Tiere - Die große Bild-Enzyklopädie mit über 2.000 Arten
Story:
Koordiniert von Herausgeber David Burnie haben mehr als 70 Wissenschaftler eine umfangreiche Enzyklopädie der Tiere auf unserem Planeten zusammengestellt. Auf rund 600 Seiten werden mehr als 2.000 Arten kurz vorgestellt, von den Wirbellosen bis zu den Säugetieren. Eine Einleitung gibt außerdem einen Einstieg in Themen wie Evolution, Systematik, Anatomie, Verhalten oder Naturschutz.
Meinung:
"Tiere – Die große Bild-Enzyklopädie mit über 2.000 Arten" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Schwergewicht: Der Hardcover-Band bringt immerhin rund 3,6 Kilogramm auf die Waage. Auch die restlichen Zahlen sind auf den ersten Blick beeindruckend: Mehr als 70 beteiligte Forscher, etwa 600 Seiten, und die über 2.000 vorgestellten Arten haben es sogar in den Titel geschafft. Im Vergleich zu seinem Thema kann das Buch jedoch nur verlieren. Beschrieben, also wissenschaftlich untersucht und formal benannt, sind etwa 1,7 Millionen Tierarten. Und auch das ist nur ein kleiner Bruchteil der tatsächlich lebenden: Verschiedene Studien sind mit unterschiedlichen Verfahren zu Schätzungen zwischen rund 4 Millionen und über 100 Millionen Tierarten gekommen. Wieviele es nun genau sein mögen, 2.000 Arten können nur ein winziger Ausschnitt sein.
Das muss nichts schlechtes sein, schließlich hätte das Buch ohnehin nie eine ernsthafte Chance gehabt, tatsächlich alle Tierarten auf der Erde zu erfassen. Allerdings merkt man der Enzyklopädie an, dass sie mit hohen Zahlen punkten will. Wenn man 2.000 Arten auf rund 600 Seiten unterbringt, bleiben für jede Art allerdings nur 50 bis 100 Wörter übrig. Damit kann man maximal an der Oberfläche dessen kratzen, was es über ein Tier eigentlich zu sagen gäbe. Hier hätte weniger mehr sein können. Hätte die Enzyklopädie beispielsweise nur 100 oder 150 ausgewählte Arten genauer vorgestellt, hätte es dem Leser vermutlich mehr gebracht. Die Bebilderung trägt zum ambivalenten Gesamteindruck bei. Auf der einen Seite ist es eine gute Sache, dass die Arten nicht nur in Wort, sondern auch in Bild vorgestellt werden. Auf der anderen Seite sind so auf jeder Doppelseite im Schnitt zwischen 10 und 20 Abbildungen zu finden, die das Buch optisch schlicht überladen erscheinen lassen.
Die Einleitung kommt ebenfalls nicht über die Oberfläche hinaus. Ein komplexes und vielfältiges Thema wie das Verhalten der Tiere auf einer – ebenfalls reichlich bebilderten – Doppelseite abhandeln zu wollen, kann nicht von Erfolg gekrönt sein. Die Reihenfolge und Aufteilung der Tiergruppen verrät außerdem einen klaren anthropozentrischen Blickwinkel, der sich im "realen"Tierreich so nicht wiederfindet. Fünf Sechstel des Buches nehmen die Wirbeltiere ein, die tatsächlich nur rund 3% aller Arten ausmachen. Für die restlichen 97% hat die Enzyklopädie weniger als 100 Seiten vorgesehen. Innerhalb der Wirbeltiere ist die Ordnung sozusagen auf den Kopf gestellt. Am Beginn stehen die Säugetiere, gefolgt von Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen. Die Reihenfolge in der Evolution war jedoch genau umgekehrt. Die menschliche Perspektive, was uns nahe steht ist wichtig, war hier offenbar ausschlaggebend.
Sicher, dieser Band richtet sich kaum an Zoologen, sondern eher an interessierte Laien, die auch "ein Buch über Tiere" im Regal stehen haben wollen. Aber auch diese dürften bald an die Grenzen der "großen Bild-Enzyklopädie" stoßen. Die Aufmachung ist üppig, macht aber einen routinierten Eindruck, von Herzblut spürt man wenig. Auch der Herausgeber hat Routine: David Burnie ist studierter Zoologe und hat in verschiedenen Naturschutzgebieten an biologischen Forschungsprojekten gearbeitet. Seit Ende der 1970er Jahre betätigt sich Burnie als Autor und Herausgeber von Büchern zu Themen wie Natur, Zoologie und Umweltschutz. Inzwischen finden sich über 70 Titel in seiner Bibliographie. Außerdem war er als Berater und Drehbuchautor an verschiedenen TV-Dokumentationen beteiligt.
"Tiere", um nicht immer den vollständigen recht unhandlichen Titel zu wiederholen, ist kein Totalausfall. Als ersten Einstieg in die faszinierende Welt der Tiere taugt das Buch durchaus, ebenso wie als repräsentativer Schinken auf dem Couchtisch (solange der Besuch nicht zu aufmerksam draufschaut). Aber der Band erreicht recht schnell seine Grenzen.
Fazit:
"Tiere – Die große Bild-Enzyklopädie mit über 2.000 Arten" wirkt auf den ersten Blick beeindruckend, kann bei näherem Hinsehen jedoch nicht überzeugen. Dafür konzentrieren sich die Macher zu sehr auf große Zahlen, die es verhindern, dass die Themen und Tierarten genügend Raum erhalten. Auch der starke anthropozentrische Blickwinkel ist aus fachlicher Sicht ärgerlich.
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David Burnie (Hrsg.)
Tiere - Die große Bild-Enzyklopädie mit über 2.000 Arten
Animal
Übersetzer: Dr. rer. nat. Gabriele Lehari (Hauptübersetzerin) u. a.
Erscheinungsjahr: 2006
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Albarello
ISBN: 3-8310-0202-9
624 Seiten
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