Agora-Zyklus Bd. 2 - Die Kathedrale der verlorenen Dinge
Story:
Das vorliegende Buch mit dem Titel Die Kathedrale der verlorenen Dinge ist der zweite Band einer auf drei Teile angelegten Serie. Schauplatz des gesamten Abenteuers ist die fiktive Welt Agora. Die Protagonisten sind zwei Jugendliche namens Lily und Mark.
Teil 1 – Die Stadt der verkauften Träume Für Mark, Lily und viele andere besteht die Welt Agora in der sie leben nur aus einer riesigen Stadt. Dort gilt einzig und allein das Gesetz des Marktes. Und das bedeutet, dass alles (ver)käuflich ist, sogar Gefühle, Gedanken oder Kinder. Mit 12 Jahren wird jedes Kind voll geschäftsfähig und ab dann ist jeder sich selbst der Nächste. Lily ist in dieser Stadt ohne Nächstenliebe etwas Besonderes und eröffnet gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten ein Haus in dem die Ärmsten der Armen Hilfe finden. Und das ohne Profit!
Als ein altes Dokument auftaucht, das Lily und Mark eine wichtige Rolle im Schicksal Agoras zuschreibt, scheinen die beiden den Mächtigen der Stadt im Weg zu stehen. Mark findet sich schnell im Gefängnis wieder. Sie kann ihn befreien und beide fliehen auf bisher unbekannten Wegen aus der Metropole. Sie hofft außerhalb der Stadtmauern ihre Eltern oder einen Hinweis auf deren Verbleib zu finden.
Teil 2 – Die Kathedrale der verlorenen Dinge Die Stadt scheint doch nicht ganz Agora einzunehmen, denn es gibt durchaus ein Gebiet jenseits der Stadtmauern. Ein undurchdringlicher Wald säumt die gewaltige Metropole und als Lily und Mark dort von einem wilden Tier angefallen werden, scheint die gemeinsame Reise ein jähes Ende zu finden. Die Dorfbewohner von Accer einer kleinen mitten im Forst liegenden Siedlung nehmen sich der beiden Flüchtlinge an.
Die Gemeinschaft der Dorfbewohner erscheint den beiden Protagonisten zunächst vollkommen. Jeder stellt das Wohl der Gesellschaft über sein eigenes und jede Form von Individualismus und persönlichem Eigentum sind verpönt. In dieser Hinsicht bilden die Dorfgemeinschaften, derer es außerhalb der Stadt mehrere zu geben scheint, das vollkommene Gegenstück zu dem System der Stadt. Jeweils eine Sprecherin und ein Priester lenken die Geschicke der einzelnen Dörfer.
Mark wird früher als Lily misstrauisch. Nicht zuletzt getrieben durch sein Heimweh, bemerkt er, dass auch den Dorfbewohnern enge Grenzen gesteckt sind. Der das Dorf umgebende Wald schreckt die Einheimischen ab. Und auch er und Lily bekommen Alpträume sobald sie sich in den Forst begeben. Beide versuchen dem auf den Grund zu gehen, stoßen aber bei der Sprecherin und dem Priester nur auf Ablehnung.
Gemeinsam mit einem jungen Paar, die zum Wohl der Gemeinschaft und entgegen ihrer Gefühle voneinander getrennt werden sollten, flüchten Lily und Mark erneut und wagen sich in den Wald - den Alpträumen zum Trotz. Von einer dort lebenden Frau lernen beide die Alpträume für sich zu nutzen. Als Lily es schafft die Träume zu lenken, zeigen diese ihr einen Hinweis auf den Verbleib ihres Vaters. Eine Kathedrale jenseits des Forstes. Dort begegnet sie ihrer Vergangenheit, während sich Mark durch Verrat in der Stadt wiederfindet.
Meinung:
Schon als junger Mann träumte David Whitley vom Schreiben. Nach einem
Studium der Literaturwissenschaft in Oxford machte er diese Leidenschaft
zum Beruf. Bereits mit 17 Jahren wurde er für erste Preise
nominiert. Neben der Literatur gilt sein Interesse dem Theater und auch
als Sänger tritt er in verschiedenen Produktionen auf.
Ohne den ersten Teil ist der Einstieg schwer Eigentlich sollten Fantasy-Reihen immer deutlich als solche markiert sein. Im Stil von: „Achtung es handelt sich um Teil zwei des auf drei Teile angelegten Agora-Zyklus.“ Das ist beim vorliegenden Band nicht der Fall und auch die Inhaltsangabe auf der Buchrückseite gibt keinen entsprechenden Hinweis. Erst im Kleingedruckten über den Autor im Inneren des Buchs findet sich ein Hinweis auf die Trilogie. Das ist schlechter Stil. Zumal der Einstieg ohne Kenntnisse aus dem ersten Teil recht holprig gestaltet ist. Der Leser findet sich zwar im Groben zurecht und versteht, dass die beiden Protagonisten aus Ihrer Heimat „verbannt“ wurden, darüber hinaus erscheint deren Hintergrundgeschichte aber undurchsichtig.
Vergleich verliert an Plastizität Auch die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Gesellschaftsideale innerhalb und außerhalb Agoras funktioniert durch die Rückblenden nicht so gut, wie es möglich wäre. Ein geschickter Kniff ist hier der gelegentliche Perspektivwechsel zu den in Agora verbliebenen Freunden von Lilly. Dadurch wird eine natürlich wirkende Brücke zum Schauplatz des ersten Romans geschlagen. Dies erscheint besonders sinnvoll, da sich Mark am Ende des vorliegenden Bandes wieder in der Stadt befindet.
Interessante Beziehung zwischen den Protagonisten
Bereits zu Beginn nimmt der Autor den Leser sehr dicht mit an seine Figuren. Man erfährt, welche Zweifel Lily und Mark plagen, nachdem sie ihre Heimat derart überstürzt verlassen mussten und beginnt zu ahnen, dass dieser Freundschaft eine Belastungsprobe bevorsteht. Geschickt schildert Whitley die Gewissensbisse des Mädchens, die ihre Eltern finden möchte und glaubt Mark in diese Geschichte hineingezogen zu haben. Auch seine Gefühlsregungen wirken nachvollziehbar, glaubte er doch gerade seinen Vater innerhalb der Mauern Agoras wieder gefunden zu haben und muss dann fliehen. Man möchte erfahren, wie diese beiden die innere Distanz überbrücken.
Zunächst sind es die äußeren Umstände die Mark und Lily dazu bringen, auch weiterhin aneinander festzuhalten. Und in der scheinbar idyllischen Dorfgemeinschaft bleibt trotz der entstehenden Distanz stets eine tiefe Vertrautheit bestehen. Dass Sie schließlich seinem Urteil traut, führt beide schließlich auf die richtige Spur.
Fade Nebenfiguren Tatsächlich dreht sich die ganze Geschichte in erster Linie um Lily und Mark und deren Bedeutung für die Geschichte Agoras. Trotzdem ist es schade, dass andere Dorfbewohner aber beispielsweise auch die Sprecherin oder der mysteriöse Mann aus dem Wald seltsam farblos bleiben. Der eine ist schweigsam, der andere gefährlich, doch über diese einseitigen Charakteristika gehen die Figuren selten hinaus.
Die Geschichte Die große Frage der Trilogie heißt: „Warum sind Lily und Mark so wichtig für das Schicksal Agoras?“ Dass Sie ihrer Herkunft auf den Grund geht, ist nur ein Baustein der Geschichte. Problematisch ist, dass sich die wenigen relevanten Informationen in recht langwierigen Episoden auf Nebenschauplätzen verstecken. Daher verliert die eigentlich interessante Geschichte viel von Ihrer Attraktivität und erzählerischen Geschwindigkeit.
Optik Das Cover ist dank guter Gestaltung und des „Lack-Effekts“ hübsch anzusehen aber darüber hinaus bietet die Gestaltung keinerlei Highlights. Die Geschichte ist in einzelne mit Überschriften voneinander getrennte Artikel unterteilt. Doch Illustrationen und sei es auch nur eine Landkarte Agoras sucht man vergeblich.
Fazit:
„Die Kathedrale der verlorenen Dinge“ ist für begeisterte Leser des ersten Teils eine lohnenswerte Fortsetzung, die allerdings nur wenige Fragen beantwortet. Dafür wird der dritte Teil herhalten müssen. Neueinsteiger wird die Geschichte nicht fesseln, dafür enthält sie ohne das Vorwissen aus dem ersten Teil zu wenig attraktive erzählerische Elemente.
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