The Art of Tangled
Story:
Wie werden mehr als 20 Meter Haare durch den Computer dargestellt? Wie wurde das Grimmsche Märchen "Rapunzel" zum Disneystreifen "Tangled", " und welche Unterschiede gibt es zwischen literarischer Vorlage und Neubearbeitung? Welche Charaktere gibt es, welche Figuren haben welche markanten Eigenheiten? Ist die Titelfigur eher verträumt oder eher selbstbewusst?
Meinung:
Im folgenden Text wird ein Filmbuch von Hyperion Books besprochen. "The
Art of Disney`Tangled" (in Deutschland: "Rapunzel- neu verföhnt") von Jeff Kurtti ist für
Animationsfans oder Leute, die den Dingen gerne auf den Grund gehen,
geschrieben. Er schrieb bereits "The art of Mulan (1998)" und
"The art of- The princess and the frog (2009)". Seine Bücher sind zwar nur auf Englisch erhältlich, aber dafür jedoch reichlich bebildert.
"The art of
Tangled" beantwortet kleine und große Fragen des (3-D)-Filmemachens.
Ergiebigere Quellen als diese sind schwerlich zu finden, da die beiden
Regisseure zu Wort kommen und Konzeptskizzen vieler Zeichner abgedruckt
sind. Die Entwürfe wurden mit Bleistift, Ölfarben, Graphit oder am
Computer erstellt.
Seit Jahren erscheinen Bücher mit Hintergrundinformationen zu den großen Animationsfilmen ("Bolt", "Area 51", "The princess and the frog"). In diesem Couchtischbuch (wegen des großen Formats) führt der Autor den Filminteressierten in die Entstehungsgeschichte von Disneys 50. Animationsfilm "Rapunzel- neu verföhnt" ein. Pixar-Chef John Lasseter, der auch für "Tangled -so der Originaltitel-(verworren oder zerzaust) verantwortlich ist, weist zu Beginn darauf hin, dass Bände wie dieser die einzige Möglichkeit seien, jedermann die kreativen Prozesse wie zum Beispiel Bleistiftskizzen, Charakterstudien, oder künstlerische Einflüsse zu veranschaulichen.
Auf ein Vorwort der Regisseure Nathan Greno und Byron Howard folgen acht Kapitel, die auf der Chronologie des Filmes aufbauend, die "Geburt" der Prinzessin Rapunzel schildern. Natürlich lernt der Leser auch den Helden Flynn Rider kennen, der im Jahr 2000 noch "Prinz Bastian" hieß und im Arbeitsprozess großen Veränderungen unterworfen wurde. Auch Fans der Bösewichte kommen auf ihre Kosten, denn abgebildet sind viele Entwürfe für die Schurkin "Mutter Gothel". Außerdem befinden sich viele Inspirationsquellen für die Handlungsorte des Wirtshauses "Zum Quietscheentchen" und des Königreiches, letzteres wurde von der Stadt auf dem Berg (Mont St. Michel) beeinflusst, im Buch. Rapunzels Turm wird als "luxuriöses Gefängnis" interpretiert. Dank ihrer vielen Hobbies und der Vorstellungskraft der Zeichner kann sich der Zuschauer durchaus vorstellen, eine Zeit hier zu verbringen (wenn auch nicht 18 Jahre wie Rapunzel).
Wer denkt, an "Rapunzel" würde erst seit einigen Jahren gearbeitet, der irrt. Schon seit Ende der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts lagen viele Konzepte zu kommenden Disneyklassikern in den Disneyarchiven, als da wären: "Rapunzel", "Alice im Wunderland", "Hans und die Bohnenranke", "Aschenputtel", "Die kleine Meerjungfrau" und "Die Schöne und das Biest".
Nach und nach wurde alles realisiert (nur bei "Hans und die Bohnenranke" blieb es bei einem Kurzfilm). Doch bei Rapunzel haperte es immer an den Haaren. Es gab einfach noch nicht die technischen Möglichkeiten, sie natürlich schwingend und leuchtend darzustellen. Doch in den neunziger Jahren reifte die Technik heran, 1996 schließlich feierte Pixars "Toy Story" riesige Erfolge und legte den Grundstein für eine neue Variante des Animationsfilms.
Nach einigen Niederlagen mit eigenen 3-D Projekten wie zum Beispiel "Himmel und Huhn" kaufte Disney Pixar auf. CNN.com berichtete 2006, dass beschlossen wurde, die kreativen Energien zu bündeln. Disney hatte bis dahin alle Pixarfilme herausgebracht, doch zwei Firmen mit zwei Gruppen von Aktieninhabern ließen das Arbeiten an einem Strang nicht zu. Pixarchef John Lasseter (ein ehemaliger Disneyverantwortlicher) wurde wieder im "Maushaus" angestellt und zum Chef der Kreativabteilung ernannt.
Dank ihm und Glen Keane, dem Zeichner der den Hauptfiguren "Arielle", dem "Biest", "Pocahontas" und "Tarzan" Leben einhauchte, wurde aus der geplanten Märchenparodie á la "Shrek" (Dreamworks) eine Erzählung mit Figuren, die einen modernen Touch haben. Wer die Vorlage der Brüder Grimm kennt findet in "Rapunzel" den Turm, den Spruch: "Lass dein Haar herunter!", die erlösenden Tränen und die kummervollen Eltern wieder, die ihr Kind verlieren. Die Haare der Heldin erinnern mit ihrer vielfachen Einsetzbarkeit an den sprungfederartigen Schwanz des französischen Marsupilamis. Die Haarpracht ist etwa 22 Meter lang und extrem haltbar, und kann beispielsweise als Seil oder Schaukel benutzt werden.
Das Layout des Buches besteht aus Mustern und Hintergründen, die auch im Film verwendet wurden. Jene sind zum Teil von Rembrandt inspiriert, aber auch von "Pinocchios" Dorf, "Dornröschens" Wald, und "Aschenputtels" Eleganz. Somit ist das Werk ein Rundumerlebnis für den Leser. Er bekommt alle zeichnerischen Entwicklungsschritte zu sehen, die zu einem fertigen Filmmoment führen, also Figuren, Landschaften, Handlungsorte.
Fazit:
Fans lieben dieses Buch ("The Art of Tangled") weil sich Fragen der
Entstehungsgeschichte in Rauch auflösen. Sie erfahren, dass die
Charaktere körperlich und seelisch dreidimensional sind. "Realisten"
können einerseits sehen, wie viel Arbeit und Zeit hinter einem
Animationsfilm steckt, andererseits das Buch an einen Liebhaber
verschenken.
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Jeff Kurtti
The Art of Tangled
Originalsprache: Englisch
Erscheinungsjahr: 30.11.2010
Autor der Besprechung:
Judith M. Schepers
Verlag:
Chronicle Books
Preis: € 49,17
ISBN: 978081187554
160 Seiten
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