Der Musentempel
Story:
Die letzten Jahren der römischen Republik, diesmal aber nicht in Rom. Nachdem Decius Caecilius Metellus schon mehrfach sehr mächtigen Männern auf die Zehen getreten ist, schickt die Familie ihn lieber für einige Zeit weit, weit weg. Da trifft es sich gut, dass Metellus Creticus zu einer diplomatischen Mission nach Ägypten aufbricht. Decius schließt sich der Delegation auf dem Weg nach Alexandria an.
Dort sollte er eigentlich seine Zeit mit Empfängen, Zeremonien und nettem Geplauder am Hof von König Ptolemaios verbringen. Aber Decius wäre nicht Decius, wenn er nicht auch am Nil in Schwierigkeiten geraten würde. Der Mord an einem Wissenschaftler am berühmten Museion weckt seine Neugier, und er beginnt zu ermitteln. Sollte der kluge Mann etwa nicht nur Schleusen für den Nil entwickelt haben, sondern auch Kriegsmaschinen? Welche Rolle spielt der Gesandte des letzten Rivalen Roms in der Region, Parthiens? Und was hat der halbseidene Prophet eines merkwürdigen Gottes, der gerade die neueste religiöse Mode bei Hofe darstellt, mit allem zu tun? Auch weit weg von Rom kommt Decius Caecilius Metellus dunklen Machenschaften auf die Spur. Deren Urheber sind gar nicht begeistert von seiner Schnüffelei, und bald muss Decius wieder einmal um sein Leben fürchten...
Meinung:
Nach drei Abenteuern in der Ewigen Stadt verschlägt es unseren Helden diesmal nach Alexandria. Decius Erlebnisse im offiziell unabhängigen Ägypten, in dem aber schon lange Rom den Ton angibt, sind auch diesmal in einen stimmigen historischen Kontext eingebettet. Das Verbrechen, dem er auf die Spur kommt, ist jedoch im Gegensatz zu den vorherigen Bänden nicht historisch (oder zumindest nicht überliefert). Trotzdem lässt der Autor gleich eine ganze Schar bekannter und weniger bekannter historischer Persönlichkeiten auftreten.
Eine gewisse Prinzessin, die Decius als Zehnjährige zum ersten Mal begegnet, sollte jedermann bekannt sein. Der "Flötenspieler" Ptolemaios XII. Auletes ist da schon eher ein Thema für Interessierte, aber auch der makedonische General Achillas, mit dem sich Decius anlegt, ist historisch. Zwar mögen nicht alle Details stimmen, was in einigen Fällen offenbar Nachlässigkeiten bei der deutschen Übersetzung geschuldet ist, aber insgesamt bekommt der Leser ein realistisches Bild des Ägyptens ganz knapp vor der Herrschaft Kleopatras.
Über die Schilderung der exotischen Kulisse geht der Kriminalfall fast ein wenig unter. Wie schon von der "SPQR"-Reihe gewöhnt, handelt es sich weniger um einen reinrassigen Krimi, sondern eher um einen Thriller oder Abenteuerroman mit Decius' Ermittlungen als Antrieb der Handlung. Wer kunstvoll gelegte falsche Spuren und knifflige Rätsel sucht, ist hier nicht beim richtigen Roman. Die Spannung in "Der Musentempel" wird weniger durch die Frage erzeugt, wer denn hinter allem steckt, als mehr durch die Frage, ob Decius lange genug überleben wird, um den Schurken das Handwerk zu legen.
Denn spannend ist das Buch durchaus. Roms wohl neugierigster Senator ist auf ungewohnten Terrain unterwegs und kann sich keine Hilfe von seinen Freunden, insbesondere dem Bandenchef und aufstrebenden Politiker Milo, erhoffen. Feinde macht er sich dafür schnell, und auch seine Vorgesetzten an der römischen Botschaft sind eher erbost über die Unruhe, die seine Ermittlungen auslösen, als dass sie Decius unterstützen würden. Wenigstens seine Verlobte Julia, den Arzt und Wundenexperten Asklepiodes und den frechen Sklaven Hermes hat Decius an seiner Seite.
Apropos Julia, die Tatsache, dass Decius sozusagen sesshaft geworden ist, hat zur Folge, dass er diesmal nicht wie in früheren Bänden mit der "Schönen des Romans" in's Bett steigt. Zwar begleitet er eine prominente griechische Hetaira in ein Etablissement, das wir heute wohl "Nachtclub" nennen würden - selbstverständlich rein im Dienste der Ermittlungen, um eine wichtige Zeugin bei Laune zu halten. Aber eine richtige "Sexszene" gibt es in dieser Folge der Reihe nicht.
Von einem gewissen Maß an Gewalt und Blut abgesehen eignet sich "Der Musentempel" dadurch auch für jüngere Leser. Die üblicher Portion historisches Hintergrundwissen, die der Autor vermittelt, wird auch diesesmal unaufdringlich und ohne belehrenden Zeigefinger an den Mann gebracht, so dass sie nicht übel auffällt.
Fazit:
Ein weiterer Band aus der SPQR-Reihe. Außer dass dem Autor die historisch belegten großen Verbrechen ausgegangen sind und Decius diesmal in Alexandria ermittelt, wie gehabt: Ein Abenteuerroman mit einer gehörigen Portion historischem Wissen im Gewand eines Krimis.
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John Maddox Roberts
Der Musentempel
The Tempel of the Muses
Übersetzer: Kristian Lutze
Erscheinungsjahr: 2004
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Goldmann Verlag
Preis: € 5,00
ISBN: 978-3-442-55358-7
288 Seiten
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