und das merkt man diesem Band auch an.
Er lässt den Leser Teil an seinen Gedanken haben. Wenn er beispielsweise über Afrika schreibt, verwendet er die Ich-Perspektive. Damit zieht er den Leser direkt in den Text hinein.
Doch gleichzeitig gibt es auch Kapitel, in denen er als dritte Person die Geschehnisse beschreibt. Etwa dann, als sein krebskranker Bruder den Freitod wählt. In diesem Buchabschnitt wirkt er distanziert, nüchtern. Er beschreibt die Reaktionen der anderen, doch er selbst kommt nur am Rande vor. Doch damit verstärkt er den Eindruck, den man von diesem Buch erhält.
Nämlich, dass man es hier mit einem Band zu tun hat, der einen nicht kalt lässt. Denn egal, was man von ihm liest, stets bleibt der Eindruck zurück, dass der Autor die passenden Worte wählt, um das Thema würdig zu repräsentieren. Man wird von der Sprache und der Schreibweise förmlich angezogen.
Das Buch ist auch kleine Reise durch das Leben des Autoren. Es ist keine vollwertige Biographie, sondern vielmehr eine Ansammlung intelligent geschriebener Text über die Rolle, die der Tod und das Sterben in seinen verschiedenen Lebensabschnitten gespielt hat. Und, kombiniert mit den verschiedenen Erzählperspektiven, erhält man einen Eindruck, wie er mit der Thematik gewachsen ist.
"Um uns die Toten" ist kein einfach zu lesendes Buch. Das liegt nicht an der Sprache, die an Klarheit und Deutlichkeit nicht zu überbieten ist. Vielmehr ist es die Thematik. Dennoch: Wer sich auf das Buch einlässt, der wird brilliante Texte vorfinden. Und deshalb verdient es auch die "Klassiker"-Wertung mitsamt dem "Splashhit".
Fazit:
Mit "Um uns die Toten: Meine Begegnungen mit dem Sterben" hat Bartholomäus Grill ein Sachbuch geschrieben, dass es in sich hat. Der Autor setzt sich auf kluge und intelligente Art und Weise mit dem Thema auseinander. Er lässt den Leser Teil an seinen Gedanken haben, egal, ob er jetzt aus der Ich-Perspektive oder aus der Sicht einer dritten Person schreibt. Der Band wird einen definitiv nicht kalt lassen.
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