Der Monstrumologe
Story:
Will Henry ist ein Waisenkind. Er arbeitet und wohnt bei dem
exzentrischen Dr. Warthrop. Er ist Monstrumologe, das heißt, er studiert und
jagt Kreaturen, deren Existenz einem Albtraum entsprungen sein könnten. Und der
neuste Fall lässt nicht lange auf sich warten.
Meinung:
Als die ersten Karten entstanden, wussten die jeweiligen Ersteller nicht, was für Wesen in den fernen Ländern leben würden. Und so verließen sie sich auf Hörensagen, was zu so bizarren Vorstellungen führte, wie Menschen, die nur einen großen Fuß haben und ihn unter anderem als Sonnenschirm benutzen. Heutzutage weiß man natürlich, dass dies alles Humbug ist. Doch was wäre, wenn diese Fantasien Wahrheit wären? "Der Monstrumologe" geht dieser Idee nach.
Geschrieben wird das Buch von Rick Yancey. Der Amerikaner hat einen Bachelor in Englisch und arbeitete zunächst als Lehrer und Schauspieler. Seit 2004 ist er Schriftsteller und hat viele Romanreihen für Kinder und Erwachsene herausgebracht. Sein Deutschlanddebüt feierte er mit "Die außergewöhnlichen Abenteuer des Alfred Kropp". "Der Monstrumologe" ist der Auftakt zu einer bislang dreiteiligen Serie, deren zweiter Band unter dem Titel "Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo" bereits erschienen ist.
Will Henry ist zwölf Jahre alt und hat seine Eltern bei einem Brand verloren. Seitdem lebt er Dr. Warthrop, einem verrückten Mann, für den bereits sein Vater arbeitete. Der Doktor ist Monstrumologe, ein Wissenschaftler, der sich auf die Erforschung von Monstern spezialisiert hat. Und jene existieren auch im Jahre 1888.
Eines Tages bringt ihm ein Grabräuber eine zahnbewehrte Leiche. Es handelt sich um ein Wesen, dass zwar einen menschenähnlichen Körper hat. Doch verfügt es über keinen Kopf, sondern hat sein Gesicht im Brustkorb. Und sein Maul ist mit scharfen Zähnen bewehrt. Der Doktor weiß, dass diese Kreaturen Menschen töten können und beschließt deshalb zu verhindern, dass sich die Artgenossen des toten Wesens verbreiten können. Doch schon bald stellt sich heraus, dass dieses Vorhaben zu viel für ihn sein könnte und er Hilfe benötigt.
"Der Monstrumologe" ist ein Roman, der zwar gegen Ende des 19. Jahrhunderts spielt. Doch verzichtet Rick Yancey darauf, ihn in einem nebelverhangenen England stattfinden zu lassen oder gar die Industrialisierung mit in seine Handlung einzubauen. Stattdessen konzentriert sich der Autor voll und ganz auf den Fall sowie auf seine Protagonisten und die Gefahr, mit der sie sich beschäftigen.
Und schon von dem Moment an, wo die Handlung losgeht, ist man von dieser fasziniert. Dank des geschickt geschriebenen Prologs weiß man, dass Will Henry ein sehr langes Leben führen wird. Und so fragt man sich unwillkürlich, wie es dazu kommen konnte. Es wird auch eine Antwort geliefert, doch im Vordergrund steht der Fall, beziehungsweise die Auswirkungen die dieser auf die handlungstragenden Figuren hat.
Will Henry ist dem Leser von Beginn an sympathisch. Er ist ein Junge, der einiges erlebte und erlebt. Und trotzdem verliert er nie den Mut. Stattdessen wächst er mit den Herausforderungen, die ihm das Leben stellt. Und dazu gehört auch das Miteinander mit Dr. Warthrop.
Jener ist die faszinierendste Figur des gesamten Romans. Man hat es hier mit einem Exzentriker zu tun, der vermutlich manisch depressiv ist. Jeder neue Fall, jede neue Herausforderung facht in ihm ein Feuer an, in dem er auf nichts und niemand Rücksicht nimmt, noch nicht einmal auf sich selbst. Und zuerst könnte man meinen, dass für ihn Will Henry nur ein besserer Diener ist, der aufs Wort zu gehorchen hat. Doch je mehr sich der Fall entwickelt, umso mehr erhält man einen Einblick auf das wahre Ego des Wissenschaftlers. Dann merkt man, dass ihm sehr wohl sein Schützling am Herzen liegt. Allerdings ist in manchen Situationen der Fall für ihn wichtiger.
Die Entwicklung, die die Monsterjagd durchmacht, ist höchstdramatisch. Langsam und fast unmerklich dreht Rick Yancey die Spannungsschraube immer mehr zu, bis schließlich der Fall eskaliert. Dann wird der Roman nochmal so richtig spannend und man kann erst dann aufhören, wenn man die letzte Seite gelesen hat.
Auch die holzschnittartigen Illustrationen von Jürgen Speh tragen dazu bei, dass das Buch so gut ist. Er gibt den Figuren Gesichter und schafft es, den Wahnsinn von Dr. Warthrop sichtbar zu machen. Ohne diese Darstellungen würde einem was fehlen.
Für Kinder und Jugendlich ist das Buch allerdings eher wenig geeignet. Das liegt daran, dass es im Laufe der Handlung recht heftig zur Sache geht. Eine Schilderung, wie die Figuren auf die Überreste eines Massakers an Menschen stoßen, ist selbst für Erwachsene nur schwer zu ertragen.
In jedem Fall macht das Buch Lust auf mehr. Es lädt zum "Reinschauen" ein, und animiert einen auch dazu, sich vielleicht den Nachfolge-Roman zuzulegen.
Fazit:
"Der Monstrumologe" ist ein Fantasy-Roman von Rick Yancey. In ihm schildert der Autor wie im Jahr 1888 der Wissenschaftler Dr. Warthrop gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Assistenten Will Henry Monster jagt. Das Buch packt einen sofort und lässt einen danach nicht mehr los. Man ist von dem Fall und von den Figuren fasziniert. Besonders Dr. Warthrop ist es, der einen zum Lesen animiert. Es handelt sich hier um eine äußerst vielschichtige Figur. Allerdings gehört der Band nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen. Einige Stellen sind selbst für Erwachsene schon fast zu heftig.
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