Gret Grundlin 04: Der Todesreigen
Story:
Zufällig kommt Gret Grundlin als Gehilfin ihres Brotherrn, Doktor Minutus, an den Ort eines Verbrechens: Ein reicher Kaufmann wurde ermordet, und die schockierte Witwe bedarf der Fürsorge des Doktors. Der Täter steht bereits fest, und die Klocken sind ihm dicht auf den Fersen.
Aber Gret fallen einige Ungereimtheiten auf, die am allgemein akzeptierten Tathergang nicht stimmen können. Und kurze Zeit darauf taucht der vermeintliche Mörder bei ihr auf. Es ist Pierangelo Contini, den sie bereits von früher kennt. Der italienische Lautenspieler mag ein Dieb und Windhund sein, aber doch kein Mörder! Kurzentschlossen versteckt Gret den Verdächtigen und macht sich daran, den wahren Täter zu entlarven.
Meinung:
Manche Serien fahren im letzten Band nochmal alles auf, was sie zu bieten haben. Andere zeigen, warum es vielleicht doch ganz gut, dass es zu Ende geht. Der Abschluss von Barbara von Bellingens Abenteuer um die kluge Kölnerin Gret Grundlin gehört leider zur zweiteren Sorte.
Der Roman ist mit gerade einmal 224 Seiten nicht nur ungewöhnlich dünn, auch ansonsten macht er einen eher schwachbrüstigen Eindruck. Die Geschichte wirkt routiniert, und zwar in negativer Hinsicht. Man hat den Eindruck, als hätte die Autorin sozusagen "halt noch ein Gret-Abenteuer geschrieben", weil mit dem Verlag vier Bücher vereinbart waren oder die vorherigen drei sich gut verkauften.
Da passt es, dass eine Reihe von Nebenfiguren aus dem ersten Band quasi recycelt werden. Was man sich im zweiten und dritten Band noch gewünscht hätte, nämlich dass nicht jedes Mal ein neues Ensemble an Charakteren der zweiten Reihe eingeführt wird, fällt hier eher negativ auf. Der Leser kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als hätte von Bellingen Figuren wie Bätes wieder "aus dem Regal genommen", um sich die Mühe zu ersparen, neue Charaktere zu erschaffen. Von denen gibt es zwar auch eine Handvoll, aber sie überzeugen nicht so wie in den Bänden zuvor. Immerhin ist eine dieser Nebenfiguren wieder aus der realen Historie bekannt, jedenfalls potentiell: Gret trifft auf dem Markt den fahrenden Wunderdoktor Georg Faust aus Knittlingen. Geschichten über ihn gelten, zusammen mit älteren Magiersagen, als die Basis für Legende vom Doktor Faustus.
Der Kriminalfall ist eigentlich gut konstruiert, wird vergleichsweise blutleer erzählt. Da ist man von Barbara von Bellingen einfach eine ganz andere Intensität gewohnt. Dass sie es anders kann, zeigt die Autorin erst ganz am Schluss. Etwa zwanzig, dreißig Seiten vor dem Ende nimmt die Geschichte tatsächlich noch schön Fahrt auf. Das hilft aber auch nicht mehr viel. Die historische Einbettung auf der anderen Seite ist gewohnt gut, da gibt sich die Autorin keine Blöße. Diesmal geht sie auch nicht in die Falle, die sie in Die Hetze nicht vermeiden konnte: Gret wirkt wie ein Kind ihrer Zeit, nicht wie eine um ein paar Jahrhunderte zurückversetzte junge Frau aus unserer Zeit.
Nimmt man die angesprochenen Kritikpunkte, könnte man denken, dass "Der Todesreigen" ein ziemlich schwacher historischer Krimi sei. Damit täte man dem Roman auf der anderem Seite dann doch Unrecht. Die Enttäuschung liegt vor allem darin, dass man von Barbara von Bellingen deutlich besseres gewohnt ist - und auch schon zuvor mit dieser Protagonistin geliefert bekam. Legt man die "allgemeine" Elle historischer Krimis an, ist "Der Todesreigen" sicher kein Meisterwerk, aber auch keine verschwendete Lebens- und Lesezeit.
Fazit:
Der Abschluss der Abenteuer um Gret Grundlin fällt gegen die vorherigen Bände leider deutlich ab: "Der Todesreigen" wirkt wie routiniert heruntergeschrieben, weil halt noch ein Band gebraucht wurde. Mit der "allgemeinen" Elle für historische Krimis gemessen ist der Band gar nicht mal so schlecht, aber von Barbara von Bellingen ist der Leser erheblich besseres gewohnt.
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