Er ist wieder da
Story:
Der Führer ist wieder da - und zwar im Sommer 2011. Völlig ohne Erinnerung, ohne Volk, ohne Führerbunker erwacht Adolf Hitler in Berlin. Ohne Dach über den Kopf macht er sich auf um in einer für ihn völlig fremden Welt wieder an die Spitze zu gelangen. Wie er das schaffen kann? Natürlich mit dem Fernsehen.
Meinung:
"Darf man das überhaupt?", fragt man sich, sobald man Titel und Cover dieses Buches sieht. Weißer Hintergrund und mit schwarzer Farbe der berühmte Scheitel, dazu der Schriftzug "Er ist wieder da".
Dass Hitler und Satire funktionieren kann, beweist Timur Vermes in seinem Erstlingswerk. Dabei ist gerade dies ein schwieriges Unterfangen. Der Leser (oder der Hörer in der Audiobuch-Variante) bekommt die Geschichte nur aus der Ich-Perspektive erzählt und somit nur aus der Sicht des "Führers". Keine Anmerkungen, Klarstellungen oder differenzierte Sichtweisen, sondern nur die Sicht des irren Machthabers auf die heutige Gesellschaft werden hier behandelt.
Da wundert sich Hitler zum Beispiel, dass die jungen Burschen wohl keine Mitglieder der Hitlerjugend sind, welche er anfangs trifft. Ganz ohne seine Frau Eva oder seinen Mitarbeiterstab erkundet er das Berlin der Gegenwart und erlebt eine Überraschung nach der anderen.
Vermes trifft dabei nicht nur die damalige Ausdrucksweise des Führers, sondern mischt immer wieder eine treffende und subtile Gesellschaftskritik unter die Zeilen. Süßigkeiten werden hier zu Zuckerwerk und T-Shirts zu Sportleibchen. Generell ist es köstlich, wenn Hitler mit den aktuellen Gegebenheiten konfrontiert wird. Egal ob es nun Smartphones sind oder das Internet. All diese Dinge weiß er aber zu seinem Vorteil zu nutzen. Schlussendlich hat er nur ein Ziel, nämlich wieder ganz nach oben zu kommen. Dies beginnt in einem unscheinbaren Kiosk. Dort wird Hitler von der Agentur Flashlight entdeckt, welche der Meinung ist, dass es sich bei diesem Führer um eine perfekt einstudierte Comedy-Nummer handelt.
Nach einem Casting vor der Führungsetage eines Senders, erhält er einen Auftritt in der Comedy-Show des türkischstämmigen Ali Wizgür. Der Auftritt wird zum Youtube-Hit und eine öffentliche Diskussion entsteht. Doch bei all der Euphorie vor dieser vermeintlich perfekten Kopie des Führers, hält es niemand für möglich, dass es sich um den wahren Adolf Hitler handeln könnte. Völlig unreflektiert geht es schlussendlich nur um Quote, Erfolg und Aufsehen zu erregen.
Mit der Zeit und dem zunehmenden Erfolg wird immer weniger auf die Botschaften des Führers geachtet, welche immer noch dieselbe Brisanz hat als in den 1930er-Jahren. Es steht nur mehr die Medienfigur Hitler im Mittelpunkt und wie man damit den größtmöglichen Profit erzielen kann. Für Hitler selbst ist all das nur ein Mittel zum Zweck um wieder an die Spitze der Macht zu kommen. Eindrucksvoll beschreibt das Buch wie sehr Menschen beeinflussbar sind und auf welche Art und Weise Hitler schon damals es geschafft hat, durch bloße Rhetorik die Scharen zu mobilisieren.
Vermes gelingt der Spagat zwischen gekrönter Satire und haarsträubender Geschichte und hält mit "Er ist wieder da" der Mediengesellschaft den Spiegel vor. Es müsste gar nicht Hitler sein, denn auch ohne ihn würde die Kritik stimmen. Mit der Führerfigur steigert sich der Unterhaltungswert jedoch immens. All das wird nochmals in der Hörbuchversion verstärkt, in dem Christoph Maria Herbst (bekannt als "Stromberg" in der gleichnamigen TV-Serie) in perfekter Manier die Stimme des Führers mimt.
Fazit:
Unterhaltsame Medienkritik, dank perfekter Recherche rund um den wohl berühmtesten Protagonisten aller Zeiten. Eines darf man aber hier nicht vergessen, es handelt sich um Satire!
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