Kalte Ketten
Story:
Nachdem Rileys Beziehung mit Carlos in einem großen Streit endet, flieht er aus der gemeinsamen Wohnung. Ohne seine Papiere und nur mit den Kleidern am Leib wird er von dem dominanten und gutaussehenden Kjell aufgegabelt und lernt durch diesen eine ganz andere Seite der Lust und Liebe kennen. An der Seite des unnahbaren Mannes taucht er in den SM-Bereich ein und freundet sich schnell mit seiner neuen Rolle als Sklave ab, während Kjell den Part des Meisters übernimmt. Schon bald ist Riley seinem Meister ganz und gar verfallen, und auch dieser taut allmählich auf und beginnt sich seinem neuen Liebhaber anzuvertrauen. Just in dem Moment taucht jedoch der Mann in der Stadt auf, der einst Kjell gebrochen und fast getötet hat, und er wirft bereits beim ersten Aufeinandertreffen ein Auge auf Riley …
Meinung:
"Kalte Ketten" ist der Debütroman von T. C. Jayden und erschien 2014 im Weltenschmiede Verlag, die Anfang des Jahres bereits "Der Sodomit" herausgekommen ist. Im Gegensatz zu dem historischen Werk von S. B. Sasori geht dieses Buch am ehesten in die Thrillerrichtung, wenngleich dieses Genre nur leicht gestreift wird. Stattdessen stehen die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten, sowie Rileys erste Schritte in der SM-Szene im Vordergrund.
Im Großen und Ganzen bietet die Geschichte nur teilweise etwas Neues - bricht man den Inhalt hinunter, so ist es eine typische Liebesgeschichte zwischen zwei Männern, die sich zu einem großen Teil auf das erotische Spiel zwischen ihnen beschränkt. Das merkt man ganz besonders daran, dass T. C. Jayden eine Menge Sexszenen eingebaut hat, die gerade in der ersten Hälfte des Romans stark überwiegen. Einzig das SM-Setting und Rileys allmähliche Einführung in diese Szene bietet eine interessante, neue Perspektive und hebt "Kalte Ketten" durchaus von den gängigen Vertretern des Gay Romance-Genres ab. So ist das Werk der Autorin wesentlich härter und definitiv nichts für zarte Gemüter, da sie kein Blatt vor den Mund nimmt und genau beschreibt, was Riley alles erlebt und welche Auswirkungen die Spielereien auf ihn haben.
Inwieweit die Beschreibungen der SM-Szene zutreffend oder wie realistisch sie sind, lässt sich als Laie schwer sagen. Sie wirken gut recherchiert, sind weder klischeebehaftet noch übertrieben, so dass man durchaus davon ausgehen kann, dass die Autorin nachgeforscht hat. Auf jeden Fall ist Rileys Einstieg in diese Welt nachvollziehbar und wirkt nicht aufgesetzt. Man kann ihn und seine Beweggründe verstehen, selbst wenn man der Szene nichts abgewinnen kann. Einzig die Frage, ob ein ehemaliger, devoter" Sklave" wirklich die Position eines dominanten "Meisters" einnehmen kann, bleibt bestehen, da Menschen normalerweise in eine der beiden Richtungen gehen und selten zwischen Sub und Dom wechseln.
Charakterlich liegen die Schwerpunkte deutlich auf Riley und Kjell, wobei letzterer erst im letzten Drittel einen größeren Spielraum zugewiesen bekommt. Bis dahin wird die Geschichte weitestgehend aus Rileys Sicht erzählt. Erst zum Ende hin wechselt die Perspektive zwischen ihm und Kjell. Dadurch erhält man erst zum Ende hin die notwendigen Informationen zu jenem, wenngleich man natürlich recht frühzeitig die Hintergründe erahnen und die Zusammenhänge verstehen kann.
Riley ist dabei ein sympathischer Charakter, mit dem man sich gut identifizieren und anfreunden kann, auch wenn er hin und wieder sehr devot ist und sich nur selten gegen ungerechte Behandlung auflehnt. Zwar scheut er sich am Ende nicht davor, seine Meinung kundzutun, doch als Leser wünscht man sich, dass er früher aktiv wird, teilweise auch hinsichtlich Kjells verstockter Art. Dieser vermittelt fast durchgängig eine Aura der Unnahbarkeit und ist schwer zu verstehen. Als Leser ist man zumeist ebenso ratlos wie Riley, auch wenn man im Nachhinein die eine oder andere Reaktion seitens Kjell verstehen kann. Nichtsdestotrotz hätte ich mir an dieser Stelle mehr Tiefgang erhofft, da man gerade aus ihm wesentlich mehr hätte herausholen können.
Neben dem interessanten Setting, kann auch T. C. Jaydens Schreibstil überzeugen. "Kalte Ketten" liest sich flüssig und sehr schnell - die Autorin bemüht sich um eine abwechslungsreiche Sprache, so dass es nie langweilig wird. Sowohl die erotischen Szenen, als auch die Beschreibungen der Szene und von Rileys Gefühlswelt sind gut umgesetzt, so dass man schnell in die Geschichte kommt. Lediglich Umgebungsbeschreibungen fehlen, so dass der Leser nicht genau weiß, wo die Handlung spielt und wie die Stadt aufgebaut ist. Das ist schade, da diese Dinge dem Buch meiner Meinung nach gut getan hätten.
Fazit:
Mit "Kalte Ketten" von T. C. Jayden legt der Weltenschmiede Verlag einen weiteren, gut geschrieben und überzeugenden Gay Roman vor, der Fans schwuler Erotik und SM-Liebhaber durchaus gefallen dürfte, insofern man nicht zu sehr auf eine realistische Darstellung der SM-Szene pocht. Dank des soliden Schreibstils, der gut nachvollziehbaren Charaktere und der ungewöhnlichen Grundidee ist das Buch lesenswert und fesselnd, allerdings sollte man sich vor dem Kauf ins Gedächtnis rufen, dass "Kalte Ketten" nichts für Zartbesaitete ist. Auch wenn die Romantik nicht zu kurz kommt, so ist T. C. Jaydens Werk doch eine Geschichte aus der SM-Szene und zeigt eine Form der Liebe, die man normalerweise nicht gewöhnt ist. Wer für diese "andere Liebe" offen ist und nichts gegen die ein oder andere heftigere Szene hat, sollte einen Blick riskieren, alle anderen sollten im Vorfeld einen Blick in die Leseprobe werfen.
Diese Rezension erschien zuerst im Blog des schwullesbischen Portals "Like a Dream".
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