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Unter Tränen gelacht: Mein Vater, die Demenz und ich

Story:

Besonders im Norden Deutschlands ist Bettina Tietjen als langjährige Moderatorin in Radio und Fernsehen vermutlich vielen ein Begriff. Die stets selbstbewusst und fröhlich wirkende Blondine ist seit vielen Jahren Gastgeberin auf dem roten Sofa bei der Sendung "DAS!" und hat auch eine gemeinsame Talkshow mit Alexander Bommes. Das vorliegende, sehr persönliche Buch erzählt die Geschichte der Demenzerkrankung des Vaters der Autorin und schildert den Verlauf dieser gefürchteten, immer häufiger auftretenden Krankheit, die nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für deren Angehörige eine große Belastung darstellt. Die Wahlhamburgerin schlägt im Verlauf ihrer Erzählung den Bogen von ersten Unsicherheiten im Alltag über eigene Herausforderungen beim Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen bis hin zur letzten Lebensphase ihres Vaters.

Ich muss gestehen, dass ich jemand bin, der um Bücher dieses Genres - nennen wir es "traurige Geschichten, die das Leben schreibt" - eher einen großen Bogen macht. Ausgenommen davon sind bisher nur grundlegend positive Kurzbiografien oder Reiseberichte. Das Stichwort Demenz im Titel lässt allerdings bei mir keine positiven Assoziationen entstehen. Doch, so viel sei hier schon verraten, es gelingt der studierten Germanistin dem Buch die erwartete Schwere auf dem Großteil der Seiten zu nehmen und so manches Mal musste ich schmunzeln.



Meinung:

Geschickt erzählt
Im Verlauf des Buches berichtet die Autorin, wie Sie die letzte Lebensphase Ihres Vaters in einer Pflegeeinrichtung mit einer speziellen Abteilung für Demenzkranke in Hamburg intensiv begleitet hat. Diese trotz des ernsten Tenors mitunter wirklich lustigen Schilderungen werden immer wieder von kurzen Rückblenden unterbrochen, in denen wir als Leser in die Biographie der Autorin, aber auch die Wurzeln ihres Elternhauses eingeführt werden.

Durch diese wechselnde Erzählweise bleibt das Buch im Verlauf unterhaltsam. Wir begleiten die Autorin und ihre Schwester beim gemeinsamen Besuch mit dem Vater beim Neurologen, bei lange zurückliegenden Familienfesten und erfahren aus welcher Familie der Vater stammte, was ihm der Beruf als Architekt bedeutet hat, welche Themen früher seinen Alltag bestimmt haben und welche bis jetzt lebenslangen Grundsätze für ihn in der nun folgenden Lebensphase plötzlich an Bedeutung verlieren.

Währet den Anfängen
Der Konflikt in dem sich Angehörige befinden, die einen an Demenz Erkrankten mit Würde behandeln, aber dennoch in Sicherheit wissen wollen, ist in vielen Situationen schmerzhaft klar nachvollziehbar. Da geht es beispielsweise um Themen wie das selbstständige Autofahren, windige Vertreter für Zeitungsabonements, die fette Beute wittern, die Lücke, die durch den Ruhestand entsteht, das Zusammenleben mit nur gebrochen deutsch sprechenden Pflegehelferinnen und vieles mehr. Jede einzelne Herausforderung muss mit Bedacht angegangen werden, damit der Betroffene sich nicht entmündigter als nötig führt. Die Autorin schafft es deutlich zu machen, dass hier kein Weg als "richtig" oder "falsch" zu beschreiben ist, sondern das Einfühlsamkeit und ein langer Atem nötig sind, um eine für alle erträgliche Lebenssituation zu schaffen und zwar immer wieder dann, wenn die Krankheit zu erneuten Einschränkungen führt.

Mut zum Fehler
Auch wenn ich es als angenehm empfunden habe, dass die Autorin als natürlich emotional Beteiligte nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt, glaube ich zwischen den Zeilen doch hin und wieder etwas Unverständnis für jene Angehörigen zu entdecken, die mit der emotionalen Herausforderung einer Demenzerkrankung nicht so offensiv wie Frau Tietjen umgehen können. Aber ein solches Buch zu schreiben, ohne einen subjektiven Standpunkt einzunehmen, halte ich auch für nahezu unmöglich.

Immer wieder stellte der Umgang mit dem veränderten Vater und den anderen Demenzkranken die Autorin vor neue Herausforderungen und natürlich muss da vieles erst einmal gelernt werden. Zum Beispiel korrigiert man die Betroffenen nicht, um keine Verunsicherung herbeizuführen. Manch einer kann von den Hinweisen wohl profitieren und findet selbst erlebte Schwierigkeiten wieder.

Ein Blick hinter die Kulisse
Das deutsche Gesundheitssystem ist weltweit eines der besten. Dennoch oder gerade deswegen sind wir stets in Sorge darum und viele Bereiche bleiben für Laien ein Buch mit sieben Siegeln.

Auch für die Autorin waren Pflegeheime mit speziellen Bereichen für Demenzkranke, minutengenaue Buchhaltung des Pflegeaufwandes bis hin zur Intimpflege, die verschiedensten Gesichter der Krankheit die Betroffene zum Beispiel ins kindlich-anhängliche oder andererseits in aggressive Verhaltensweisen zwingt, eine ständige Herausforderung. Mit einem offenem Blick und journalistischer Neugier stellt Frau Tietjen den einen oder anderen Missstand vor, ohne allerdings den Zeigefinder zu erheben oder gar eine übertrieben einfache Lösung zu präsentieren.



Fazit:

Für jeden, der sich schon einmal mit dem Thema Demenz auseinandersetzen musste, wird das Buch viel Vertrautes beinhalten und gerade die Ähnlichkeit der Erfahrungen könnte beim eigenen Umgang bereichern. Aber auch Interessierte Leser, für die derartige Themen völliges Neuland sind, liegen mit dem wirklich kurzweiligen und unterhaltsamen Buch goldrichtig. Der Titel könnte den Inhalt kaum besser beschreiben.



Unter Tränen gelacht: Mein Vater, die Demenz und ich - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Bettina Tietjen
Unter Tränen gelacht: Mein Vater, die Demenz und ich
Erscheinungsjahr: 09.03.2015



Autor der Besprechung:
David Weigel

Verlag:
Piper

Preis:
€ 19,99

ISBN:
978-3492056427

304 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Ein gesellschaftlich sehr aktuelles Thema
  • Persönliche Einblicke unter Wahrung der Menschenwürde
  • Mitunter traurige Themen mit eine Prise Humor bearbeitet
  • Offen und ehrlich auch über eigene Herausforderungen gesprochen
Negativ aufgefallen
  • Mitunter vielleicht ein etwas zu optimistischer Blick auf das was Angehörige leisten können (sollten)
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Rezension vom: 01.06.2016
Kategorie: Erlebnisberichte und Tagebücher
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