Die Furcht des Weisen 2
Story:
Kvothe, die für tot geglaubte Legende,
erzählt dem Chronisten von seiner Zeit in Vintas und seiner Arbeit
für den dortigen Herrscher, dem Maer. Sein letzter Auftrag verschlug
ihn ins Eld, ein Waldgebiet, das von Banditen heimgesucht worden war.
Nachdem Kvothe durch seine Magie die Ganoven in die Flucht geschlagen
und das Diebesgut zurückerobert hatte, zog es ihn nicht sofort
zurück an den Hof des Maers. Stattdessen gelangte er in das Reich
der Fae und der sagenhaften Verführerin Felurian – und später in
das Land Ademre, der
Heimat seines Mitstreiters Tempi, wo er als Fremder in das Geheimnis
der „Lethani“ genannten Kriegskunst eingewiesen wurde.
Meinung:
Nur wenige Monate nach der
Veröffentlichung des ersten Teils von „The Wise Man's Fear“ beim
Hobbit Press-Imprint des Stuttgarter Klett Cotta-Verlags, erschien im
Januar 2012 der zweite Teil des lang erwarteten Nachfolgers von „Der
Name des Windes“. Aufgrund der hohen Zeichenanzahl des englischen
Originaltextes entschloss man sich bei Klett-Cotta, das Werk in zwei
deutschsprachigen Bänden zu veröffentlichen. Diese
Veröffentlichungspolitik kommt nicht bei jedem Leser gut an, wurde
jedoch in den vergangenen Jahren gerade im Fantasy-Bereich häufig
praktiziert. Auch die momentan sehr populäre Serie „Das Lied von
Eis und Feuer“ vom Bestseller-Garant George R. R. Martin wurde
schon immer aufgeteilt unter die Leser gebracht, genauso wie „Das
Rad der Zeit“ von Robert Jordan und Brandon Sanderson. Wer beide
Teile von „Die Furcht des Weisen“ im Regal stehen sieht, erkennt
jedoch schnell, dass die Aufteilung im Fall der Königsmörder-Chronik
eine gute Entscheidung war. Ein 1300 Seiten starkes Hardcover wäre
alles andere als handlich gewesen. Zudem schlug Patrick Rothfuss
selbst die Stelle vor, an der sein Werk in zwei Teile aufgeteilt
werden sollte. Mit 522 Seiten ist „Die Furcht des Weisen 2“ zwar
knapp 300 Seiten dünner als Teil 1, kostet aber fast genauso viel.
Das ist allerdings der einzige gravierende negative Kritikpunkt an
der deutschen Ausgabe des Romans.
Der Fokus im zweiten Teil von Kvothes
Abenteuer außerhalb der Universität liegt auf zwei Ländern: dem
sagenumwobenen Reich der Fae und dem etwas abseits gelegenen Ademre,
der Heimat der Adem-Krieger. Bei der Beschreibung der
Bewohner, ihrer Kultur und ihrer Geisteshaltung kann Rothfuss all
seine Stärken ausspielen. Abermals lässt er seiner Fantasie freien
Lauf, wenn er Kvothe von den unterschiedlichen Lebens- und Denkweisen
berichten lässt, die den jungen Mann – und auch die Leser –
oftmals erstaunen. Auch werden Andeutungen an die Mythologie beider
Länder gemacht, diese treten jedoch nicht in den Vordergrund wie es
in den beiden vorangegangenen Bänden noch der Fall war.
Felurians Welt der Fae erweist sich als
ein wunderschönes, märchenhaftes Land, das mit den Sagen und
Legenden, die in der Welt der Menschen erzählt werden, mehr als nur
mithalten kann. Doch Kvothe hat nur selten einen Blick für die
Landschaft. Seine Aufmerksamkeit gehört Felurian, der Verführerin,
der kein Mann widerstehen kann. Auch Kvothe gerät in ihren Bann und
reift dabei nicht nur sexuell. Die Geschichte wirkt an dieser Stelle
oftmals wie ein stereotypischer Coming-of-Age-Roman, fängt sich aber
wieder als Kvothe lernt sich Felurians Zauber zu entziehen. Die
Episode im Reich der Fae, in dem die Zeit langsamer zu vergehen
scheint als anderswo, wirft abermals die Frage auf, wie alt der junge
Held eigentlich ist. Eine Antwort hierauf lässt Rothfuss auch
weiterhin offen, wodurch viel Spielraum für Interpretationen
gelassen wird.
In Ademre konzentriert sich Rothfuss
auf die Weiterentwicklung Kvothes als Krieger und konfrontiert seinen
jungen Helden mit einer Gesellschaft, die sich gleich in mehreren
Punkten fundamental von denen unterscheidet, in denen er ansonsten
verkehrt. Hier erhält er auch endlich einen Hinweis auf die Chandrian, den Mördern
seiner Eltern, von denen er einem sogar im Eld begegnete. Angesichts
der Tatsache, dass die Suche nach den sieben unheimlichen Wesen und
die Rache an ihnen Kvothes Antriebskraft und Lebensinhalt sind,
erscheint die Jagd nach ihnen wieder sehr kurz. Wahrscheinlich hebt
sich Rothfuss weitere Begegnungen mit den Chandrian für„The Doors
of Stone“, den dritten Band der Kingkiller-Chronicles, auf. Somit
beobachtet der Leser in „The Wise Man's Fear“ „nur“ Kvothes
finalen Übergang vom Kind zum Erwachsenen und bekommt einen Einblick
in die ungeheuer vielfältige Welt, die Rothfuss erschaffen hat. Dem
Lesespaß tut das jedoch keinen Abbruch.
Erzählerisch liefert Patrick Rothfuss
mit „Die Furcht des Weisen 2“ erneut eine Meisterleistung ab.
Sein wundervoller Stil, seine Fantasie und seine Liebe zum Detail,
wenn es um die unterschiedlichen Völker seiner Welt geht, zeigen
einmal mehr, dass der Amerikaner momentan der beste
High-Fantasy-Autor ist. Kvothes Geschichte fesselt einfach von der
ersten bis zur letzten Seite und wenn diese erreicht ist bleibt nur
die bange Frage: Wann geht es endlich weiter?
Fazit:
Patrick Rothfuss' „Die Furcht des
Weisen 2“ muss zusammen mit dem ersten Teil als ganzes betrachtet
werden. Dann erst entfaltet sich die gesamte Kraft und Genialität
dieses Klassikers.
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