Die Ritterin des Königs
Story:
Einst war sie die Tochter einer Bauernfamilie. Bis ihre Verwandten während eines Krieges zwangsrekrutiert werden und dabei ums Leben kommen. Nun ist nur noch sie übrig, und sie tut etwas Unvorstellbares. Sie nimmt sich die Rüstung eines toten Ritters, legt sie an und gibt sich fortan als Krieger aus. Und so durchstreift sie die Lande, auf der Suche nach einem glücklichen Leben.
Meinung:
Eine Frau im Mittelalter zu sein war eine schwere Existenz. So gut wie rechtelos konnte mit ihr alles gemacht werden. Und wenn dann auch noch der Mann starb, stand sie ohne jegliche Form von Besitz dar. Doch was wäre, wenn eines Tages eine solche Frau den Einfall hatte, sich als jemand des anderen Geschlechtes auszugeben? Zugegeben, diese Idee des Rollenwechsels ist nicht neu, doch die Art und Weise, wie die Autorin Rose Montero sie präsentiert, hat etwas für sich.
Die Schriftstellerin wurde 1951 in Madrid geboren. Nach einem Studium der Publizistik, Literatur und Psychologie war sie zunächst als Kolumnistin und Sonderkorrespondentin für diverse Medien tätig. Dies änderte sich 1976, als sie Redakteurin bei der Tageszeitung El Pais wurde. Bald darauf wurde sie auch noch eine bekannte Schriftstellerin, die unter anderem für ihren Roman "Die Tochter des Kannibalen" ausgezeichnet wurde. Hauptsächlich hat sie Bücher geschrieben, die in der Gegenwart spielen. "Die Ritterin des Königs" ist ihr erster Band, der in der Vergangenheit angesiedelt ist.
Die junge Leibeigene Leona lebt in Südfrankreich, im 12. Jahrhundert. Während eines Kriegs verliert sie nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihren Verlobten. Vor dem Nichts stehend, fasst sie einen unglaublichen Entschluss: Sie nimmt sich die Rüstung eines toten Ritters, nennt sich Leo und gibt sich fortan als Mann aus. So fühlt sie sich geschützt. Allerdings ist sie nicht in der Lage, Schwert und Speer zu führen und wird deshalb bald das Opfer von Wegelagerer.
Unterstützung findet sie in der merkwürdigen Nyneve. Jene behauptet von sich, über übernatürliche Fähigkeiten zu verfügen. Gemeinsam reisen sie durch das Land, und Leo kriegt von ihrer Begleiterin das Lesen und Schreiben beigebracht. Gleichzeitig absolviert sie eine Ritterschule und weiß sich so schon bald zu wehren. Sie geraten in die Fänge der "Weißen Dame", so wird die kaltherzige Dhuoda genannt, können sich jedoch befreien. Doch ihre Partnerschaft wird bedroht, als sich Leola in den jungen Alchemisten Gastòn verliebt. Für welche Seite entscheidet sich die Frau in der Rüstung?
Es ist also eine faszinierende Grundidee, auf der das Buch von Rosa Montero aufbaut. Und sie macht das Beste daraus. Das fängt schon bei der Charakterisierung von Leona an, die sich in ihrer Rolle trotz Anfangsschwierigkeiten behaupten kann. Gleichzeitig begeht die Autorin auch nicht den Fehler, sie zu männlich darzustellen. Zwar verschweigt sie nicht, dass die Rolle "Leo" Konsequenzen hat, so tötet die Protagonistin diverse Male, doch gleichzeitig macht sie auch klar, dass hinter der Maske eine Frau steckt.
Die Geschichte wird gänzlich aus der Perspektive von Leona erzählt. Dies ist zuerst gewöhnungsbedürftig, da sie dadurch naturgemäß stark subjektiv gefärbt wird. Doch hat dies seine guten Seiten, wie man an der Person Nyneve erkennt. Sie behauptet von sich eine Magierin zu sein, doch Leona weiß nie so ganz genau, ob diese Aussage wahr oder falsch ist. Hier wird die Ego-Sicht sehr gut genutzt.
Doch leider hat die Geschichte einige Längen. Es gibt immer wieder Passagen, in denen nichts passiert, außer dass Leo und Nyneve eine Pause einlegen. Und dies tun sie des Öfteren, so dass es schnell langweilig wird.
Das ärgerlichste ist jedoch die Art und Weise wie die Autorin mit der Vergangenheit umspringt. Eigentlich würde man von einem historischen Roman eine gewisse Exaktheit erwarten, was geschichtliche Ereignisse angeht. Nicht so in "Die Ritterin des Königs". Freimütig gesteht die Autorin im Nachwort, dass sie mehrere Jahreszahlen und Vorkommnisse zu Gunsten ihrer Geschichte angepasst hat.
Diese historische Ungenauigkeit ist es dann auch der Hauptgrund für "Für Zwischendurch"-Wertung. So etwas gehört sich einfach nicht in einem Historien-Roman.
Fazit:
Rosa Montero schreibt mit "Die Ritterin des Königs" ihren ersten Historischen Roman. Das Buch hat eine faszinierende Grundidee, nämlich dass eine Frau im Mittelalter sich als Ritter ausgibt. Und die Autorin macht daraus das Beste. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Leona erzählt, was sich insbesondere bei der Darstellung von Nyneve, ihrer Weggefährtin, bezahlt macht. Man fragt sich gemeinsam mit der Protagonistin, was an den Geschichten jener Frau wahr ist, und was nicht. Leider hat der Band einige Längen, in denen das Paar Pausen einlegt. Da in diesen nichts passiert, gehen sie schon bald auf die Nerven. Doch das größte Manko ist historische Ungenauigkeit, die die Autorin in ihre Geschichte einbaut. Schade, aber so kann man den Roman nicht jedem empfehlen.
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