The Red 1: Morgengrauen
Story:
In der Zukunft werden bewaffnete Konflikte kaum noch von der regulären Armee ausgefochten, sondern von privaten Sicherheitsfirmen, welche die Staaten nicht nur logistisch, sondern auch mit Personal unterstützen. Lieutnant Shelley ist der Anführer einer hoch technisierten Einheit welche in der Sahel-Zone eingesetzt ist. Nach einem Feuergefecht mit unbekannten Angreifern, wird Shelley so schwer vewundet, das er für ein experimentelles Programm genommen wird. Somit wird der Mann zu dem ersten Cyborg der Geschichte.
Meinung:
Mittlerweile dürfte sich bei vielen Lesern herumgesprochen haben, dass sich schon seit einiger Zeit der Cross Cult Verlag nicht nur Comics annimmt, sondern auch Romane auf den Markt bringt, welche vor allem dem Bereich der Science-Fiction zuzurechnen sind.
Mit dem ersten Band der Saga The Red, Morgengrauen, von Linda Nagata startet man eine Science-Fiction-Serie welche weniger damit zu tun hat, dass man den Weltraum erforschen will und es spielen auch keine Sternenkriege eine große Rolle, sondern die Reihe ist im besten Sinne der altmodischen Sci-Fi zuzurechnen, indem sie ein Zukunftsszenario aufgreift welches heutzutage schon wahrscheinlich ist. Folglich werden Aspekte aufgegriffen, welche die heutigen Nachrichten ausmachen und sie werden logisch fortgedacht. Das hat den Vorteil einer Aktualität, indem sich viele Leserinnen und Leser schnell mit dem Stoff vertraut machen und nicht durch viele ausufernde Beschreibungen fremder Welten und Wesen überfordert sein können. Eben weil sie einiges aus ihrem eigenen Leben wieder erkennen. Das hat den Nachteil, dass diese Tagesaktualität schnell überholt werden kann. So wirkt gerade Science-Fiction schnell veraltet, weil die Geschichte über die Utopien hinweg gegangen ist. Inwieweit das The Red betreffen wird, kann man noch nicht sagen.
Jedenfalls spielt der Roman in einer sehr nahen Zukunft, die von der Jahreszahl her noch nicht beziffert ist. Nur langsam kommt der Roman in Gang, was etwas erstaunlich ist. Normalerweise wird das schnell verziehen, wenn die Charaktere und das Setting ausführlich vorgestellt werden und das Tableau aufgebaut wird, auf dem sich die Handlung dann letztendlich vollzieht. Doch eine Schwäche des Buches, ja sogar die größte, ist die mangelnde Charakterisierung. Die Charaktere sind kaum ausgearbeitet und kommen selten über eine Schablone hinaus. Abgesehen von dem Helden und seinem Love Interest kann man froh sein, wenn die anderen Charaktere überhaupt mal beschrieben werden.
Man startet das Geschehen in einem kleinen Fort in der Sahel-Zone. Der Held, Leutnant James Shelley, ist ein Soldat welcher eine kleine Truppe anführt. Das diese mit einem Exo-Skelett ausgerüstet sind, ist nicht gerade innovativ, wohl aber die Idee, dass alle Soldaten sogenannte Schädelkappen tragen welche nicht nur ihre Gefühle regulieren, sondern sie auch mit den anderen Teammitgliedern und der Zentrale verbinden. Das Internet hat also die Gehirne direkt erreicht und anstatt mithilfe eines Gerätes, können sich manche Menschen direkt auf ihrer Augenlinse ein Menü aufrufen und dieses bedienen. Wobei es mit dem Datenschutz nicht weit her ist, denn man könnte diese Daten ja eben auch veröffentlichen. Jedenfalls lässt der Beginn des Romans einen sehr episodischen und schematischen Ablauf befürchten. Die Soldaten rücken zu einer Patrouille aus, kehren heim, leiden an der Einsamkeit, rücken aus, kämpfen, kehren heim, etc. Doch nach einer überraschenden Wendung nimmt der Roman im Inhalt eben dann Fahrt auf, wenn ironischerweise etwas an der Handlung zurückgenommen wird. Denn der Held wird schwer verletzt und wird zu dem ersten Cyborg. Das hat natürlich was von Robocop, nur im Militärgewand.
Doch damit täte man dem Roman Unrecht, denn es geht zwar auch um die Reaktion auf den Cyborg, aber vielmehr über das Vernetzt-Sein und die Anfälligkeit des Systems. Gerade hier gewinnt der Roman heftig an Spannung, wobei jetzt schon gesagt werden muss, dass diese zentrale Frage nicht gelöst wird und in den nächsten Ausgaben der Reihe weiter verfolgt werden wird.
Nachdem der Roman etwas an Fahrt aufgenommen hat, wird einem die schematische Charakterisierung immer wieder schmerzlich bewusst. Vor allem weil man während der vielen Actionszenen kaum Angst um die Figuren hat. Aber hier ist auch einer der Pluspunkte zu finden. Viele Autoren scheitern an den Actionszenen. Um es mit dem Kino, oder auch dem Comic, aufnehmen zu können, üben sie sich in detaillierten Beschreibungen aller Handlungen welche sich dann oft in Wiederholungen ergehen und die sprachlichen Limitierungen vieler Schriftsteller aufzeigen. Nagata beschränkt sich auf das Notwendigste, gibt nur rudimentäre Beschreibungen und ergeht sich in knappen Beschreibungen was viel besser einen inneren Film bei den Lesern hervorruft und sich sprachlich nicht abnutzt. So sind diese Szenen sehr spannend geworden und die Mischung aus Thriller, Spionagegeschichte und Militäraction ist gelungen.
Vor allem der Aspekt der sozialen Paranoia angesichts einer globalen Vernetzung kommt schleichend vor und die Kritik an aktuellen Entwicklungen, dahingehend das die Armeen immer mehr Aufgaben an private Sicherheitsfirmen abgeben, spielt hier eine zentrale Rolle. Denn die Unternehmen wollen Geld verdienen und schüren bewusst Kriege, um ihre Waffen, Ausrüstung und Söldner verkaufen zu können.
So kann man sich, wie bei jeder guten Sci-Fi, zurücklehnen und sich unterhalten fühlen weil alles noch weit weg ist, aber sich doch sozial erregen über die Warnungen die hier thematisiert werden. Vielleicht werden im nächsten Roman dann auch bessere Charakterisierungen vorgenommen, welche hier deutlich Abzüge bei der Punktzahl bedeuten.
Fazit:
Ein spannender und actionreicher Science-Fiction-Roman, dessen Prämissen schon heute zu beobachten sind. Die größte Schwäche sind allerdings die äußerst rudimentären Charakterisierungen. Dafür werden die Actionszenen gut beschrieben.
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Linda Nagata
The Red 1: Morgengrauen
The Red: First Light
Erscheinungsjahr: 2016
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Cross Cult
Preis: € 16
ISBN: 978-3959811521
520 Seiten
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