Die Rätsel von Karenta 7: Spitze Buben
Story:
Egal wie abgezockt sich Garrett, seines Zeichens Privatschnüffler in der Fantasy-Metropole TunFaire, auch gibt, einer hübschen Rothaarigen frisst er aus der Hand. Das gilt besonders, wenn die Dame so gut gebaut ist wie Maggie Jenn. Ihre Tochter ist abgehauen, und der Detektiv soll sie wieder nach Hause bringen. Klingt nach einem einfachen Job.
Komplizierter wird es, als sich Garrett erinnert, wo er den Namen seiner Auftraggeberin schon mal gehört hat. Maggie Jenn ist die Ex-Geliebte des gestürzten Königs von Karenta. Das ist ein Terrain, auf dem man sich besser ganz, ganz vorsichtig bewegen sollte. Außerdem soll der Regenmacher wieder in der Stadt sein. Der berüchtigte Hehler und Hobby-Folterer verdankt seinen Spitznamen, so heißt es, den Sturzbächen an Tränen, die die Witwen seiner Opfer vergossen haben. Und er hat offenbar etwas dagegen, dass Jenn Junior gefunden wird.
Garretts Leben ist also keinen Pfifferling mehr wert, wenn er das Mädchen findet, und genauso wenig, wenn er sie nicht findet. Und wie passen schwarze Magie für den Hausgebrauch, eine rechte Extremisten-Gruppe und der Schatz eines legendären Helden, der vor Jahrhunderten plündernd durch Karenta zog, in die Angelegenheit? Der Schnüffler könnte das Genie seines Partners jetzt wirklich gut gebrauchen, aber der Tote Mann legt gerade eines seiner wochenlangen Nickerchen ein. Gibt es überhaupt noch eine Möglichkeit, wie der Detektiv mit heiler Haut und heilem Verstand aus dieser Sache herauskommen kann?
Meinung:
Im Prinzip bedient sich Autor Glen Cook auch im siebten Abenteuer seines Helden des altgewohnten Strickmusters: Garrett nimmt einen Fall an, der zunächst einfach aussieht, sich aber als sehr kompliziert und natürlich auch gefährlich entpuppt. Und selbstverständlich sind auch wieder hübsche Frauen im Spiel, denen der Held hinterher hechelt und von deren Reizen er sich ablenken lässt. Allerdings sind nicht alle der Damen wirklich so damenhaft. Oder doch? Oder wie?
Damit ist schon angedeutet, dass "Spitze Buben" eindeutig der verworrenste unter den bisherigen Fällen des Detektivs ist. In den vorherigen Romanen waren die Fronten nach einiger Zeit geklärt. Diesmal jedoch bleibt sehr lange unklar, wer warum welche Ziele verfolgt – in einigen Fällen sogar, wer überhaupt wer ist. Diese Konfusion bekommt dem Buch erstaunlich gut, insbesondere was die Spannung betrifft. Dazu trägt auch bei, dass der Tote Mann fast die gesamte Geschichte über schläft und so den Beteiligten nicht mal eben in die Köpfe schauen und Garrett die Lösung verraten kann.
Außerdem ist die Situation in TunFaire noch explosiver als gewöhnlich. Seit der Krieg im Cantard mehr oder weniger zu Ende ist, strömen die menschlichen Soldaten wieder zurück in die Heimat. Dort müssen sie feststellen, dass die meisten Jobs während der generationenlangen Kämpfe von Angehörigen der verschiedensten nicht-menschlichen Rassen erledigt wurden. Und die Zwerge, Elfen, Zentauren und so weiter haben nicht die Absicht, jetzt so einfach beiseite zu treten. Viele der Heimkehrer schließen sich extremistischen "Menschen-Rechts-Organisationen" an. Natürlich stößt Garrett auch mit der radikalsten und am meisten gewaltbereiten dieser Gruppierungen zusammen.
Aber auch für den Humor ist gesorgt. Dazu hat Cook sogar einen neuen Quälgeist auf seinen Helden losgelassen: Mr. Big, oder wie der Schnüffler ihn nennt, den "Gottverdammten Papagei". Der ist ein Geschenk von Morpheus Ahrm und beweist sein großes Sprachtalent grundsätzlich dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Außerdem hat er ein derberes Vokabular als der erfahrenste Seemann. Großbusige Frauen begrüßt er schon mal mit "Heilige Glocken!". Daneben bieten wie gewohnt die ironischen-sarkastischen Kommentare des Detektivs als Ich-Erzähler, über sich wie über andere, immer wieder Grund zur Heiterkeit.
Einen leicht negativen Eindruck hinterlassen eine Handvoll vermeidbarer Fehler bei Übersetzung und Lektorat. Beispielsweise wird Garrett an einer Stelle von einem seiner Gegner "freundlich befragt", woher er denn gewisse Informationen habe. Um seine (weibliche) Informantin nicht reinzureiten, spricht der Detektiv betont von einem "er" als Quelle. Am Anfang des Satzes wird das geschlechtsneutrale "friend", das aller Wahrscheinlichkeit nach im Original steht, jedoch als "Freundin" übersetzt... Auch für das Wortspiel im deutschen Titel müsste eigentlich jemand in die Kalauerkasse einzahlen.
Ansonsten gilt für diesen Band das meiste, was über die vorherigen sechs gesagt wurde. Das gerüttelt Maß an Gewalt und die aus unserer Perspektive sehr fragwürdigen Moralvorstellungen (Morpheus etwa hat nach wie vor keinerlei Verständnis für Garretts Marotte, Zeugen seiner Abenteuer einfach am Leben zu lassen) machen die Abenteuer in Karenta nicht zu einer Lektüre für Kinder. Wer aber mit diesen Dingen umgehen kann und Spaß hat an einer Geschichte, die nur sehr selten politisch korrekt ist und sich selbst noch seltener ernst nimmt, sollte einmal einen Blick auf die Abenteuer des hard boiled Privatschnüfflers in der Fantasy-Welt von Karenta werfen. Prinzipiell kann man jeden der Bände unabhängig von der Reihe lesen, sie machen jedoch noch mehr Spaß, wenn man die wiederkehrenden Nebenfiguren und die Anspielungen auf vorherige Fälle einordnen kann.
Fazit:
Garretts wohl verworrenster Fall bisher, was der Spannung nur gut tut. Für einen zusätzlichen Schuss Humor lässt der Autor einen neuen Quälgeist auf seinen Helden los, nämlich einen Papagei mit ausgesprochen derbem Wortschatz. Ansonsten bleibt alles weitgehend wie bei den vorherigen sechs Romanen der Reihe gewohnt.
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Glen Cook
Die Rätsel von Karenta 7: Spitze Buben
Deadly Quicksilver Lies
Übersetzer: Wolfgang Thon
Erscheinungsjahr: 1997
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Goldmann Verlag
ISBN: 3-442-24723-3
384 Seiten
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