Traumfabrik Harvard
Story:
Wie wird die Zukunft des deutschen Bildungssystems aussehen? Wird es sich immer mehr dem amerikanischen Vorbild nähern? Wird es bald auch hierzulande ein "Harvard" geben?
Meinung:
Die "Pisa-Tests" haben das deutsche Bildungssystem in seinen Grundfesten erschüttert. Es schien so, als ob Deutschland den internationalen Anschluss verlieren würde. Daraufhin wurden jede Menge Maßnahmen ergriffen: Das Abitur findet nun schon nach zwölf statt nach dreizehn Schuljahren statt. Die einst so renommierten Studienabschlüsse Magister und Diplom wurden zugunsten der international gängigeren Bachelor und Master abgeschafft. Und ein Name tauchte immer wieder in den Medien auf, wenn es darum ging, all diese Veränderungen unter einem Begriff wiederzugeben: Harvard, die bekannteste und angeblich qualitativ beste Hochschule der USA.
Der Autor Ulrich Schreiterer geht nun in seinem Buch "Traumfabrik Harvard" der Frage nach, was die Ursache für den Erfolg dieser Hochschule ist. Er selbst hat zwar nie an jener Bildungsstätte gearbeitet, sondern war "nur" als Senior Research Scholar an der nicht minder berühmten Yale-Universität tätig. Doch dies war auch ausreichend, um zu einem Experten in Sachen amerikanischen Hochschulen zu werden. Seit dem Jahr 2008 ist der Soziologe am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin tätig.
In seinem Buch beschäftigt sich Herr Schreiterer nicht nur mit Harvard selbst. Auch das amerikanische Hochschulbildungssystem an sich ist Gegenstand des Bandes. Zuallererst gibt es einen allgemeinen Überblick über dessen Aufgabe, ehe sich der Autor in Kapitel Zwei mit der Geschichte des Systems und dem Ursprung der besonderen Bedeutung der titelgebenden Universität beschäftigt. Kapitel drei stellt den Aufbau des höheren Bildungssystems vor, gefolgt von der Vorstellung der "Undergraduate Colleges", die, laut dem Autor, das Herzstück der amerikanischen Hochschulen bilden. Gegenstand von Kapitel fünf ist der Ursprung des Reichtums, über den die amerikanischen Hochschulen verfügen. Am Schluss zieht der Autor ein Fazit und beschäftigt sich noch einmal mit dem Unterschied zwischen den amerikanischen und deutschen Akademien.
Von Anfang wird klar, dass man eigentlich das deutsche und das amerikanische Bildungssystem kaum miteinander vergleichen kann. Dies kann man beispielsweise an der Rolle des Rektors erkennen, der in den USA eine wesentliche bedeutendere Funktion ausübt. Auch identifizieren sich die Studenten stärker mit ihren Hochschulen. So spenden viele Ehemalige immer wieder für ihre ehemalige "Almer Mater", wodurch sie zu einer der wichtigsten Finanzquellen werden. Aber auch die jeweiligen Vor- und Nachteile der diversen Hochschultypen, sowohl privat als auch staatlich, werden thematisiert.
Und so wird das Titelthema erschöpfend behandelt. Nur die Art und Weise, wie der Autor dies tut ist irritierend. Er verwendet sehr viele Fachbegriffe und Anglizismen, die das Textverständnis nicht gerade erleichtern. Herr Schreiterer begründet dies damit, dass eine sinngenaue Übersetzung eher schwierig ist, weil es dabei sehr auf die Zwischentöne ankommt. Des Weiteren meint er, dass sie auch im Glossar näher erläutert werden. Doch dem ist nicht immer so. Begriffe wie "nervus rerum", "tour d'horizon" oder "grosso modo" sind für den durchschnittlichen Leser unverständlich. Und dass er Begriffe wie "great" oder "awesome" ständig benutzt, stört. Denn hier hätte er genauso gut auch die deutschen Entsprechungen nehmen können, ohne dass es zu einem Bedeutungsverlust gekommen wäre. Fast hat man den Eindruck, dass sich der Autor zu wichtig nimmt.
Immerhin gelingt es ihm geschickt, eine eindeutige Position in der Hochschulpolitik einzunehmen. Dies führt wiederum zu einer "Reinschauen"-Empfehlung.
Fazit:
"Traumfabrik Harvard", von Ulrich Schreiterer, beschäftigt sich detailliert mit dem amerikanischem Bildungssystem. Das Thema wird in aller Ausführlichkeit und aus jedem erdenklichen Blickwinkel behandelt. Nur leider verwendet der Autor sehr viele Fachbegriffe, die nicht alle erklärt werden, sowie diverse unnötige Anglizismen. Hier scheint wohl ein gewisses Ego im Spiel gewesen zu sein. Dennoch ist das Buch durchaus interessant zu lesen.
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