Absolution
Story:
Clare Wald ist die betagte Grande Dame der südafrikanischen Literatur. Inzwischen lebt sie zurückgezogen in ihrem Haus. Bis sie von dem jungen Journalist Sam Leroux besucht wird. Und damit eine Reise in ihre eigene Vergangenheit beginnt.
Meinung:
"Absolution" ist ein starkes Wort. Es geht um Widergutmachung, um das Verzeihen einer begangenen Sünde. Es erfordert das Bekennen zu einer Schuld, als auch das Einverständnis der Gegenseite, dass man dem nicht mehr nachfolgen würde. Kein Wunder also, dass es oft als Titel für Krimis und Thriller verwendet wurde. Auch Patrick Flanery Roman hat diesen Namen. Und doch ist kein Krimi oder Thriller.
Der Autor wurde 1975 in Kalifornien geboren und lebt seit mehreren Jahren in Großbritannien. Er promovierte an der Universität von Oxford, unterrichte in Sheffield Literatur und ist aktuell Publizist in London. Er interessiert sich für Südafrika, vor allem was die dortige Literatur und Filme angeht. "Absolution" ist sein erstes Buch. Sein zweiter Roman "Fallen Land" ist 2013 auf Englisch erschienen. Ein hiesiger Erscheinungstermin steht noch aus.
Sam Leroux ist ein Journalist, der nach Jahren der Abwesenheit in den USA zurück in seine Heimat, Südafrika kommt. Er tut dies nicht ganz freiwillig, denn im Prinzip möchte er mit seinem Geburtsland nichts zu tun haben. Doch sein Auftrag die Grande Dame der südafrikanischen Literatur, Clare Wald, zu interviewen, lässt ihm keine Wahl.
Frau Wald ist eine alte, betagte Frau mit einer bewegten Vergangenheit. Sie lässt sich nur widerwillig Fragen stellen. Doch dann stellt sich heraus, dass zwischen ihr und ihm eine Verbindung besteht. Und diese wecken in ihr die Geister ihrer Vergangenheit.
Wie bereits eingangs erwähnt ist "Absolution" kein Thriller. Es geht hier nicht um die Jagd nach einem Verbrecher. Vielmehr bezieht das Buch seine Spannung aus der Frage, was Erinnerung ist und was nicht? Worauf kann man sich verlassen, was hat man verdrängt?
Denn schnell wird klar, dass Frau Walds Erinnerungen nicht das sind, was sie vorgeben zu scheinen. Das Rätsel um das Schicksal ihrer Schwester Nora und ihrer Tochter Laura ist dabei der rote Faden, der Plot, der die Handlung vorantreibt. Stück für Stück deckt Patrick Flanery auf, was in der Zeit der Apartheid geschah und erklärt damit auch gleichsam, wieso seine Protagonistin sich nicht richtig entsinnen kann.
In den Rückblenden stellt er ein Land vor, das korrupt und in sich zerrissen ist. Intellektuelle sind natürlich gegen die Apartheid, doch die schlägt grausam zurück, sobald man eine der unzähligen, ungeschriebenen Regeln verletzt. Es ist eine Epoche, die noch bis heute in dem Land nachhallt. Es geht auch um den Umgang mit der Vergangenheit.
Dabei verzichtet der Autor auf moralinsauere Momente. Sein Roman ist fast leise und behutsam, wenn es um den Umgang mit dem geht, was geschehen ist. Wodurch die Augenblicke, in denen große Enthüllungen stattfinden, eine unheimliche Wucht entwickeln. Auf einmal mag man nicht glauben, was man eben gelesen hat, weil die Bedeutung dessen grausam und brutal ist!
Dabei ist es eine emotionale Brutalität, mit der sich der Leser auseinandersetzen muss. Denn vor allem die Hauptfiguren sind keine physikalischen Kämpfer. Sie nutzen das Wort, um gegen das Unrecht anzugehen. Und bei den Beiden, sowohl Sam Leroux als auch Clare Dame, handelt es sich um Charaktere, die den Umgang mit der Sprache aus beruflichen Gründen perfekt beherrschen. Und das wissen sie zur besten Unterhaltung des Lesers zu nutzen.
"Absolution" ist wie eine Lawine. Sie fängt harmlos an, wird jedoch schnell wuchtiger und reißt schließlich einen mit. Natürlich ist das Buch spannend. Doch viel interessanter ist wirklich, wie nach und nach Patrick Flanery die Vergangenheit aufdeckt und damit auch die Verbindung zwischen dem Journalisten und der Schriftstellerin. Das Buch ist ein "Klassiker" und natürlich auch ein wohlverdienter "Splashhit"!
Fazit:
Mit "Absolution" hat man einen Roman von einer fast unheimlichen, emotionalen Wucht vor sich. Patrick Flanerys Geschichte entwickelt sich dabei von der Spannung her wie eine Lawine. Es dreht sich alles um die Frage, was Erinnerung ist und ob man sich auf sie verlassen kann. Gleichzeitig ist es auch die Beschreibung eines kaputten Lands, dessen Herrscher jede Verletzung irgendeiner ungeschriebenen Regel brutal bestrafen. Das Buch ist dabei nicht laut, sondern schon fast leise. Umso stärker wirken dann die Augenblicke, die einen überraschen, weil sie emotional grausam sind.
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