Die Heimkehrer
Story:
Nachdem sich die Brüder Lauritz, Oscar und Sverre kurz nach dem ersten Weltkrieg in Berlin wiedergetroffen und versöhnt haben, beginnt für sie, ihre Familien und ihre Freunde eine neue Zeit. Während Lauritz mit seiner Frau Ingeborg und den vier Kindern in Schweden Fuß fasst und sein Bauunternehmen vergrößert, übernimmt Oscar für seinen älteren Bruder die deutschen Immobilien. Sverre hingegen eröffnet ein Werbeatelier, das sich schnell selbst trägt.
Doch die wirtschaftlichen Krisen, die Arbeitslosigkeit und die politische Situation sorgen dafür, dass das Leben in Deutschland immer beschwerlicher wird. Als die Truppen der SA immer gewalttätiger werden und es zu ersten Hetzaktionen gegen Kommunisten, Juden und Homosexuelle kommt, wird es für Sverre und Oscar immer brenzliger, obgleich sie als Norweger und angesehene Geschäftsleute einen sicheren Stand haben. Zu allem Überfluss ist auch noch Lauritz' ältester Sohn Harald den Parolen der Rechtsradikalen gegenüber sehr aufgeschlossen und schlägt schließlich den militärischen Weg ein - sehr zum Verdruss seiner Familie ...
Meinung:
Mit dem Roman "Die Heimkehrer" schließt der schwedische Schriftsteller Jan Gillou seine "Große Jahrhundert"-Trilogie ab. Dieses Mal widmet er sich den Norwegern Lauritz, Oscar und Sverre gleichermaßen, während er im ersten Band "Die Brückenbauer" das Leben von Lauritz und Oscar beleuchtet hat und in der Fortsetzung "Die Brüder" auf Sverres Leben in England eingegangen ist. Das vorliegende Buch setzt hierbei einige Jahre nach dem Wiedersehen der drei an und begleitet sie bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges. Dank der Rückblenden und Zusammenfassung ist es nicht notwendig Band eins und zwei zu kennen, um "Die Heimkehrer" zu lesen, dennoch ist es sinnvoll, um die ganzen Zusammenhänge zu verstehen.
Die Geschichte ist durchaus spannend aufgebaut und wirkt in sich sehr authentisch und logisch, kommt aber keinesfalls an "Die Brückenbauer" heran. Jan Gillou bemüht sich darum seinen Hauptfiguren das nötige Maß an Aufmerksamkeit zu schenken und auch die Familien und Kinder von Lauritz und Oscar zu beleuchten, die immer wichtiger für die Handlung werden - allen voran Harald, der sich ja stark für die rechte Szene Deutschlands interessiert. Dennoch besticht "Die Heimkehrer" durch Längen und Passagen, die langweilig und unzusammenhängend sind. Es fehlt die Spannung und Dynamik des ersten Bandes, der mit Abstand das beste Buch der Trilogie ist. Das liegt vor allem an der Fülle an Charakteren, die allesamt ihre eigene kleine Geschichte bekommen - während man sich in Band eins nur auf Lauritz und Oscar und in Band zwei rein auf Sverre konzentrieren konnte, geht es im dritten Band durcheinander - jeder ist mal an der Reihe, und dieses Hin und Her verwirrt mit der Zeit sogar den Leser. Immer wieder steht man bei einem neuen Absatz vor dem Problem, nicht zu wissen, aus welcher Sicht erzählt wird. Das ist ärgerlich, da man sich nicht gänzlich auf die Handlung einlassen kann und oftmals zurückblättern muss. Man hat das Gefühl der Autor hat sich selbst verzettelt.
Auch die Figuren wirken blass und bleiben kaum im Gedächtnis. Natürlich ist es schön, wie sich die drei Brüder entwickelt, welche Ziele sie im Leben erreicht haben, doch so wirklich mitfühlen kann man mit ihnen leider nicht. Dies gelang Jan Gillou wirklich nur in Band eins seiner "Großes Jahrhundert"-Trilogie. "Die Heimkehrer" ist leider ähnlich schwach wie "Die Brüder". Vielleicht liegt es am Umfang, vielleicht hätten mehr Seiten dem Roman gut getan - man wird leider nur bedingt warm mit den vielen Figuren. Am schlechtesten kommt Sverre weg, der die meiste Zeit wie ein Statist wirkt und kaum noch eine wichtige Rolle einnimmt. Da sind die Ereignisse rund um Lauritz und Oscar schon spannender und mitreißender. Dennoch liest man gerne weiter, folgt dem Weg, den die Charaktere einschlagen und die Schicksalsschläge, mit denen sie fertig werden müssen.
Stilistisch legt Jan Gillou solide Kost vor, die relativ schnörkellos und geradlinig daherkommt. Er verzichtet auch unnötige Details und Beschreibungen, bleibt zumeist nüchtern und direkt. Dennoch fängt er das Flair und die Atmosphäre der 20er Jahre gut ein und vermittelt ein neutrales Bild der damaligen Zeit. Er verzichtet auf einen meinungsbildendenden Ton, gerade bei den Beschreibungen um Hitlers Bestrebungen und die rechtsextreme Politik. Das merkt man vor allem an Harald und dem Abschnitt über die Olympischen Spiele 1936, bei denen einfach nur erzählt wird, was passiert und wie sich Deutschland präsentiert.
In diesem Zusammenhang ist es toll, wie authentisch und greifbar Jan Gillou die damalige Zeit zum Leben erweckt, auch wenn es hier und da ausführlicher hätte sein können.
Fazit:
Mit "Die Heimkehrer" endet die Trilogie rund um die norwegischen Brüder Lauritz, Oscar und Sverre. Obwohl die Geschichte authentisch und die Atmosphäre gut eingefangen ist, kommt der dritte Roman nicht an "Die Brückenbauer" heran. Qualitativ entspricht das Buch dem zweiten Band "Die Brüder", der ebenfalls deutliche Schwächen in der Struktur und der Charakterentwicklung aufwies. Schade, dass Jan Gillou seine Reihe nicht so beendet hat, wie sie es verdient hat und den Charakteren auf ihrem späteren Lebensweg mehr Tiefgang gewährt hat.
Wer die Vorgängerromane bereits gelesen hat, sollte auch einen Blick in "Die Heimkehrer" werfen, allerdings sollte an nicht zu viel erwarten. Wer sich an die seine "Große Jahrhundert"-Trilogie des schwedischen Autors heranwagen will, dem sei empfohlen nur "Die Brückenbauer" zu lesen und auf die beiden Fortsetzungen zu verzichten.
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