Immorality Engine
Story:
Als die Leiche des berüchtigten Kriminellen Edward Sykes in
einer Gasse gefunden wird, glaubt Chief Inspector Charles Bainbridge einen
weiteren Fall ad acta legen zu können. Doch die Umstände ändern sich schnell,
als es zu weiteren Einbrüchen kommt, die deutlich Sykes Handschrift tragen,
obwohl dieser in der Leichenhalle Scottland Yards liegt. Er verständigt
Veronica Hobbes, Assistentin seines guten Freundes Maurice Newbury, der sich
seit einiger Zeit vorwiegend in den Opiumhöhlen herumtreibt und lediglich ein
Schatten seiner selbst ist.
Glücklicherweise reizt Newbury der Fall um Edward Sykes und
gemeinsam mit seiner Assistentin macht er sich auf die Suche nach Hinweisen und
Spuren. Bainbridge muss sich kurz darauf aus der gemeinsamen Recherche
zurückziehen, als ein Attentat auf Queen Victoria verübt wird und er damit
beauftragt wird den Palast zu sichern.
So sind Newbury und Hobbes auf sich allein gestellt und
stoßen schnell auf die seltsame Bastion Society, der einstmals auch Dr. Lucien
Fabian, Leibarzt der Königin und Leiter des Grayling Institute, in dem
Veronicas hellsichtige Schwester Amelia behandelt wird, angehörte. Nach und
nach decken die beiden Ermittler ein düsteres Komplott auf, dessen Ziel eine
Neustrukturierung des englischen Empire ist. Zudem scheint auch der Doktor seine
eigenen Geheimnisse zu haben und erstmals erwachen Zweifel in Veronica, ob sie
Queen Victoria wirklich loyal zur Seite stehen soll, oder nicht.
Meinung:
Das dritte
Abenteuer um den unkonventionellen und intelligenten Maurice Newbury und seiner
pfiffigen Assistentin Veronica Hobbes setzt dort an, wo der zweite Teil Das
Osiris Ritual endete. Der Agent der Königin verbringt die meiste Zeit in
Opiumhöhlen, kann er doch den Verrat seiner Kollegin nicht verzeihen und flieht
vor einem klärenden Gespräch. Hobbes wiederum setzt alles daran ihren Freund zu
schützen, findet aber keinen passenden Ansatz um die unliebsamen Ereignisse aus
der Welt zu schaffen. Erst im Laufe der Handlung kommt es zur Aussprache, und
endlich wird auch die begonnene Liebesgeschichte zwischen Newbury und Hobbes
fortgeführt.
Die
Rahmenhandlung ist erneut sehr interessant und komplex aufgebaut. Wie schon in
den vorherigen Bänden beginnt die Geschichte mit einem unscheinbaren, fast
simplen Fall, der sich erst im Laufe der Zeit vergrößert und wesentlich
umfangreicher wird. So ist der Tod Edwin Sykes nur der Anfang, scheint zu
Beginn parallel zu den Mordanschlägen auf die Queen zu verlaufen, bis
schließlich klar wird, dass einmal mehr alle Fäden zusammenlaufen und auf einen
sehr bombastischen und explosionsreichen Showdown hinauslaufen. Plätschert die
Handlung zu Beginn noch ein wenig vor sich hin, da dieses Mal nicht nur aus
Newburys, Hobbes oder Bainbridges Perspektive erzählt wird, sondern auch auf
Amelias Leben im Grayling Institute eingegangen wird, gönnt George Mann seinen
Figuren im zweiten Teil kaum eine Pause. Er jagt sie durch die einzelnen
Stationen der Geschichte, was eine ungeahnte Sogwirkung für den Leser zur Folge
hat. So fällt es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. "Immorality Engine"
mutet darüber hinaus eher wie ein Actionroman an, wenngleich der Autor dieses
Mal sehr viele Horrorelemente eingewoben hat: Unheimliche Szenen, verstümmelte
Leichen, wahnsinnige Sektenführer. Dafür werden sogar die Steampunkelemente
zurückgeschraubt, so dass diese nur noch am Rande vorkommen und Teil der
Hintergrundwelt sind. Natürlich sind die Erfindungen Dr. Fabians Dreh- und
Angelpunkt. Doch es wird wenig Zeit darauf verwendet, die Funktionsweisen der
Maschinen genau zu erklären, was bei einem Steampunk Roman durchaus von
Bedeutung ist. Auch die viktorianische Zeit findet nur am Rande Erwähnung –
zeitweise vergisst man sogar, dass die Geschichte im 19. Jahrhundert spielt und
nicht in der Gegenwart.
Die
Charaktere sind wie schon in den vorherigen Bänden interessant und liebenswert
gestaltet. Sowohl Newbury, als auch Hobbes und Bainbridge überzeugen durch ihre
unterschiedlichen Eigenschaften und machen die Geschichte lebendig und gut
nachvollziehbar. Einzig der Umstand, dass George Mann ein großer Fan der
BBC-Serie "Sherlock" zu sein scheint (was nicht verwunderlich ist, immerhin
schreibt er u.a. Drehbücher für "Doctor Who"), schlägt sich auf die Charaktere
nieder. Newbury wirkt in einigen Szenen mit seinen plötzlichen Deduktionen wie
Sherlock Holmes, Veronica Hobbes mit ihren Einfällen und seiner Sorge um ihren
Freund und Kollegen wie Dr. Watson. Da die Figuren in den letzten beiden
Büchern derartige Charakterzüge nicht hatten, ist dies zu Beginn für den Leser
ein wenig seltsam und gewöhnungsbedürftig. Dennoch gewöhnt man sich daran, da
sie zu den beiden Charakteren passen.
Der
Schreibstil George Manns ist, wie schon in den vorherigen Büchern, sehr
lebendig, mitreißend und in sich schlüssig. Es gelingt ihm das technisierte
London lebendig zu machen, wenngleich er sich dieses Mal sehr stark auf die
Action und das Vorantreiben der Handlung konzentriert. Dennoch wird man gut
unterhalten und die Kapitel lesen sich schnell und ohne große Anstrengung. Dank
seiner bildgewaltigen Schreibe sorgt er für hollywoodreifes Kopfkino.
Fazit:
Alles in allem ist "Immorality Engine" ein Muss für Fans von
Newbury und Hobbes und alle, die komplexe, gut strukturierte und durchdachte
Steampunk Abenteuer mögen. Der Roman bietet alles was das Herz begehrt –
Verbrechergenies, Geheimgesellschaften, ein Komplott gegen die englische
Königin und eine rasante, actiongeladene Handlung. Dank seiner sympathischen
Charaktere und interessanten Ideen, sowie seines bildgewaltigen Schreibstils,
unterhält George Mann die Leser gerade in der zweiten Hälfte des Buches.
Steampunk- und Actionfans uneingeschränkt zu empfehlen.
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