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Minen, Dynamit und der Nobelpreis: Die Geschichte
Im 19. Jahrhundert stand der Name Nobel vor allem für eins: Für den Krieg. Immanuel Nobel war ein schwedischer Ingenieur und Erfinder, der Gebäude und Brücken baute. Nachdem der Verlust einiger Lastkähne mit Baumaterial und der Brand des Wohnhauses der Familie sein Unternehmen in den Bankrott getrieben hatten, siedelte die Familie Nobel auf der Flucht vor den Gläubigern 1833 nach Russland über. Dort baute Immanuel Nobel einige Hüttenwerke auf, die für die russische Armee arbeiteten. Eine der wichtigsten Entwicklungen des neuen Unternehmens, die erste zuverlässig funktionierende Seemine, legte den Grundstein für das Vermögen der Familie. Aber auch andere Erfindungen, viele davon rund um das Militär, stammten von Immanuel Nobel, darunter ein Schnellfeuergewehr, ein Militärrucksack aus Kautschuk oder ein Zentralheizungssystem, in dem warmes Wasser zirkulierte.

Der Wohlstand seiner Familie ermöglichte Immanuels Söhnen – darunter auch der zweitjüngste, der 1833 geborene Alfred Bernhard – eine erstklassige Ausbildung durch Privatlehrer. Der junge Alfred interessierte sich neben Chemie und Physik vor allem für englische Literatur und Lyrik. Das missfiel seinem Vater, der den Jungen für zu introvertiert hielt, und er schickte Alfred auf eine zweijährige Studienreise. Von 1850 bis 1852 bereiste Alfred Nobel Schweden, Deutschland, Frankreich und die USA. Besonders wichtig für seine Zukunft und die seiner Familie sollte ein Mann werden, den er in Paris kennen lernte: Ascanio Sobrero, ein junger italienischer Chemiker, der drei Jahre zuvor das Nitroglyzerin entdeckt hatte. Allerdings galt der ebenso höchst wirksame wie auch höchst unkalkulierbare Sprengstoff als zu gefährlich für den praktischen Einsatz.

Als der Krimkrieg 1856 zu Ende ging und Nobels Förderer Zar Nikolaus I. starb, geriet die Familie abermals in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die beiden ältesten Söhne Immanuels, Ludvig und Robert, übernahmen die Firma in St. Petersburg, der Rest der Familie zog zurück nach Schweden. Dort baute Immanuel Nobel gemeinsam mit Alfred und dem jüngsten Bruder Emil erneut ein erfolgreiches Unternehmen auf: „Nobels sprängolja“ war ein Sprengstoff auf der Basis von Nitroglyzerin, der stabil genug war, um ihn im Bergbau und auf anderen Gebieten einzusetzen.

1866 kamen bei einer Explosion, ausgelöst durch Experimente mit Nitroglyzerin, Emil und mehrere Arbeiter ums Leben. Immanuel kam über diesen Verlust nie hinweg und starb am Jahrestags des Unglücks acht Jahre später. Die Behörden verboten Alfred Nobel weitere Experimente in Stockholm, weshalb er das Labor ins deutsche Krümmel nahe Hamburg verlegte. Dort entdeckte Nobel auch, dass Nitroglyzerin gemischt mit Kieselgur eine stabile, breiige Masse ergab, die gezielt gezündet werden konnte. Seiner neue Erfindung gab Alfred Nobel den Namen „Dynamit“. Der neue Sprengstoff wurde schnell zum Erfolg, nicht nur bei den Militärs diverser Länder, sondern auch für den Abbau beim gerade grassierenden Diamantenfieber.

Alfred Nobel war sich im Klaren darüber, dass die meisten seiner Erfindungen für den Krieg und zum Töten von Menschen dienten. Aber obwohl er den Krieg hasste, versuchte er, immer bessere und effektivere Sprengstoffe zu entwickeln, mit einem Hintergedanken: Seine Waffen sollten so schrecklich werden, dass sich niemand mehr wagen würde, sie einzusetzen. Aber auch der Forscherdrang spielte sicher eine Rolle. Auf dem Firmengelände in Krümmel wurde noch bis 1945 Sprengstoff produziert, seit den Achtzigern ist dort eine andere gefährliche Technologie angesiedelt – das Kernkraftwerk Krümmel.

Am 10. Dezember 1896 starb Alfred Nobel in San Remo, wohin er 1891 übergesiedelt war. Als sein Testament eröffnet wurde, erlebte die Welt eine Überraschung: Anstelle sein Vermögen – über dreißig Millionen Kronen – seiner Familie zu hinterlassen, stiftete er davon fünf Preise auf den Gebieten der Chemie, Physik, Physiologie oder Medizin, Literatur und dem Streben nach Frieden. Ausgezeichnet werden sollten Menschen, die auf dem jeweiligen Gebiet herausragende Entdeckungen gemacht haben, die beste literarische Arbeit mit einer idealisierenden Tendenz geschrieben haben oder am meisten für den Frieden zwischen den Nationen und die Verkleinerung von Armeen geleistet haben.

Die Vollstrecker des Testaments waren die beiden jungen Ingenieure Ragnar Sohlman und Rudolf Lilljequist. Sie gründeten die Nobel Foundation, die die Gelder verwalten und die Vergabe der Nobelpreise koordinieren sollte. Dabei machten vor allem Einsprüche aus Nobels Familie und von Behörden aus verschiedenen Ländern Schwierigkeiten. Aber 1901 wurden die Preise zum ersten Mal vergeben, und seither haben sie sich zu den wichtigsten Auszeichnungen auf ihren jeweiligen Gebieten entwickelt. Bis heute kann die Nobel Foundation aus den Zinsen von Alfred Nobels Vermögen die Nobelpreise finanzieren. Und so warten Jahr und Jahr aussichtsreiche Kandidaten auf den berühmten Anruf aus Stockholm, so gibt es Jahr um Jahr Diskussionen und Spekulationen darüber, wer es wohl diesmal sein wird, und später Diskussionen darüber, wer den Preis eher verdient hätte als der tatsächlich Ausgezeichnete.


Special vom: 12.10.2006
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
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Der Preisträger 2006: Orhan Pamuk
Die Preisträgerin 2007: Doris Lessing
Der Preisträger 2008: Jean-Marie Gustave Le Clézio
Fakten rund um den Nobelpreis für Literatur
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