Enteignet: Warum uns der Medizinbetrieb krank macht
Story:
Etwas läuft schief in deutschen Krankenhäusern. Immer mehr und mehr steigen die Ausgaben und die Klagen über Behandlungsfehler. Doch woran liegt das, und was kann man dagegen unternehmen?
Meinung:
Der Organspendeskandal war nur der letzte Aufreger in einer ganzen Reihe an Ereignissen, die den Ruf des deutschen Gesundheitswesens in Mitleidenschaft zogen. Es ist so gut wie Allgemeinwissen, dass es dringend reformiert werden müsste. Denn die letzte Reform, das macht Frau Sonia Mickich in ihrem Buch "Enteignet: warum uns der Medizinbetrieb krank macht", hat alles nur noch schlimmer gemacht.
Die Autorin wurde 1951 in Oxford geboren und wuchs in London auf. Von 1970 bis 1972 volontierte sie in der Aachener Volkszeitung und studierte danach an der RWTH Aachen Politologie, Soziologie und Philosophie mit einem Magisterabschluss. Von 1982 bis 1984 volontierte sie beim WDR und arbeitete im Anschluss danach als Redakteurin, Moderatorin und Reporterin beim Sender. Ab 1992 war sie Korrespondentin in Moskau und ab 1996 sogar als erste Frau des dortigen ARD-Studios. Von 1998 bis 2002 arbeitete sie als Studioleiterin in Paris. Von 2002 bis 2012 war sie Redaktionsleiterin und Moderatorin beim ARD-Magazin Monitor.
Frau Mikich hat dieses Buch nicht alleine geschrieben. Sie wurde von ihren Kollegen Ursel Sieber und Jan Schmitt unterstützt. Des Weiteren kommen viele Ärzte und Fachkräfte in dem Buch zu Wort.
Anlass für Frau Mikich dieses Buch zusammenzustellen waren persönliche Erlebnisse. Sie wurde selbst zu einem Opfer des Medizinbetriebs. Von einer Person wurde sie zu einem Ding und erlebte so das Chaos hautnahe mit.
Und das zieht sich auch durch das Buch durch. Es ist der rote Faden. Ständig wird darauf verwiesen, wie kaputt das Medizinsystem im Grunde ist. Ständig werden dem Leser neue Skandale und Fälle aufgetischt, wo man als Laie nur den Kopf schütteln kann und sich ständig fragt, wie das alles überhaupt passieren kann. Wenn man so liest, was die einzelnen Autoren schildern, glaubt man der Kernaussage, dass das deutsche Gesundheitssystem unaufhaltsam in eine Katastrophe hineinsteuert, unbedingt.
Frau Mikich lässt in ihrem Buch beide Seiten zu Wort kommen, sowohl den Patienten, als auch die medizinischen Betreuer. Wobei letztere in der Mehrzahl sind. Doch ist dies nur eine Beobachtung, denn auch sie berichten schockierendes, wie beispielsweise über die "Lukrativität des Sterbens".
Allerdings gibt es mehrere Aspekte, die den ansonsten positiven Gesamteindruck herunterziehen. Zum einen behauptet das Buch, dass es von Frau Mikich geschrieben wurde. Tatsächlich stammen nur fünf der 25 Kapitel von der Autorin selbst. Den Rest haben entweder Herr Jan Schmitt oder Frau Ursel Sieber oder einer der zahlreichen Gastautoren geschrieben. Müsste Frau Sonia Mickich theoretisch nicht als Herausgeberin auf dem Cover stehen?
Auch wirkt das Buch stellenweise zu polemisch. Glaubt man den einzelnen Beiträgen, dann braucht man sich schon fast nicht mehr ins Krankenhaus zu wagen, weil dort nur Chaos herrscht. Doch es liest sich übertrieben, vor allem wenn Frau Mikich zu Beginn auch noch betont, dass es Ausnahmen gibt. Und ironischerweise unterminiert sie damit die zentrale These ihres Buches. Denn es ist ein Hoffnungsschimmer in dem sonst so düsteren Buch. Im Falle des Redakteurs, der im Familien und Bekanntenkreis einiges über Ärzte und Behandlungen mitkriegt, erinnert man sich an genügend Doktoren die in ihren Kliniken sich den Arsch aufreißen und trotzdem verhindern, dass der Patient zu einem reinen Kostenfaktor wird. Das geht nämlich in dem Buch ansonsten vollkommen unter.
Deshalb wird das Buch von Frau Mikich auch nur "Für Zwischendurch" empfohlen.
Fazit:
Sonia Mickich möchte mit "Enteignet: Warum uns der Medizinbetrieb krank macht" aufrütteln. Sie und einige andere Autoren berichten darüber, wie das deutsche Gesundheitssystem sich zu Grunde richtet, in dem es Wirtschaftlichkeit über alles stellt. Allerdings irritiert es, dass Frau Mickich als Autorin genannt wird, wenn nur fünf der 24 Beiträge von ihr stammen. Und das Buch ist zu polemisch, um richtig zu wirken.
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