Still Alice: Mein Leben ohne Gestern
Story:
Alice ist Harvard Professorin für Psychologie. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie reist viel und geht in ihrem Beruf auf. Doch um ihren 50. Geburtstag herum bemerkt sie vermehrt Gedächtnisausfälle und Orientierungsschwierigkeiten. Sie verläuft sich auf ihrer gewohnten Joggingstrecke und vergisst zu einer Konferenz zu fliegen. Besorgt geht sie zum Arzt, der ihr die niederschmetternde Diagnose mitteilt. Alzheimer, die früh eintretende Form. Sie möchte es zuerst nicht wahr haben, doch ein Gentest bestätigt die Diagnose. Ihr Leben aber auch das von ihrer Familie beginnt sich daraufhin zu ändern.
Meinung:
"Ich vermisse mich selbst."
"Ich vermisse dich auch, Ali, so sehr"
"Ich hatte nie vor, so zu werden."
"Ich weiß"
(Still Alice, S.309)
Alice ist fünfzig und Harvard Professorin und Alice hat Alzheimer. Mit jedem Tag verliert sie sich und ihr altes Leben ein bisschen mehr.
Die Autorin Lisa Genova weiß wovon sie schreibt und das merkt man auch im Buch. Sie absolvierte ein Psychologiestudium in Harvard und promovierte in Neurowissenschaften. Damit kennt sie sich nicht nur bestens mit Alzheimer aus, sondern auch mit der Welt in der Alice lebt. Sie beschreibt sehr genau das Büro von Alice und die Struktur im psychologischen Institut in Harvard, die ihr wahrscheinlich allzu bekannt sind. Leider weiß man als Leser nicht, was Realität und was Wunschtraum der Autorin ist, denn fast alle Personen sind sehr nett zu der Protagonistin. Sie beschreibt außerdem die Personen, die in diesem akademischen Umfeld auftreten und den Alltag einer Professorin. Dies ist enorm spannend, da die wenigsten von uns je einen Einblick in diese sehr exklusive Welt erhalten werden.
Das Buch ist bis auf ein Kapitel komplett aus der Sicht von Alice erzählt. Man nimmt die Welt mit ihren Augen war. Am Anfang die ungeduldige, viel beschäftigte Professorin und später die eingeschränkte Sichtweise einer Alzheimerpatientin. Man ist bestürzt, wenn sie sich nicht mehr an die Namen ihrer drei Kinder erinnern kann und weint Freudentränen wenn sie dennoch weiß, dass sie diese drei Personen über alles liebt.
Dieses Buch schafft etwas Außergewöhnliches. Man versteht die Trauer und leidet mit Alice und ihrer Familie. Dabei wird sie dem Leser immer symphytischer. Vielleicht weil man ihre Hilflosigkeit spürt und manchmal gerne da wäre, um ihrer Umgebung zu sagen, was sie gerade denkt und fühlt. Auf der anderen Seite ist dieses Buch sehr humorvoll geschrieben, ein Lächeln oder Lachen lässt sich oft nur schwer unterdrücken, wenn der Leser die Welt durch Alice Sichtweise neu entdeckt.
So gut das Buch am Ende ist, leider ist die Handlung am Anfang etwas dürftig und die Diagnose wird erst nach gut 90 Seiten gestellt. Dadurch wirkt alles etwas zäh. Hinzu kommt noch die tragische Familiengeschichte von Alice. Als sie auf dem College war, sind ihre Mutter und ihre 16jährie Schwester bei einem Verkehrsunfall gestorben. Fahrer des Wagesn war ihr betrunkener Vater, der überlebt hat. Es wird nicht richtig deutlich, warum die Autorin diese Geschichte mit eingeflochten hat, da sie am Anfang nur verwirrt und auch zum Ende die Handlung weder verändert noch verdichtet.
Ein weiterer Punkt ist die häufige Nennung von Tests und Medikamente, die ohne medizinisches Sachverständnis nicht so gut nachvollziehbar sind. Wenn man allerdings ein Grundverständnis besitzt, ist dies äußerst spannend, denn alle Tests werden wirklich gemacht und alle Medikamente wirklich gegeben.
Zum Schluss bleibt noch eine Frage offen: Alice kommt aus sehr gut situierten und gebildeten Verhältnissen. Sie hat drei Kinder und einen Mann, welche sich um sie kümmern. Außerdem kann sie sich eine Krankenversicherung leisten, in den USA ja auch nicht selbstverständlich. Und so bleibt die Frage, was ist mit den Menschen, die Alzheimer bekommen und um die sich keiner kümmern kann, bei denen sich keiner um ein menschenwürdiges Leben sorgt?
Fazit:
Dieses Buch beschreibt eine Erkrankung, die in den nächsten Jahren immer häufiger auftreten wird, da die Menschen immer älter werden. Umso wichtiger ist es diese Erkrankung nicht zu überdramatisieren und nicht zu verklären und genau das schafft dieses Buch. Es stellt die Person Alice, Alzheimerpatientin sehr einfühlsam da. Dabei liegen traurige und glückliche Momente sehr eng beieinander und zeigen, dass hinter jeder Krankheit auch immer eine Person steht.
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