Die Karte der Welt
Story:
Seit Jahrhunderten wird das Königreich Abrogan im Norden von einem schwarzen Schleier begrenzt, aus dem noch nie jemand zurückkehrte, der ihn einmal betreten hat. Als der junge Schweinehirt Wexford, der im Schatten des Phänomens aufgewachsen ist, aufgrund seiner künstlerischen Fähigkeiten Teil der königlichen Expedition wird und die nördlichen Grenzen kartographieren soll, ahnt er nicht, welches Abenteuer ihn erwartet. Denn sein Blut und sein Zeichentalent sind der Schlüssel, um den schwarzen Schleier zurückzudrängen.
Gemeinsam mit seinen neuen Weggefährten - der Palastgarde unter Lotharios Kommando, Brynn, der Tochter des Grafen seines Heimatdorfes und einer Gruppe Abtrünniger und Verbrecher, die im Namen des Königs mit Lotharios Männern reisen - wagt sich Wexford in ein fremdes Land vor, in dem unbekannte Geschöpfe und Gefahren lauern, denen schon bald die ersten Männer zum Opfer fallen. Schnell wird klar, dass der Schleier mehr verborgen hielt, als einen Teil der Landschaft und ungewollt befreit Wexford einen Mann, der dem König Abrogans blutige Rache schwört, und dem er eine grausame Armee an die Seite stellt.
Meinung:
Der Autor Royce Buckingham ist in Deutschland durch seine Bücher Dämliche Dämonen, "Garstige Gnome" und "Fiese Fieslinge" bekannt, mit denen er vor einigen Jahren auch die Spiegelbestsellerlisten stürmte. In den USA blieb ihm der Erfolg zwar verwehrt, doch seine erfolgreiche Dämonen-Reihe bescherte ihm einen Vertrag mit dem Verlag Blanvalet, für den er "Die Karte der Welt" schrieb. Somit handelt es sich bei dem Roman eine deutsche Erstveröffentlichung, die im Herbst 2014 mit dem Roman "Der Wille des Königs" ergänzt wird, der einige Jahrhunderte vor den Ereignissen rund um Wexford und seine Freunde angesiedelt ist.
Die Grundidee der Geschichte rund um die Karte und Wexfords Talent, den Schleier mit seinem Blut zu verdrängen ist nicht uninteressant und bietet eine gute Grundlage für einen spannenden und fantasievollen Roman. Leider erreicht Royce Buckingham nur selten die Leser und baut nur an einigen wenigen Stellen wirklich Spannung auf. Das liegt zum einen an den unendlich langen Handlungsbögen, die jedes Mal neue Geschöpfe und Figuren einführen, aber auch an der Unlogik, die sich mehr durch das Buch zieht, als ein kontinuierlicher roter Faden. Das fängt bei den Charakteren und ihren Aktionen an, und endet bei dem zeitlichen Ablauf, da der Autor selbst den Überblick über die Hintergründe zu verlieren scheint. Auf jeden Fall gibt es etliche Logiklücken, die das Lesen erschweren und die es beinahe unmöglich machen, sich auf die Geschichte zu konzentrieren. Sei es Wex' seltsames Verhalten gegenüber den Hoxxel Brüdern zu Beginn des Buches, oder die vollkommen unnötigen Nebenplots mit Brynn, die in der ersten Hälfte des Buches einfach nur überflüssig sind und nichts zur Handlung beiträgt - "Die Karte der Welt" fesselt nicht, ist weder spannend, noch actionreich. Mit über 600 Seiten ist sie zudem extrem stark in die Länge gezogen und man wünscht sich, dass das Lektorat hier eingegriffen und gekürzt hätte.
Wie bereits erwähnt sind auch die Charaktere ein Problem - zum größten Teil sind die Figuren unausgegoren, unselbstständig und unsympathisch. Gerade Brynns Zickigkeit und ihre Art nerven den Leser und sorgen dafür, dass man das Buch am liebsten in die Ecke werfen möchte. Auch Fretter, Lotharios Stellvertreter, kann nicht überzeugen, ebenso wenig die Palastgarde und die Soldaten. Lediglich die Abtrünnigen, wie der Dieb Pinch, der Riese Mungo oder die Bestie Arkh fallen positiv aus dem Rahmen. Selbst Wex kann man die meiste Zeit nur schwer nachvollziehen und sein ewiges Hin und Her begreifen. Er mag in der Rangordnung der Expedition ganz unten stehen, aber irgendwie erwartet man von einem Helden ein wenig mehr Einsatz und Selbstbewusstsein.
Auch die neuen Wesen und Geschöpfe können das Buch nicht zum Guten wenden. Seien es das Flussmädchen Adara oder der Gegner Vill, der die Düsterlinge um sich versammelt - es passt nur schwer zusammen und man quält sich eher durch die Geschichte, als sie zu genießen.
Stilistisch ist Royce Buckingham ebenfalls nicht leicht beizukommen. Er hat einen unausgegorenen Stil, der das Lesen erschwert und es unmöglich macht, in das Buch einzutauchen. Obwohl die Geschichte aus Wexfords Sicht geschrieben ist, hat man nie das Gefühl, dem jungen Zeichner näher zu kommen oder ihn zu verstehen. Seine Gedanken bleiben mehr oder weniger im Dunkeln, seine Gefühlswelten beschränken sich darauf, sich nicht für Brynn oder Adara entscheiden zu können, was ihn ebenfalls unsympathisch macht. Auch die ausufernden Beschreibungen und die unnötigen Szenen erschweren das Lesen.
Positiv hervorzuheben, sei die Aufmachung des Buches, da immer wieder die Karte abgedruckt wird und der Leser die neu enthüllten Teile Abrogans entdecken darf. So kann man direkt sehen, welche Landstriche Wex enthüllt hat. Allerdings sorgt die Karte mit der Zeit für Verwirrung, da keine Maßeinheiten existieren und die Entfernungen unterschiedlich lang zu sein scheinen. Mal braucht die Gruppe mehrere Tage von A nach B, mal scheinen es nur wenige Stunden zu sein. Auch die Tatsache, dass die Gesamtkarte Orte enthält, die von Wex nicht freigelegt wurden, verwirrt beim Lesen.
Fazit:
"Die Karte der Welt" ist leider nur Fans des Autoren zu empfehlen. Es fällt schwer, etwas Positives zu finden, denn Royce Buckingham kann leider weder mit der Handlung, noch mit den Figuren oder seinem Schreibstil überzeugen. Der Roman enttäuscht auf ganzer Linie und wirft die Frage auf, warum sich Blanvalet nicht ein deutsches Fantasy-Talent gefördert hat, anstatt einen solchen Roman bei einem englischsprachigen Autoren in Auftrag zu geben, für den immerhin Lektorats- und Übersetzungskosten anfallen. Schade, um die Zeit und das Geld, die für "Die Karte der Welt" investiert wurden.
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