MUC
Story:
100 Jahre in der Zukunft. Nach einer Seuche ist ein Großteil der Menschheit ausgestorben und nur Rothaarige haben überlebt. Allerdings hat Pia schwarzes Haar, weshalb sie aus ihrer Heimat, einem Bergdorf flieht. Ihr Ziel ist MUC, das ehemalige München. Dort hofft sich ihren Bruder zu finden, der vor vielen Jahren dorthin gegangen ist. Doch was sie stattdessen vorfindet, ist eine gnadenlose Diktatur.
Meinung:
Es ist eher selten, dass dystopische Romane reale Orte als Platz für ihre Handlung auswählen. Schon allein dadurch sticht das Werk von Anna Mocikat hervor. Denn ihr Debütroman "MUC" findet in München statt.
Die Autorin wurde 1977 geboren. Nach einer journalistischen Ausbildung erhielt sie an der Drehbuchwerkstatt München ein Stipendium und studierte Drechbuchschreiben. Danach arbeitete sie mit mehreren TV-Sendern und Produktionsfirmen, ehe sie als Gamewriterin für diverse deutsche Videospielentwickler schrieb.
Das Jahr 2120. Vor 100 Jahren verheerte eine Seuche die Landschaft. Wer an ihr erkrankte, war so gut wie tot. Einzige Ausnahme: Rothaarige Menschen. Aus irgendeinem Grund überlebten sie.
Doch Pia ist eine Anomalie. Sie ist Schwarzhaarig und wurde deshalb in ihrer Heimat, einem Bergdorf in den Alpen, geschnitten. Als sie mit einem alten Mann zwangsverheiratet werden soll, flieht sie deshalb. Ihr Ziel ist MUC, das einstige München. Gemäß den Geschichten und Gerüchten soll es ein wahres Paradies sein. Doch als sie nach einem qualvollen und mühsamen Weg ankommt, muss sie feststellen, dass die Stadt in Wahrheit eine gnadenlose Diktatur ist. Und sie selbst gerät mitten in den Konflikt zwischen Unterdrückern und Unterdrückten hinein.
Klar, das Ausgangsszenario klingt vertraut. Wie bei den dystopischen Romanen üblich geht es um einen Klassenkampf und ein junges Mädchen gerät mitten dazwischen. Natürlich geht es auch um die Liebe. So gesehen erfindet Anna Mocikat das Rad nicht neu.
Was allerdings für den Roman spricht, ist der Handlungsort. Jetzt ist der Redakteur kein Einwohner der Stadt München, aber er hat trotzdem den Eindruck, dass die Autorin genau die richtige Mischung getroffen hat. Einerseits schildert sie mehr als genug Wiedererkennungsmerkmale für Einheimische. Andererseits schafft sie es auch, die Stadt auch für Nichteinheimische markant darzustellen.
Auch die Seuche wirkt interessant. Zunächst ist man dazu geneigt, die Darstellung als unglaubwürdig abzutun. Eine Epidemie, die nur Rothaarige überleben? Doch untermauert die Autorin diese Aussage im Laufe der Handlung mit einigen Argumenten, die für den Laien glaubwürdig wirken.
Doch ansonsten kann der Roman nicht überzeugen. Das liegt vor allem an der Protagonistin Pia selbst. Wiederholt hat man den Eindruck, dass Anna Mocikat hier eine Mary Sue schreibt. Einerseits wirkt sie vollkommen naiv. Aber andererseits ist seine Kletterkünstlerin, der selbst die gewagtesten Kletterpartien problemlos gelingen. Sie lernt unglaublich schnell, selbst schwierige Dinge. Und ist auch ansonsten nahezu perfekt.
Auch irritiert das Idiom, das manche Protagonisten benutzen. Hier orientiert sich die Autorin am Jugendslang und benutzt Wörter wie "cool", obwohl die Bedeutung bestimmter Begriffe sich doch sicherlich im Laufe der Jahre geändert haben dürften. Das wirkt viel zu aufgesetzt und unglaubwürdig, vor allem wenn sie beschreibt, wie die Welt sich sonst geändert hat.
Und auch das Finale ist unbefriedigend. Hier setzt die Autorin auf einen Deus Ex Machina, um ihrer Handlung halbwegs glaubwürdig aufzulösen. Was nicht glaubwürdig wirkt.
Der Roman hat gute Ansätze, kommt darüber jedoch nicht hinaus. Deshalb die Wertung "Für Zwischendurch".
Fazit:
Anna Mocikats "MUC" bietet ein Ausgangsszenario, dass zwar im Grunde vertraut ist. Aber die Idee mit der Seuche, die Rothaarige verschont, hat etwas für sich. Auch die Darstellung eines dystopischen Münchens wirkt überzeugend. Schade nur, dass die Protagonistin Pia eine Mary Sue ist. Ebenso irritiert, dass die Sprache der Überlebenden jugendliche Begriffe verwendet, die im Grunde genommen im Laufe der Zeit hätten verschwinden oder eine andere Bedeutung erhalten müssen. Und zuguterletzt ist das Finale unbefriedigend.
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