Fables: Peter & Max
Meinung:
Die meisten Kinder und Erwachsene werden die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln kennen. In dem Märchen sympathisiert der Erzähler mit dem Flötenspieler, welcher einer ganzen Stadt erst die Ratten und dann die Kinder stiehlt. Autor Bill Willingham nutzt diese Erzählung und fügt sie seinem umfangreichen "Fables"-Kosmos hinzu. Dafür spinnt er eine Geschichte über zwei Brüder, besagten Peter und Max, die sich anfangs noch blendend verstehen. Erst im Teenager-Alter kommt es zur Entfremdung und zum offenen Streit. Während Peter über das Familienerbstück, der Flöte "Frost", verfügt, bekommt Max durch einen (un-)glücklichen Zufall die Flöte "Feuer". Wie man es sich bei dieser Ausgangsstellung denken kann, ist hier viel Magie im Spiel. Sogar die berühmte Hexe Frau Totenkinder bekommt eine wichtige Rolle in diesem Spiel.
Willingham beschreibt die Rivalität in zwei Zeitebenen. Zum Einen die Vergangenheit, wo alles seinen Ursprung nahm und zum Anderen die Gegenwart, wo das letzte Aufeinandertreffen der Brüder stattfindet. Mit dieser Konstellation wird der Leser durch die einzelnen Kapitel geführt, wobei der eigentliche Showdown und der Aufhänger dieser Geschichte bis zum Schluss hinausgezögert werden. Dies sorgt beim Leser angesichts immer höher werdender Seitenzahlen stellenweise für Stirnrunzeln, aber am Ende merkt man, dass jede Szene genau überlegt war und kein Platz mit langatmigen Schilderungen verschwendet wurde.
Der Roman setzt hinsichtlich des Erzählstils folglich die Comicserie fort, wo es immer wieder überraschende Verknüpfungen gab und viele Taten aus der Vergangenheit Folgen in der Gegenwart haben. Des Weiteren ist die gesamte "Peter und Max" Geschichte in den "Fables"-Kosmos eingebettet. Das heißt, Fans können die Ereignisse zeitlich zuordnen und beliebte Figuren haben ihre Auftritte in dem Band. Dennoch ist dieser Roman angesichts des eigenständigen und abgeschlossenen Inhalts auch etwas für neue Leser. Selbige werden über die malerische Erzählsprache des Autors erstaunt sein. Bill Willingham schreibt den Roman wie ein alter Herr, der vorm Feuer dieses Abenteuer erzählt. Dies ist äußerst unterhaltsam und lässt den Leser zu keinem Zeitpunkt die Chance, das Buch aus der Hand zu legen.
So düster und, angesichts der enormen Gefahr, ernst die Geschichte auch ist, immer wieder finden sich witzige Momente und Textstellen. So dürfte für deutsche Leser besonders die Fahrt Peters von Frankfurt nach Hameln, zum Ort des Aufeinandertreffens der beiden Brüder, für Entzückung sorgen. Obwohl Bill Willingham immer wieder beweist, dass seine Recherchen in Deutschland sehr tiefgründig gewesen sein müssen – denn ansonsten hätte er niemals die verschiedenen Märchen mitsamt den Handlungsorten derart verquicken können – passieren auch ihm noch manchmal Fehler. So nennt er das Oktoberfest einen deutschlandweiten Brauch, wo alle Menschen hemmungslos trinken und feiern. Darüber hinweg gesehen, sind seine Schilderungen der Hamelner Innenstadt äußerst detailliert, wodurch vor dem Auge des Lesers gleich die kleinen Gassen, hohen Mauern und vollen Marktplätze vorbei ziehen.
Die Story ist folglich von der ersten bis zur letzten Seite spannend und kurzweilig. Der Autor gibt dem Märchen vom Rattenfänger von Hameln einen neuen Anstrich und dieser ist doch viel düsterer, als man es angesichts der historischen Vorlage glauben will. Fans der mehrfach ausgezeichneten Comicserie müssen hier einfach zugreifen. Und alle anderen, die bisher „Fables“ nicht kannten, sei unbedingt angeraten, dieses Buch zu nehmen und es sich gemütlich zu machen. Also wirklich richtig gemütlich, denn so schnell wird man nicht mehr aufstehen. Einfach klasse.
Anzumerken ist noch, dass sich im Buch verschiedene überwiegend ganzseitige Zeichnungen von Steve Leialoha finden. Der „Fables“-Zeichner setzt in lockeren schwarz/weiß Zeichnungen wichtige Szenen des Inhalts grafisch um. Dies sorgt ebenfalls noch einmal für Abwechslung und ergänzt den Text auf wunderbare Art und Weise. Dies sorgt für ein gelungenes Rundum-Paket, das den Leser überaus zufrieden stellt.
Fazit:
Fans der mehrfach
ausgezeichneten Comicserie müssen hier einfach zugreifen. Und alle
anderen, die bisher „Fables“ nicht kannten, sei unbedingt angeraten,
dieses Buch zu nehmen und es sich gemütlich zu machen. Also wirklich
richtig gemütlich, denn so schnell wird man nicht mehr aufstehen.
Einfach klasse.
| |
Bill Willingham
Fables: Peter & Max
Fables: Peter & Max
Erscheinungsjahr: 17. Oktober 2016
Autor der Besprechung:
Christian Recklies
Verlag:
Panini Books
Preis: € 14,99
ISBN: 978-3833233562
432 Seiten
|