Das Schwarze Auge 151: Der Ring des Namenlosen
Story:
Als Rezensent bin ich, das gebe ich zu, sobald das Universum des Schwarzen Auges als Vorlage dient, im positiven Sinne voreingenommen. Daher spielte ich begeistert die beiden Daedalic Adventures und bin auch von den beiden strategischen Rollenspieles um die Blackguards angetan. Für Splashbooks konnte ich bereits das Grundregelwerk des Schwarzen Auges besprechen. Eventuelle Erläuterungen, worum es sich dabei überhaupt handelt, finden sich einsteigerfreundlich in der dazugehörigen Rezension.
Hier nun handelt es sich nicht um ein Regelwerk, sondern um einen Roman der in der fiktiven Welt von Aventurien angesiedelt ist. Diese Bücher erfreuen sich natürlich insbesondere unter Rollenspielern wachsender Beliebtheit, bieten Sie doch eine Möglichkeit auch abseits der Rollenspiel-Sitzungen in die abenteuerlichen Gefilde zwischen Thorwal und Khunchom einzutauchen. Aber auch Nicht-Pen-and-Paper-Spieler können an vielen der Romane Freude haben, sofern Sie offen für fantastische Literatur sind. Ob und inwiefern die vorliegende Geschichte auch DSA-Neulinge fesseln kann und ob sich die Handlung mit der anderer erfolgreicher Abenteuer in der Welt Aventuriens messen kann, soll Gegenstand dieser Rezension sein.
Es war einmal in Aventurien
Die Protagonisten des vorliegenden Romans spielten schon in dem vor 5 Jahren erschienenem "Zepter des Horas" die Hauptrollen. Auch wenn die Ereignisse diesmal daran anknüpfen, funktioniert die Geschichte auch ohne dass man den "Vorgänger" kennt. Das Zepter des Horas wurde von Darian, Sela und Gion sichergestellt und zur weiteren Untersuchung in die scheinbar vertrauensvollen Hände eines Gelehrten gegeben. Eben jener scheint nun seit geraumer Weile damit durchgebrannt zu sein. Die drei "Helden" müssen also die Behaglichkeit ihrer mehr oder minder erfüllten Leben wieder einmal gegen Wanderstiefel und Fechtwaffen eintauschen. Das Horasreich ähnelt - so viel sei für die Aventurien-Neulinge hier gesagt - sehr stark der Mantel-und-Degen-Zeit, in der sich auch die Geschichte um die 4 Musketiere abspielte. Dementsprechend wird viel gefochten, getrunken, gepöbelt und über Ehre gesprochen.
In weiten Teilen der Geschichte laufen zwei Handlungsstränge gleichzeitig ab. Zum einen soll der Adlerritter (eine Art reichsweit agierende Polizei mit guten politischen Verbindungen) Gion ya Ardigon im Auftrag der Obrigkeit einen Mord auf den abgelegenen Zyklopeninseln aufklären. Und zum anderen verfolgt dessen Kollege Darian zusammen mit der Draconiterin (eine Ordenzugehörigkeit) Sela die Spur eines alten Bekannten, der vom rechten Pfad abgekommen zu sein scheint und dabei ein wichtiges Artefakt entwendet hat, dem große Macht innewohnt. Dass es sich dabei um seinen ehemaligen Mentor handelt, macht die Angelegenheit darüber hinaus auch zu einer persönlichen Sache.
Meinung:
Adlerritter bei der Arbeit
Alles in Allem nicht gerade Blockbuster-Material was die Story anbelangt. Aber durch die zwei verschiedenen Handlungsstränge und die Verschwörung unter dem Banner des Namenlosen lassen sich die Ritualmorde vielleicht zu einem spannenden Krimi im DSA-Gewand verknüpfen. Leider wird nach einer kurzen, ungemein mythisch wirkenden Einführung, schnell sehr viel Potenzial verschenkt, da Ereignisse scheinbar willkürlich passieren und entstehende Hindernisse von den Helden nur auf Grund glücklicher Zufälle bewältigt werden. Wer dann letzten Endes böse ist und wie es ausgeht, gestaltet sich dadurch leider alles andere als spannend.
Gion überlässt am Tatort angekommen fast die gesamte Arbeit seinem Kollegen Dromodo (einem Anatom) bis dieser auch umgebracht wird. Währenddessen steigt er lieber diversen Frauen nach, als dem Adlerorden Ehre zu machen. Als schließlich eine festliche Jagd geplant ist, schwingt sich der noch verkaterte Adlerritter auf sein edles Ross und wird vom Pferd geschossen. Glück im Unglück: Gion landet in einer mysteriösen Felsspalte neben einer heilenden Quelle, die allerdings nur als Platzhalter dient.Denn sobald er dort rausgefischt wird, stürmt der tapfere Recke wieder zum Tatort, nur um festgesetzt, verprügelt und eingekerkert zu werden. Keine beeindruckende Heldenfigur. Dass es eine der Frauen war, die er vor Ort bezirzt hat, die ihn gerettet hat, könnte ironisch-witzig sein, wäre es nicht tiefernst gemeint.
Während dessen machen sich Sela und Darian gemeinsam mit Tarperian, einem Maraskaner, der beim Adlerorden als einer der Männer fürs Grobe angestellt zu sein scheint, auf die Jagd nach Selas Ex-Mentor und dem Artefakt in dessen Besitz. Die drei verfolgen ihrer Spur zunächst recht konsequent und - oh Wunder - diese kreuzt sich irgendwann mit den Ermittlungen Gions auf den Zyklopeninseln als: Nichts wie hin. Vor Ort stellt Tarperian fest, dass er früher ein Anführer der örtlichen Kriminellen war (Warum hat man ihn dann nicht mit der Aufklärung des Mordes auf den Inseln beauftragt?) die man sich nun zu Hilfe holt. Der - Verzeihung - unfähige Gion wird geborgen und der Rest der Heldengruppe kann dank eines weiteren unglaubwürdigen Zwischenfalls die Verfolgung fortsetzen, während der Mord mehr oder weniger en Passant geklärt wurde.
Schwerter Klirren, Reden werden geschwungen und dann ist es schon zu Ende
Gott sei Dank kann Sela durch ein magisches Bild die Spur des Bösewichts verfolgen. Und so stellen sie diesen schließlich mitten in einem finsteren Ritual, als dieser gerade versucht, einen Dämon zu beschwören. Finaler Endkampf, kurzer Monolog seitens des Bösewichts, der farblos, gesichtslos ja nicht einmal richtig böse wirkt und Ende. Der Konflikt wurde im Kleinen behoben, aber was es mit der Verschwörung auf sich hat und wie es mit dem Ring (der übrigens gar nichts selbst gewürdigt wird) weiter geht, steht in den Sternen.
Die nahezu einzigen spannenden Szenen in dem Buch stellen die Gefechte dar. Hier liegt der Verdacht nahe, dass der Autor selbst ein passionierter Fechter ist, denn die Schrittfolgen, Angriffe, Paraden und Drehungen werden sehr detailliert und plastisch geschildert, was natürlich wunderbar zu einer Heldengruppe aus dem Horasreich passt, wo es ab einem gewissen Stand zum guten Ton gehört, vernünftig fechten zu können. Leider können diese schönen Szenen natürlich nicht den gesamten Roman tragen und so stellte der Großteil des Buches für mich harte Arbeit dar. Das empfinde ich als besonders schmerzhaft, da das Franchise, in dem sich der Autor bewegen durfte, ungeheuer viel atmosphärische Dichte ermöglicht.
Fazit:
"Schade" ist das Wort, was sich mir beim Schreiben der Rezension immer wieder aufdrängt. Der Plot könnte Interessant sein, die Verknüpfung zweier Handlungsstränge könnte Miträtseln erzeugen, das Aventurien-Setting könnte atmosphärische Dichte erzeugen und so weiter. Leider trifft nichts davon zu und der Roman wird nicht mal spannend genug für einen durchschnittlichen Krimi. Unlogische Lösungen für unnötige Probleme treten immer wieder auf und fühlen sich an, als hätte man bei einer nicht sehr erfahrenen Rollenspielgruppe mitgeschrieben und das Ergebnis in Buchform gebunden.
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Henning Mützlitz
Das Schwarze Auge 151: Der Ring des Namenlosen
Erscheinungsjahr: Dezember 2013
Autor der Besprechung:
David Weigel
Verlag:
Ulisses Spiele
Preis: € 11,95
ISBN: 3868892990
300 Seiten
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