Odo und Lupus 2: Saxnot stirbt nie
Story:
Nachdem sie den Fall um Demetrias Rache erfolgreich gemeistert haben, sind Odo und Lupus, Königsboten im Auftrag Karls des Großen, in ihrem Zuständigkeitsgebiet angekommen. Sachsen gehört erst seit kurzem zum fränkischen Reich, nach langen und blutigen Kriegen. Nicht alle der neuen Untertanen des Herrschers sind in ihrer Loyalität und im christlichen Glauben schon völlig gefestigt, in so manchem Herz haben noch die alten Sitten und Götter wie Donar, Odin oder Saxnot ihren Platz.
Und da sind diejenigen, die sich vor allem dem eigenen Wohl verpflichtet fühlen. Welche Seite auch immer gerade zu obsiegen scheint, sie haben sie schon immer unterstützt, und sie sorgen dafür, bei der Verteilung von Ämtern und Würden gebührend berücksichtigt zu werden. Zwei neugierige Königsboten stören da nur. Aber es gibt auch Mittel und Wege, mit diesem Problem umzugehen. Schließlich drohen in Sachsen leider, leider noch vielerorts Gefahren für Leib und Leben...
Meinung:
Was Robert Gordian im ersten Abenteuer von Odo und Lupus begonnen hat, setzt er in diesem Band fort. Dabei dreht er die Schraube noch ein Stück weiter: Die Menschen gehen noch ruppiger, ja gewalttätiger miteinander um. Es gibt noch mehr Morde. Einige lokale Amtsträger sind noch korrupter und skrupelloser. Und die beiden Königsboten sind noch weiter entfernt von jeder Hilfe und Unterstützung.
Die könnten sie jedoch gut gebrauchen, etwa als ihnen praktisch mit dem Überqueren der sächsischen Grenze der erste Mörder in die Arme läuft: Der körperlich gewaltige, jedoch geistig zurückgebliebene Knecht Erk soll einfach so, mitten auf der Straße, seinen Herrn erdrosselt haben. Aber handelt es sich wirklich nur um die Tat eines Minderbemittelten, den man einmal zu oft verspottet hatte?
Der Autor schafft es, trotz des nach wie vor eher betulichen Erzählstils ordentlich Spannung zu erzeugen. Auch wenn mindestens der Erzähler die Geschichte überleben muss, um sie nachher erzählen zu können, ist man sich während des Lesens gar nicht so sicher, ob es für Odo und Lupus wirklich gut ausgehen wird. Trotzdem ist auch "Saxnot stirbt nie" kein Thriller und man kann das Buch gut vor dem Schlafengehen lesen.
Die Hauptfiguren entwickeln sich praktisch überhaupt nicht fort. Odo ist nach wie vor aufbrausend und Schmeicheleien genauso wenig abgeneigt wie hübschen Frauen, aber gleichzeitig ein unerwartet genauer Beobachter. Lupus auf der anderen Seite hat eine ganze Reihe von Rechts- und Gesetzessystemen studiert, ist als Mönch aber öfter etwas weltfremd und kann die Motive der Menschen für ihre Taten nicht nachvollziehen. So wurden die beiden Königsboten in "Demetrias Rache" charakterisiert, und so sind sie noch immer. Wenn man davon absieht, dass sie am Beginn des vorherigen Romans zu Königsboten ernannt wurden und auf ihren ersten Fall auf dem Weg nach Sachsen stießen, hätten die beiden Bücher genauso gut in umgekehrter Reihenfolge stehen können.
Die große Stärke von "Demetrias Rache" kommt auch hier im Nachfolger zum Tragen, die glaubwürdige Atmosphäre. Indem der Autor die Geschichte in einen Brief Lupus' an einen Prior aus seiner Verwandtschaft verpackt, kann er gut den Eindruck erwecken, dass man tatsächlich einen Bericht aus dem achten Jahrhundert liest. Dazu trägt auch die Verwendung einschlägiger Begriffe und Bezeichnungen bei, die allerdings nicht in allen Fällen erklärt werden. Im ersten Moment etwas irritierend ist die Entscheidung, einige Begriffe doch mit Sternchen als Fußnoten zu erläutern – die Sternchen beim Begriff im Fließtext allerdings wegzulassen.
Der im Titel erwähnte Saxnot ist übrigens ein alter, vorchristlicher Gott, vermutlich ein nur in Sachsen verwendeter Name für Tyr. Bekannt ist er vor allem aus dem Sächsischen Taufgelöbnis, dem ältesten erhaltenen Text in altsächsischer Sprache, das etwa aus der Zeit Karls des Großen stammt. Dort schwört der Täufling unter anderem, sich gegen die alten Götter Donar, Wodan und eben Saxnot zu wenden. Aber wie nicht nur unsere Königsboten feststellen mussten, so einfach ist Saxnot nicht zu töten.
Wie die gesamte Serie ist auch der zweite Roman mit knapp über 200 Seiten relativ kurz. Man hat es merklich eher mit einer Episode aus einer längeren Geschichte als mit einer eigenständigen, abgeschlossenen Erzählung zu tun.
Fazit:
Ein weiteres Abenteuer von Odo und Lupus, den Königsboten im Auftrag Karls des Großen. Weder die positiven Aspekte noch die negativen unterscheiden sich nennenswert von den anderen Folgen der Serie.
| |
Robert Gordian
Odo und Lupus 2: Saxnot stirbt nie
Erscheinungsjahr: 1995
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Bleicher Verlag
ISBN: 978-3883508566
211 Seiten
|