Nebenjobs: Die dunklen Fälle des Harry Dresden - Anthologie
Story:
Wie sind sich Harry Dresden und Karrin Murphy das erste Mal begegnet? Was passiert an einem freien Tag des Magiers? Und wer sorgt in Chicagos übernatürlicher Welt für Recht und Ordnung, als Harry Dresden verschwunden ist?
Meinung:
"Wandel" hat im "Harry Dresden"-Universum für einige Turbulenzen gesorgt. Die Konsequenzen daraus werden in den neuen Teilen näher beleuchtet. Doch mit "Nebenjobs" bietet sich eine Möglichkeit, innezuhalten und nochmal zurückzuschauen. Denn mit diesem Buch werden alle Kurzgeschichten gesammelt, die Jim Butcher im Laufe der Zeit geschrieben hat. Fast alle finden vor "Wandel" statt, bis auf die letzte, die wenige Stunden danach stattfinden.
Dabei ist das gute an diesem Buch, das man die Kurzgeschichten nicht einfach so vorgesetzt kriegt. Zu jeder Story gibt es ein Vorwort des Autors, der kurz erklärt, unter welchen Umständen sie geschrieben wurden. Ebenso wird auch eingeordnet, in welchem Zeitraum sie stattfinden, bzw. zwischen welchen Bänden man sie platzieren muss.
Die Bandbreite an Erzählungen ist dabei natürlich enorm. Es ist ein guter Querschnitt durch das Universum des Harry Dresdens, wobei der Magier natürlich fast immer die Hauptrolle innehat. Was der Qualität der Stories überwiegend keinen Abbruch tut.
Die beste Kurzgeschichte ist eindeutig die letzte. "Nachspiel", exklusiv für diesen Band geschrieben, findet zwei Stunden nach den Ereignissen von "Wandel" statt. In ihr wird erzählt, wie Karrin Murphy von Will, dem Anführer der Alphas um Hilfe gebeten wird, weil seine schwangere Ehefrau Georgia entführt worden ist. Da unbekannt ist, was mit Harry Dresden selbst los ist, er gilt als tot, ist die Polizistin diejenige, die sich um diese Angelegenheit kümmern soll, auf die nachdrückliche Empfehlung des Magiers hin. Und schon bald stößt sie auf eine große Verschwörung, die die Machtverhältnisse in der Stadt neu sortieren wird.
Die Geschichte zeigt deutlich, das Jim Butcher sich darauf versteht, auch ohne seinen Titelhelden eine packende Story zu erzählen. Und im Vergleich zu den vorherigen Bänden wirkt der Ton der Erzählung düsterer. Die sonst so üblichen Witze fehlen.
Doch das ist kein Manko. Im Gegenteil: Es passt zu der Story, die von Karrin Murphy selbst erzählt wird. Schließlich ist sie eine harte Polizistin, die darüber hinaus erst vor kurzem mit dem vermeintlichen Tod ihres Freundes klar kommen muss. Da passt der Ton perfekt.
Und die Story ist wirklich spannend erzählt. Vor allem, weil man mitfiebert, ob es Murphy gelingt die Entführten zu befreien. Über das Ende der Story sei nur gesagt, dass mit ihr einiges in Bewegung gesetzt wird, die das Dresdenversum interessanter gestalten dürften.
Auch die Story "Heorot" ist ebenso gelungen. In ihr erfährt man von Bierwettbewerb, an dem Mac, der Kneipenwirt teilnimmt. Da wird eine Frau entführt und Harry Dresden muss sich der Sache annehmen. Und erhält dabei Unterstützung von Miss Gard, der Leibwächterin Marcones.
Jim Butcher war schon immer gut darin, die verschiedensten Mythen zu einem kohärenten Ganzen zu vermengen. Das ist in "Heorot" nicht anders, als er den Feentyp der Malkins mit der Grendel-Legende vermengt und letztere logisch weiterdenkt. Das Ergebnis ist eine vergnügliche Erzählung, die einen Harry Dresden in Bestform zeigt.
Und natürlich gibt es auch noch andere Geschichten, die fast alle gut sind. Leider gibt es auch Ausreißer nach unten. "Wiedererwachter Glaube" zum Beispiel merkt man, dass es sich um eine der ersten Erzählungen Jim Butchers handelt. Es ist einer der ersten Aufträge Harry Dresdens, der versucht, ein entführtes Mädchen zurück zu seinen Eltern zu bringen. Doch es gibt natürlich Komplikationen, bei denen unter anderem ein Troll eine große Rolle spielt.
So vergnüglich es ist, den ersten Auftritt von Harry Dresden zu lesen, so schwach wirkt die Story, wenn man sie mit den späteren Stories des Autors vergleicht. Vieles wirkt hier noch forciert, zum Beispiel die ritterliche Seite Dresdens oder seine Angewohnheit, sich mit Gegnern anzulegen, die eigentlich stärker sind als er. Es fehlt einfach der übliche Esprit, der die Geschichte sonst so auszeichnet.
Auch "Vignette" überzeugt nicht. Hier liegt das Problem in der Kürze der Geschichte, die einfach nur daraus besteht, dass sich Harry Dresden mit Bob darüber unterhält, was auf seine Visitenkarte soll. Hier fehlt es an einer spannenden und packenden Handlung, weshalb man kurz davor steht einzuschlafen.
Die dritte und letzte schlechte Geschichte ist "Ein freier Tag". Die Grundidee, eine komische Geschichte im Dresdenversum zu schreiben, ist im Prinzip nicht schlecht. Doch übertreibt es Jim Butcher mit dem Bemühen, sich ständig neue Komplikationen auszudenken, die den titelgebenden freien Tag Harry Dresdens verhindern. Lacht man bei den ersten Mal hört es schnell auf und man verdreht am Ende nur noch genervt die Augen, weil die Situation zu abstrus ist.
"Nebenjobs" ist eine nette Anthologie. Mehr aber auch nicht. Und deshalb wird sie "Für Zwischendurch" empfohlen.
Fazit:
"Nebenjobs" ist leider keine rundum überzeugende Anthologie. Die Mehrheit der Titel sind zwar gut. Geschichten wie "Nachspiel" oder "Heorot" zeigen zwar einerseits das Können von Jim Butcher. Aber andererseits gibt es auch deutliche Ausreißer nach Unten. "Wiedererwachter Glaube", "Vignette" und "Ein freier Tag" können aus dem einen oder anderen Grund nicht überzeugen.
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