Der Marsianer
Story:
Mark Watney hat ein Problem. Er ist Astronaut und befindet sich auf dem Mars. Allerdings alleine, da seine Kollegen ihn nach einer Katastrophe für tot hielten und ihn zurückließen, während sie zurück zur Erde reisten. Jetzt muss er irgendwie versuchen, auf dem roten Planeten zu überleben.
Meinung:
Andy Weirs "Der Marsianer" hat eine Publikationsgeschichte hinter sich, die fast interessanter ist, als der Roman selber. Denn als der Autor hat versucht, die Geschichte so realistisch wie möglich zu schreiben. Er ist der Sohn eines Teilchenphysikers und arbeitete bereits im Alter von 15 Jahren als Programmierer für diverse Computerfirmen. Als er mit dem Schreiben fertig war, fand er allerdings keinen Verlag, der die Erzählung herausbringen wollte. Weshalb er sie zunächst Kapitel für Kapitel frei auf seine Webseite stellte. Danach erstellte er eine Kindle-Version, die er für 99 Cent anbot. Die schoss innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der US-Charts, wodurch auch die großen Verlage Interesse an dem Werk kriegten. Inzwischen ist sogar eine Filmversion für 2015 geplant. Ridley Scott soll Regie führen und Matt Damon wird Mark Watney darstellen.
Der Mensch hat es auf den Mars geschafft! Doch die mittlerweile dritte Marsmission ist die erste, die vorzeitig beendet werden musste. Ein riesiger Sturm zwingt die Astronauten bereits zu Beginn ihres Aufenthalts zurück zur Erde zu reisen. Dabei kommt es zu einer Katastrophe und Mark Watney wird von der Gruppe getrennt und für tot gehalten. Allerdings ist er noch am Leben. Und jetzt muss er überleben.
Doch er ist nicht auf den Kopf gefallen. Er ist Ingenieur und Botaniker. Und in dieser Funktion fällt es ihm leicht, sein Überleben zu sichern. Gleichzeitig beginnt er Pläne zu schmieden, wie er die Erde auf sich aufmerksam machen kann, um gerettet zu werden.
Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe begründete das Genre der Robinsonaden. In den Werken dieser literarischen Kategorie ging es um Menschen, die einsam und allein in fremden Gestaden gestrandet sind. Geschildert wird in diesen Geschichten, wie sie überleben. Die Abenteuer wurden auch in die Science Fiction übertragen, zum Beispiel in den Film "Notlandung im Weltraum", der auf Englisch "Robinson Crusoe on Mars" heißt.
Andy Weir schlägt mit "Der Marsianer" in dieselbe literarische Kerbe. Auch hier steht das Überleben im Zentrum der Geschichte. Wobei anders als bei den Genre-Kollegen kein Freitag auftaucht und auch sonst alles einen realwissenschaftlichen Hintergrund hat, ganz so, wie man es von der Hard SciFi erwarten würde. Und das tut dem Roman gut.
Denn der Autor weiß, wie man unterhaltsam schreibt. Sein Mark Watney ist jemand, der wahrlich nicht auf den Kopf gefallen ist. Ebenso wenig wie auf den Mund. Pointiert beschreibt er seine Überlegungen, wie er überleben könnte. Lustig lässt er es klingen, wie er den Alltag meistert. Und herrlich respektlos ist sein Umgang mit der NASA, als er endlich wieder Kontakt zur Erde hat.
Hauptsächlich konzentriert sich Andy Weir auf das Abenteuer Überleben. Doch auch das Abenteuer Rettung kommt nicht zu kurz. Gelungen jongliert er mit diesen beiden Handlungsfäden und schafft es, beiden gerecht zu werden.
Was auch für die Figuren zutrifft. Er gibt jedem Charakter genügend Tiefe, um ihn realistisch wirken zu lassen. Nie hat man das Gefühl, dass man es hier mit 08/15-Abzugspersonen zu tun hat, die im Grunde nur irgendwelche Plotklischees erfüllen.
"Der Marsianer" ist ein grandioses Werk. Und hat doch eine deutliche Schwäche. Denn natürlich kann nicht alles glatt laufen. Und so kann man an vielen Stellen vorhersagen, dass es jetzt zu einer Katastrophe kommt, die die Rettungsmission und das Überleben von Mark Watney komplizieren wird. Es ist zwar notwendig, um Spannung aufzubauen. Doch gegen Ende übertreibt es der Autor und sorgt so statt für Aufmerksamkeit für Langeweile. Man muss schon fast dankbar sein, dass er auf Tote verzichtet.
Und trotz dieser Kritik würde ich "Der Marsianer" wirklich jedem ans Herz legen, der einen gut geschriebenen Roman lesen möchte. Also: "Reinschauen".
Fazit:
Andy Weirs "Der Marsianer" ist gelungener SciFi-Roman. Man kann verstehen, wieso das Buch in den USA so durchgestartet ist. Der Autor präsentiert eine pointiert geschriebene Story, die auf realen, wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und äußerst unterhaltsam ist. Die handlungstragenden Figuren erhalten außerdem ausreichend Tiefe, um realistisch zu wirken. Doch gleichzeitig hat die Story Schwächen. Dann nämlich, wenn man erahnen kann, wie die Handlung fortschreitet, weil wieder eine Katastrophe passiert.
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