Undercover-Dschihadistin: Wie ich das Rekrutierungsnetzwerk des Islamischen Staats ausspionierte
Story:
Anna Erelle ist Journalistin, die sich auf Reportagen über radikale islamische Organisationen spezialisiert hat. Eines Tages nimmt ein Dschihadist mit ihr Kontakt auf, über einen Fake-Account von ihr. Und was dann folgt, verändert ihr Leben.
Meinung:
Es vergeht kaum ein Tag, in dem nicht eine neue Nachricht
von irgendwelchen Gräueltaten der islamistischen Organisationen erscheint. Seien
es die IS oder Al Qeada oder Neuigkeiten über Rekruten, die das Land verlassen.
Es gibt kein Entkommen vor diesem Thema. Und umso wichtiger sind die Bücher,
die einen Hintergrund für diese Ereignisse bieten. Die sich mit dem islamischen
Staat an sich beschäftigen oder, wie im Falle von Anna Erelle, die Methoden
offenlegen, mit denen diese Fanatiker Nachschub rekrutieren.
Dabei hat Anna Erelle einen hohen Preis dafür bezahlt. Denn
es handelt sich hierbei um ein Pseudonym, da die Reporterin um ihr Leben
fürchten musste und seitdem von der Polizei geschützt untergetaucht lebt. Ihr
Buch erschien in Frankreich einen Tag nach dem Attentat auf die Redaktion der
Zeitschrift Charlie Hebdo.
Dabei war es eigentlich nur Zufall, der dafür sorgte. Die
Journalistin hat einen Fakeaccount unter Facebook. Melodie ist dort ihr Name.
Und eben auf jene ist eines Tages der Dschihadist Bilel zugetreten. Was folgte,
war eine Phase in ihrem Leben, die sie für immer veränderte.
Fast hat das, worüber sie berichtet, etwas Komisches. Wie
sie in der Rolle der naiven und unbedarften Melodie den erfahrenen Krieger
teilweise in die Ecke drängt, wo er dann herumdruckst oder ungenaue Äußerungen
von sich gibt. Da kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Doch dabei hat die Angelegenheit einen ernsten Hintergrund.
Was zunächst wie eine bloße Spielerei anfängt, entwickelt sich immer mehr zu
einer Belastung für die Journalistin. Immer mehr übernimmt Melodie quasi ihr
Leben und zwingt sie förmlich dazu, eine gespaltene Persönlichkeit zu
entwickeln. Selbst im Urlaub kann sie nicht ohne sie existieren, übernimmt die
Arbeit einen Teil ihrer Freizeit. Entspannen oder Vergnügen mit ihrer Freundin
ist nicht.
Und doch hält sie durch. Das nötigt Respekt ab, den man
ohnehin schon vor ihrer Arbeit ab. Man merkt, wie ihr das Rollenspiel
irgendwann wirklich alles abverlangt. Und doch kann sie nicht anders. Sie muss
und will die Wahrheit herausfinden, wieso es Dschihadisten so einfach gelingt,
junge Frauen quasi dazu zu überzeugen, alles hinter sich zu lassen, um in die
Fänge der IS zu reisen. Und das arbeitet sie wunderbar heraus.
Ihr Gegenpart ist dabei Bilel. Ein arroganter Mistkerl, der
sehr von sich und der Sache des IS überzeugt ist. Wiederholt wird deutlich,
dass auch er ein falsches Spiel spielt. Er hält wenig von seinem Gegenüber und
kann das nicht immer verheimlichen. Wenn man dann so liest, was er von sich
gibt, läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken.
Und noch einen Effekt hat dieses Buch. Es zeigt, welche
Macht die sozialen Webseiten haben. Denn ohne Skype oder Facebook wäre all das,
was Anna Erelle berichtet, nicht möglich.
„Undercover Dschihadistin“ ist ein beeindruckendes und
bedrückendes Werk. Es ist außerdem ein „Klassiker“ und verdient den
„Splashhit“.
Fazit:
Was Anna Erelle in "Undercover Dschihadistin" berichtet, mag auf dem ersten Blick abstrus und komisch wirken. Doch dann wird einem das Lachen vergehen, weil die Angelegenheit wirklich einen ernsten Hintergrund hat. Man hat großen Respekt vor der Leistung der Autorin, die richtig schizophrene Züge entwickelt. Ihr Gegenpart wirkt arrogant und dadurch gefährlich. Und es zeigt, welche Macht Facebook entwickelt hat.
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