Sonea: Die Hüterin
Story:
Zwanzig Jahre sind seit der
Ichani-Invasion vergangen, doch nicht alles verläuft in Imardin, der
Hauptstadt Kyralias, friedlich. Ein Unbekannter ermordet Diebe, die
Gilde hat Probleme mit der Auslegung ihrer Regeln, und eine Droge
namens „Feuel“ berauscht nicht nur die ärmsten Bewohner der
Stadt regelmäßig.
Sonea, die die Stadt nur in Begleitung
betreten darf und sich ganz ihren Hospitälern verschrieben hat,
weihte auf Anraten der Gilde einen Magier namens Kallen in die
Geheimnisse der Schwarzen Magie ein und vertraut ihm nur bedingt.
Zudem möchte ihr Sohn Lorkin nicht länger im Schatten seiner Eltern
stehen und reist als Gehilfe des neuen Gildenbotschafters nach
Sachaka, wo er schon bald in Lebensgefahr gerät. Als dann auch noch
eine wilde Magierin in Imardin auftaucht, hat Sonea alle Hände voll
zu tun.
Meinung:
Trudi Canavans Trilogie „Die Gilde
der Schwarzen Magier“ war ein äußerst erfolgreiches Debüt und
brachte der Australierin Anfang dieses Jahrzehnts viel Aufmerksamkeit
ein, nachdem sie einige Jahre zuvor bereits den „Aurealis-Award“
in der Kategorie „Beste Fantasy-Kurzgeschichte“ gewonnen hatte.
2009 erschien mit „Magie“ das Prequel zu „Die Gilde der
Schwarzen Magier“, ein Jahr später folgte mit „Sonea: Die
Hüterin“ der erste Band einer weiteren Trilogie, die zwanzig Jahre
nach den Ereignissen in „Die Meisterin“ spielt.
Anders als der deutsche Titel vermuten
lässt, steht die Schwarzmagierin Sonea nicht komplett im Mittelpunkt
der Geschichte. Natürlich ist sie als die wohl mächtigste Magierin
der Gilde in viele Dinge involviert, auch wenn sie sich nur langsam,
dafür aber sehr bedacht an den Versammlungen der höheren Magier
beteiligt. Verständlicherweise laufen bei ihr die Handlungsfäden,
die die ehemalige Grafikdesignerin Canavan im Verlauf des Buches
aufbaut, zusammen.
Die Handlung wird aus der Sicht
mehrerer Protagonisten geschildert. So übernehmen sowohl der Dieb
Cery und Gildenbotschafter Dannyl, als auch Soneas Sohn Lorkin
zentrale Rollen. Cery kann sich der Hilfe seiner alten Freundin Sonea
im Kampf gegen die wilde Magierin sicher sein. Lorkin hingegen ist
nach dem Attentat auf seine Person und die anschließende
„freiwillige Entführung“ durch eine Rebellengruppe weites gehend
auf sich allein gestellt. Weder Dannyl noch seine Mutter können ihm
am Ende zur Seite stehen.
Die Charaktere agieren in vielen Szenen
ihrem Stereotyp entsprechend und ihre Reaktionen sind - wie der
gesamte Handlungsverlauf - oft vorhersehbar. Wer würde auch schon
von einer alleinerziehenden Mutter erwarten, dass sie das Schicksal
ihres Sohnes kalt lässt? Vielleicht ist die Vorhersagbarkeit und der
mangelnde Ausbruch aus den vorgeschriebenen Rollen der Tatsache
geschuldet, dass „Sonea: Die Hüterin“ wie ein in die Länge
gezogener, oftmals langatmiger Prolog für die folgenden zwei Bände
wirkt. Auch kommt nur selten wirklich Spannung auf. Dafür überrascht
die Bestsellerautorin in den wenigen spannungsgeladenen Szenen mit
Aktionen, deren Ausgang in der Vorstellung des jeweiligen Charakters
nicht vorhersehbar war.
Canavan nimmt sich viel Zeit, um die
Gedanken- und die Gefühlswelt der Charaktere und die Gesellschaften
der einzelnen Gruppen zu schildern, in denen sie sich bewegen.
Dadurch wirken vor allem die von ihr beschriebenen Länder sehr
real. Gerade durch Lorkins Beobachtungen werden die groben und feinen
Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaften deutlich sichtbar.
Mehr als einmal prallen die unterschiedlichen Weltanschauungen
aufeinander, vor allem was den Umgang mit Mitmenschen betrifft.
Canavan ist zudem das Kunststück
gelungen, Neuleser den Einstieg in die Welt der Magier und ihrer
Gilde zu erleichtern. Es wird keine Vorwissen über die „Die Gilde
der Schwarzen Magier“-Trilogie vorausgesetzt, auch wenn es hier und
da sicherlich nützlich ist. Zumeist werden die wichtigsten Dinge wie
Charakterkonstellationen und Ereignisse durch kurze
Erinnerungssequenzen der Protagonisten erklärt.
Fazit:
„Sonea: Die Hüterin“ wird all
denjenigen gefallen, die nach dem Ende von „Die Meisterin“ eine
Fortsetzung kaum abwarten konnten. Ein großes Plus dieses Bandes
ist, dass die Lektüre auch ohne Vorwissen der vorangegangenen
Trilogie gelesen werden kann. Leider merkt man dem Band an, dass es
sich hierbei um den Auftakt einer weiteren Trilogie handelt, und hier
zum Großteil erst einmal „nur“ die Handlungsfäden für den
weiteren Verlauf gesponnen werden.
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