Proxima
Story:
Proxima Centauri ist der erste Planet, den die Menschheit besiedelt. Doch die Pioniere sind nicht freiwillig auf dieser Welt. Sie wurden dazu gezwungen, in einer lebensfeindlichen Umwelt zu überleben. Bis sie etwas finden, was alles auf den Kopf stellt.
Meinung:
Eine neue Welt zu betreten, sie zu besiedeln, das tägliche Überleben in einer fremden Umgebung: Das sind alles Elemente, die man von einer guten SciFi-Geschichte erwartet, die darüber geht, wie die Menschheit auf einer fernen Welt sich permanent niederlässt. Auch Stephen Baxter, bekannt von "Doctor Who: Rad aus Eis" oder "Evolution", beschäftigt sich mit dem Thema. Und zwar in dem Roman "Proxima", dessen Fortsetzung mit dem Titel "Ultimate" nächstes Jahr herauskommen wird.
Proxima Centauri ist die erste Welt, die von der Menschheit kolonisiert wird. Oder besser gesagt, von einem Teil, denn die Erde ist in zwei Machthälften aufgeteilt. Und nur die Amerikaner haben Zugriff auf einen besonderen Antrieb, mit dem sie ihre Schiffe auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen können.
Doch die Kolonisten sind nicht freiwillig dabei. Es handelt sich um Menschen, die diverse Straftaten verübt haben, und deshalb quasi ins Exil geschickt werden. Sie werden vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne dass eine Möglichkeit besteht, dass sie überleben oder umkehren können. Und das Überleben auf der neuen Welt gestaltet sich ohnehin schwierig.
Auch Yuri Eden gehört zu den unfreiwilligen Kolonisten. Er und seine Gruppe erleben hautnahe mit, wie schnell man in ihrer neuen Heimat sterben kann. Doch irgendwie gelingt es ihm zu überleben. Und schon bald entdeckt er ein ungeheuerliches Geheimnis, das alles verändert.
Bereits in "Evolution" hat man einen gewissen pessimistischen Unterton in Stephen Baxters Geschichte bemerkt. In "Proxima" setzt er dem noch einen drauf. Man merkt seiner Story an, dass er im Grunde den Glauben und die Hoffnung an die Menschheit verloren hat. Doch er schafft es, das mit einem Plot auszugleichen, der sich spannend und abwechslungsreich liest.
Denn trotz der widrigen Voraussetzungen ist nichts aufregender, als vom Überlebenskampf einer Gruppe von Protagonisten zu lesen. Und das gilt für dieses Buch umso mehr. Denn die Grundbedingungen, mit denen sich Yuri Eden und seine Begleiter auseinandersetzen müssen, sind alles andere als günstig.
Doch gleichzeitig ist das auch die große Schwäche des Romans. Denn widerholt stellt sich einem die Frage, was die Planer der Expedition sich dabei überhaupt gedacht haben? Sie schicken eine Gruppe von Strafgefangenen aus, um eine fremde Welt zu kolonisieren. Man gibt ihnen nur das Nötigste mit, bildet sie nur notdürftig aus und lässt sie auf dem Flug ständig überwachen. So ist es kein Wunder, dass kein Gemeinschaftsgeist aufkommt, sondern jeder für sich kämpft. Mit der Konsequenz, dass viele der Ursachen für die Toten in den ersten Jahren nicht auf die Welt zurückzuführen sind, sondern auf die Kolonisten.
Stephen Baxter erklärt hier überhaupt nichts. Vermutlich hat er sich an der Besiedlungsgeschichte Australiens orientiert. Doch das kann man nur vermuten, da die Motive für diese Entscheidung im Dunkeln liegen.
Das ist auch nicht das einzige, was nicht erläutert wird. Auch die Vergangenheit bleibt im Dunkeln. Man erfährt, dass eine sogenannte Heldengeneration die Erde vor einer Katastrophe gerettet hat. Dabei entwickelten sich intelligente KIs und wurden schließlich aus nicht näher ausgeführten Gründen gestürzt. Noch interessanter ist, dass all ihre Nachfahren unter Strafe gestellt wurden. So war Yuri Eden ein Gefangener, weil er auf der Erde war und eben ein solcher Nachkomme war. Wieso diese Entscheidung gefällt wurde, bleibt unklar.
Was einem noch übler aufstößt, ist die Tatsache, dass man oft genug das Gefühl hat, dass Stephen Baxter die logische Charakterentwicklung zu Gunsten der Handlung opfert. So zeugt Yuri Eden später mit einer Frau ein Kind. Die drei schaffen es zurück auf die Erde. Und die Frau entscheidet sich aus heiterem Himmel, ihren alten Posten wieder anzunehmen und ihre Tochter bei sich zu behalten. Die Entscheidung kommt aus heiterem Himmel und wird nicht glaubwürdig aufgebaut.
Auch irritiert das große Gewese um Yuris wahren Namen, dass die Figur macht. Immer wieder betont er, dass er in Wahrheit nicht Yuri Eden heißt. Doch der Plot führt ins Nichts. Man hat nicht das Gefühl, dass Stephen Baxter wirklich etwas mit diesem Handlungsfaden anzufangen wusste.
Und so bleibt unterm Strich ein überwiegend enttäuschender Roman. Deshalb wird das Buch auch "Nur Für Fans" empfohlen.
Fazit:
Ist Stephen Baxters "Proxima" ein guter Roman? Zumindest ist seiner Geschichte anzumerken, dass er nicht wirklich an die Menschheit glaubt. Und auch der Überlebenskampf seiner Figuren wird gut dargestellt. Doch ansonsten überzeugt nur wenig. Wichtige Sachen, wie zum Beispiel die Gründe für die Zusammenstellung der Kolonisten, oder was die Heldengeneration tat, um so verdammt zu werden, werden nicht geklärt. Auch stellt der Autor logische Charakterentwicklungen gegen wichtige Plotentwicklungen zurück, mit verheerenden Konsequenzen. Und was soll das Gewese um Yuris wahren Namen? Nein, dieses Buch überzeugt nicht.
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