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Engelke Geerts 01: Jungfernfahrt

Story:
Hamburg, zur Hochzeit der Hanse 1398. Engelke Geerts ist die Nichte des reichen Kaufmanns van Damme und lebt seit dem Tod ihrer Familie in dessen Haus. Die junge Frau ist nicht nur klug und tüchtig, mit 5 Fuß 7 Zoll überragt sie auch so manchen Mann. Das "Weibische" scheint dagegen bei ihr zu kurz gekommen zu sein. Engelke hat sich längst damit abgefunden, ihr Leben als alte Jungfer zu beschließen, denn welcher Mann sollte so eine schon nehmen?

Ganz anders verhält es sich bei ihrer Cousine Anna, der Tochter von van Damme. Aber die Feier zu Annas Verlobung mit dem Sohn einer einflussreichen Händlerfamilie wird durch ein schreckliches Ereignis getrübt: Ein befreundeter Kaufmann wird erstochen und stirbt in der Diele der van Dammes. Wovor wollte er die Familie warnen? Engelke, die ungelöste Rätsel hasst, lässt die Geschichte keine Ruhe. Und als sich dann noch herausstellt, dass das neue Schiff der Familie, die Halfmoond, in Gefahr sein könnte, wird sie aktiv: Unter einem Vorwand verlässt Engelke für einige Tage das Haus, und auf der Halbmoond verdingt sich der junge "Geert" als Ladehelfer. Aber wird "er" den bösen Plan aufhalten können?

Meinung:
Die Zeit der Hanse kennt der geneigte Leser bereits von den Romanen um den Lübecker Kaufmann Rungholt. Barbara von Bellingens Roman spielt nur wenige Jahre später. Aber so wie sich die Hauptfiguren unübersehbar unterscheiden, so unterschiedlich sind auch die Romane. Der übergewichtige, cholerische Rungholt agiert in vergleichsweise dicken Büchern, deren Geschichten vor Saft und Kraft geradezu strotzen und stark optisch angelegt sind. Dagegen ist "Jungfernfahrt" eher dünn, besser gesagt kurz, und wie die nüchterne Engelke Geerts eher auf den Verstand ausgerichtet.

Das soll nicht heißen, dass diese Geschichte kraftlos wäre, im Gegenteil. Die Ereignisse – und zu einem nicht geringen Teil ihre eigene Sturköpfigkeit – reißen Engelke mit, und bald findet sie sich in höchst gefährlichen Situationen wieder. Und spätestens wenn ein ganz bestimmter Mann ins Spiel kommt, ist auch die "alte Jungfer" (mit 24 Jahren noch immer unverheiratet) nicht mehr so abgeklärt wie sonst. Dann wird der Roman sogar ziemlich emotional, jedoch zu keinem Zeitpunkt kitschig.

Etwas anderes ist die Geschichte hingegen nicht: Auch wenn der Plot sich danach anhört, ist "Jungfernfahrt" kein historischer Krimi im engeren Sinne. Man könnte eher von einer Abenteuergeschichte sprechen, die einen Kriminalfall als Auslöser verwendet. Im Gegensatz zu einigen anderen Romanen, bei denen ähnliches gilt und die hier schon besprochen wurden, findet sich auch das Wort "Krimi" nicht; auf dem Titel steht nur "Ein Roman aus dem Hamburg der Hansezeit". Das Buch versucht also nicht, auf der – auch und gerade in den 1990ern, als der Band erschien – sehr erfolgreichen Welle der historischen Krimis zu schwimmen.

Das hat der Roman auch nicht nötig, er kann mit dem überzeugen, was er hat und ist. Die Charaktere funktionieren auf Anhieb, ganz besonders die Protagonistin. Nicht selten überrascht sich der Leser bei dem Impuls, Engelke am liebsten den Kopf zurechtrücken zu wollen, wenn sie wieder einmal ihr eigenes Licht als Frau unter den Scheffel stellt – oder sie einfach mal in den Arm nehmen zu wollen. Auch die anderen Charaktere gehen, einige mehr andere weniger, über ihre reine Funktion in der Geschichte hinaus und nehmen dreidimensional Gestalt an. Engelkes Auserwählter als großer, breitschultriger Mann mit langen blonden Haaren und strahlenden blauen Augen könnte auch vom Cover so manches "Nackenbeißers" stammen. Aber das ist eher eine amüsierte Beobachtung an der Seite als eine wirkliche Kritik, denn ein trivialer Herz-Schmerz-Roman ist "Jungfernfahrt" sicher nicht.

Auch die Geschichte kann überzeugen. Von Bellingen erzählt mitreißend, ohne dabei den Leser durch einen Parforceritt zu peitschen. Besonders Bewohner oder Freunde der Hansestadt Hamburg dürften sich über die genauen Ortsbeschreibungen freuen. Die Karte im Anhang leistet gute Dienste dabei, nicht die Orientierung zu verlieren. Zur Atmosphäre tragen auch die Dialekte, allen voran natürlich der hamburgische, bei. Gleich das erste Wort des Romans ist "Schietwedder", und auch später verfällt nicht zuletzt Engelke nicht selten ins Platt. Das ist auf den ersten Blick ungewohnt zu lesen, aber spätestens wenn man sich den Text gesprochen vorstellt, sollte eigentlich jeder verstehen, was gemeint ist. Schon etwas problematischer sind die zeitgenössischen und seemännischen Begriffe, von denen nur eine Handvoll im Anhang erklärt sind. Aber ein wirkliches Problem sind auch die nicht.

Barbara von Bellingen ist das Pseudonym der Schriftstellerin Ilka Paradis-Schlang, die fast nur unter diesem Namen veröffentlicht. Die Autorin stammt aus dem oberbergischen Land, studierte in Köln an den Werkschulen Malerei, arbeitete im Entwicklungsdienst und übersetzte zahlreiche Romane aus dem Englischen, bevor sie Anfang der 1980er selbst zu schreiben begann. Die meisten ihrer Werke sind historische Geschichten, wie die Romane um Engelke Geerts. "Jungfernfahrt" ist der erste Band mit dieser Protagonistin, und es wird schnell deutlich, dass es nicht der letzte sein soll. Speziell das Ende (über das hier nicht zu viel verraten werden soll) zeigt deutlich, dass der Band als Auftakt zu einer Serie gedacht ist. Die meisten Leser werden nichts dagegen haben, Engelke auch in den folgenden Geschichten zu begleiten. Im Moment ist die in den 1990ern erschienene Reihe nur antiquarisch zu bekommen, aber das sollte niemanden abschrecken.

Fazit:
Ein historischer Roman, der ausgewiesen kein Krimi sein will und auch keiner ist, sondern eher ein Abenteuer. Barbara von Bellingen kann mit ihren Figuren ebenso überzeugen wie mit ihrer Geschichte. Wer sich diesen Band antiquarisch besorgt, sollte sich auch gleich nach den folgenden Bänden umsehen, denn "Jungfernfahrt" ist deutlich der Auftakt zu einer Reihe, auf der viele Leser die Protagonistin Engelke Geerts gerne begleiten werden.

Engelke Geerts 01: Jungfernfahrt - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Barbara von Bellingen
Engelke Geerts 01: Jungfernfahrt
Erscheinungsjahr: 1996



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Heyne Verlag

ISBN:
3-453-10840-X

221 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Die Charaktere, allen voran Engelke, funktionieren auf Anhieb
  • Die Geschichte ist mitreißend, ohne in einen atemlosen Parforceritt auszuarten
Negativ aufgefallen
  • Kleinere Details, wie unerklärte nautische Begriffe oder der zunächst ungewohnte hamburgische Dialekt, können unter Umständen stören
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Rezension vom: 22.04.2013
Kategorie: Historisches
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