Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert
Story:
Die Generation 1980+ wird von den Arbeitgebern heiß umworben. Doch die Politik hingegen beachtet sie nicht. Zeit, dass sich das ändert.
Meinung:
Als die Kanzlerin das Internet als Neuland bezeichnete, ging ein Aufschrei durch dieses Medium. Wie konnte das Staatsoberhaupt so etwas Naives sagen. Dabei war es geradezu symptomatisch für die Einstellung der Politik gegenüber der digitalen Welt. Und für deren Ignoranz gegenüber denjenigen, die mit und in dieser leben. Hannah Beitzer betreibt in ihrem Debütwerk "Wir wollen nicht unsere Eltern wählen: Warum Politik heute anders funktioniert" Ursachenforschung.
Die Autorin wurde 1982 geboren und ist daher Teil jener Generation, die in der Politik bislang größtenteils ignoriert wurden. Sie studierte in Passau, Kazan und Sankt Petersburg, arbeitete in Moskau und volontierte bei der Süddeutschen Zeitung. Jetzt arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin über Themen wie Junge und Alte, die Piraten oder Digitales.
Immer wieder zeigt die Politik ihre Naivität, was Digitales angeht. Themen wie ACTA oder die NSA-Affäre beweisen, wie wenig sich die regierenden Parteien auskennen. Kein Wunder also, dass die Piraten ursprünglich für frischen Wind gesorgt haben, dass sie die Welt der Generation 1980+ ins Bewusstsein der Regierung und Opposition brachten.
Schließlich, so die Autorin, wurde diese bislang ignoriert. Ja, man blickt sogar auf sie herab, man weiß es besser. Doch das liegt daran, dass man sie mit einem Politikverständnis misst, in das sie schon längst nicht mehr passen. Man sieht sie, so das Buch, als "unpolitisch, egoistisch und weinerlich" an.
Frau Beitzer versteht sich darauf, diese Argumente zu entkräften. Sie beweist, dass die Generation 1980+ durchaus politisch ist. Dass sie eben Dinge nur anders sehen und sie auch anders kommunizieren. Der Kontrast zwischen der Elterngeneration und der "Kindergeneration" wird von der Autorin hervorragend hervorgehoben.
Wiederholt kritisiert die Autorin auch die aktuelle politische Landschaft. Sie bemängelt zu Recht, dass der Unterschied zwischen den politischen Parteien immer mehr verschwimmt. Sie analysiert akkurat diese Entwicklung, liefert jedoch keine Antwort auf die Frage, wieso Politik heute anders ist. Sie greift ihr Titelthema kaum auf, sondern verliert sich in oberflächlichen und phrasenhaften Beobachtungen. Dabei stört besonders, dass sie wiederholt die Piraten hervorhebt, wie Politik von heute aussehen kann, bzw. auch nicht. Zwar vermeidet sie es, diese Partei als Allheilmittel darzustellen. Doch schafft sie es andererseits auch nicht wirklich, sich glaubwürdig von diesen abzugrenzen. Zu oberflächlich wirkt die Auseinandersetzung mit dieser Partei.
Das Buch bietet viele Denkanstöße. Doch unterm Strich enttäuscht es, weshalb es auch die Bewertung "Für Zwischendurch" kriegt.
Fazit:
Wieso funktioniert Politik heute anders? Auf diese Frage versucht Frau Hannah Beitzer in ihrem Buch "Wir wollen nicht unsere Eltern wählen" einzugehen. Und sie schafft es in der Tat, den Konflikt zwischen den Generationen deutlich hervorzuheben. Sie schafft eine akkurate Analyse der aktuellen politischen Landschaft, liefert jedoch dabei keine Antwort auf die eingangs gestellte Frage. Sie grifft ihr Titelthema kaum auf, sondern verliert sich in oberflächlichen und phrasenhaften Beobachtungen. Und sie schafft es nicht, sich von der Piratenpartei abzusetzen.
|