Öl!
Story:
Bunny Ross ist der Sohn des Erdölmagnaten J. Arnod Ross. Jener möchte, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt. Doch sein Spross fühlt sich in der Welt der Milliardäre und Industriemagnaten unwohl. Und da er auch gleichzeitig die Perspektive der einfachen Arbeiter nachvollziehen kann, steht er zwischen zwei Welten und ist in keiner wirklich zu Hause.
Meinung:
Jedes Jahr erscheinen tausende von Büchern weltweit. Ein Bruchteil davon sind auch wirklich gelungene Werke. Und von diesen wiederrum übersteht auch nur ein geringer Anteil den Lauf der Zeit. Dies sind dann die Geschichten, die man noch Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte später liest. Die Rede ist von Bänden wie "Frankenstein", "Kaltblütig" oder "Fräulein Smillas Gespür für Schnee". Natürlich ist es unmöglich, dass diese Romane ständig erhältlich sind. Aber zum Glück gibt es dann auch noch Verlage, wie Manesse, die sich darauf spezialisiert haben, solche alten Schätze in einer zeitgemäßen Edition neu herauszubringen. Wie sie es beispielsweise mit Upton Sinclairs "Öl!" taten.
Der Autor wurde 1878 in den USA geboren. Er starb 1968 und hat Zeit seines Lebens über 100 Romane geschrieben. Bekannt wurde er vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit seinem Buch "Der Dschungel". Sinclairs Vater war ein verarmter Alkoholiker, und er selbst wurde bald darauf von seinen reichen Großeltern großgezogen. Das gab ihm einen Einblick in die beiden extrem unterschiedlichen sozialen Positionen Amerikas. Er konnte durch seine Schreibarbeit ein Studium an der renommierten Columbia-Universität machen.
J. Arnold Ross ist ein Erdölmagnat. Er reist durch die USA, immer auf der Suche nach der nächsten potentiellen ertragreichen Erdölquelle. Stets mit dabei: Sein Sohn Bunny, der ihm einst in die Fußstapfen folgen soll. Das neuste Ziel der beiden steht längst fest, und vor Ort beginnen die Leute auf hohen Profit zu hoffen. Doch das Öl bringt nicht nur Geld, es verändert auch die Menschen.
Bunny selbst fühlt sich in der Welt seines Vaters nicht wirklich zu Hause. Die vielen Milliardäre, die mit ihrem Geld protzen, irritieren ihn. Eher fühlt er sich bei den normalen Arbeitern heimisch, den einfachen Leuten. Doch auf Grund seiner Herkunft wird er von ihnen nicht wirklich akzeptiert. Er befindet sich zwischen zwei Welten, etwas, was sein zukünftiges Leben bestimmen wird.
Das Buch mag inzwischen über 100 Jahre auf dem Buckel haben, doch viele seiner Aussagen gelten noch heute. Mehrere Szenen wirken so, als ob sie auch heute stattfinden könnten. Das schmieren von behördlichen Händen hinter den Türen, der Versuch, die Rechte der Arbeitnehmer zu beschneiden, das sind Themen, die auch heute noch aktuell sind.
"Öl!" ist jedoch mehr als nur eine Anklageschrift. Es ist die Lebensgeschichte von Bunny Ross, einem Jungen, der einen schnell ans Herz wächst. Man erlebt mit, wie er aufwächst, wie er zu einem Mann wird. Und man kann nachvollziehen, dass er sich zwischen zwei Welten gefangen fühlt. Eindrucksvoll schildert Upton Sinclair die Liebe Bunnys zu seinem Vater, aber auch die Abscheu gegenüber dem Geschäft, in dem jener arbeitet.
Jede Figur, die man in diesem Buch findet, wird eindrucksvoll beschrieben. Es sind nicht einfach nur gute oder böse Charaktere, sondern richtige Personen. Das wird besonders bei J. Arnold Ross bemerkbar. Zu einfach könnte man ihn als einen Antagonisten darstellen. Doch Momente, wie beispielsweise die Autofahrt zu Beginn mit seinem Sohn, macht deutlich, dass er ein Mensch mit Gefühlen ist. Und das zieht sich durch den gesamten Roman durch und es trifft auch auf die anderen Figuren zu, wie beispielsweise Paul Watkins, der sozusagen den Gegenpol zu Bunny bildet.
Das Werk wurde nicht einfach so ins Deutsche transportiert. Der Manesse-Verlag hat sich die Mühe gemacht, eine neue Übersetzung anzufertigen. Eine, deren Sprachgebrauch dem der damaligen Zeit entspricht. Anglizismen, wie sie heute verwendet werden, sind nicht vorzufinden. Auch die Fachsprache wurde so übersetzt, dass man sie als Laie verstehen kann.
Man sollte außerdem auch noch die Anhänge lesen. Das Nachwort und die Editorische Notiz sind beides hochinteressante Texte, die einem einen Blick auf die Entstehung des Romans bieten. Und zwar sowohl im zeithistorischen Kontext, als auch im Sinne von den gelungenen Mühen, die die Übersetzung bereitete.
"Öl!" ist eines jener Werke, die man einfach gelesen haben muss. Dementsprechend erhält es auch die Bewertung "Klassiker", mit dem Gütesiegel "Splashhit" obendrein.
Fazit:
Mit "Öl!" hat der Manesse-Verlag einen wahren Klassiker neu herausgebracht. Upton Sinclairs Geschichte hat in all den Jahren nichts an Wirkung und Brillanz verloren. Viele seiner Aussagen und Beschreibungen stimmen auch heute noch. Die Charaktere sind alle hervorragend dargestellt und die deutsche Übersetzung ist hochklassig. Auch die redaktionellen Anhänge sind lesenswert. Ein Pflichtkauf für Freunde hochklassiger Literatur.
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