Ketzer
Story:
Der Mönch Giordano Bruno flüchtet 1583 vor der römischen Inquisition nach England, um Schutz innerhalb der anglikanischen Kirche zu suchen. Sein Weg führt ihn nach Oxford, wo er als Spion von Francis Walsingham, dem "Geheimdienstleiter" der Queen, Katholiken finden und denunzieren soll. Doch nach seiner Ankunft geschieht ein grausamer Mord und Bruno wird gebeten, zu ermitteln. Er stößt auf Verschwörungen, die sich durch das gesamte College ziehen. Während er immer tiefer in die Ermittlungen eintaucht, geschehen zwei weitere Morde. Bruno arbeitet so gut er kann, denn er hat Angst um das Leben der Tochter des Rektors, Sophia; für die er heimlich Gefühle entwickelt.
Meinung:
Stephanie Parris ist das Pseudonym der Autorin Stephanie Merritt. Unter ihrem richtigen Namen veröffentlicht sie Literaturkritiken im " Guardian" oder im "Observer". Als Stephanie Parris veröffentlicht sie Romane. Während ihres Studiums in Cambridge wurde sie vom elisabethanischen Zeitalter fasziniert, was sie schließlich zu mittlerweile 4 Romanen über den freidenkenden Mönch Giordano Bruno inspirierte. (Der vierte Roman "Treasure" ist in Deutschland noch nicht erschienen).
Giordano Bruno und auch viele weitere Figuren in diesem Roman gab es wirklich. Das fällt dem Leser leider ohne Internetsuche nur auf, wenn er sich nicht mit der Renaissance und den Glaubenskriegen in Europa auseinander gesetzt hat. Der Mönch lebte von 1548 und 1600, er wurde in Italien geboren und später verbrannt, dazwischen bereiste er aber ganz Europa, immer auf der Flucht vor denen, denen seine revolutionären Theorien nicht gefielen. Er war mit der erste, der behauptete, die Sonne sei nicht nur der Mittelpunkt unseres Sonnensystems und drumherum wäre eine göttliche Sphäre. Seiner Ansicht nach, war das Universum unendlich und es gab unendlich viele Sonnen, Planeten und die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwo noch einmal intelligentes Leben gibt war zumindest da.
In diesem Buch wird aus dem Gelehrten Bruno ein Ermittler. Es ist fraglich ob diese Verwandlung sinnvoll ist. Giordano ist ein unbeugsamer, eingebildeter und teilweise auch naiver Hauptcharakter. Dem Leser fällt es oft schwer, seine Handlungen nachzuvollziehen und mit seinen Taten mitzufiebern. Dadurch wirken das Buch und die Hauptfigur häufig etwas hölzern. Vielleicht wäre es besser gewesen, als Hauptcharakter eine fiktive Figur zu wählen, welche sich freier zwischen den historischen Charakteren bewegen kann. So ist zwar überliefert, dass Sir Phillip Sidney und der Mönch sich kannten, eine enge Freundschaft entspringt hingegen alleine der Fantasie der Autorin. Es wäre schön, wenn von der Autorin, die sich sehr gut auf ihrem Gebiet auskennt, ein paar Worte bezüglich des Wahrheitsgehalts des Buches, zum Beispiel den Aufbau von Oxford mit seinen verschiedensten Colleges, mit eingefügt worden wären.
Trotzdem ist das Buch spannend, da keinem Charakter vertraut werden kann. Jeder hat Ecken, Kanten und vor allem Geheimnisse. Vielleicht wird besonders durch diese Geheimnisse, die Stimmung des Jahrzehnts besonders deutlich, als den katholischen Glauben auszuüben schnell zur Todesstrafe führte.
Etwas negativ anzumerken sind die äußerst langen Monologe, die Bruno mit sich selber führt, während er einen Fall löst. Häufig genau in der Szene, in der er wichtige Informationen erfährt oder in Lebensgefahr schwebt.
Hinzukommt, dass die Flucht Brunos aus Italien, welche im ersten Kapitel spannend und lustig beschrieben wird, zu keinem Zeitpunkt weiter fortgesetzt wird.
Die Sprache des Buches ist flüssig und gut lesbar, die Kapitel sind genau richtig lang, dass man gerne noch eines Lesen möchte um zu erfahren wer der Mörder ist und ob Bruno es schafft ein verschollenes Buch zu finden.
Fazit:
Das Buch ist faszinierend und fesselnd. Es erzählt über eine spannende Zeit, über die vielleicht viele Engländer sehr gut Bescheid wissen, hier hingegen eher nicht. Deshalb ist es schade, dass man erst durch weiteres Suchen merkt, dass viele der Hauptcharaktere wirklich gelebt haben und auch miteinander vernetzt waren.
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