Die Mechanik des Herzens
Story:
Der Junge Jack ist etwas Besonders. Sein Herz ist mechanisch, in Form einer Kuckucksuhr, die jeden Tag neu aufgezogen werden muss. Er darf sich niemals verlieben, da sonst das Uhrwerk kaputt gehen würde. Doch dann lernt er die bezaubernde Tänzerin Miss Acacia kennen und es ist um ihn geschehen. Fortan kämpft er um seine Liebe.
Meinung:
Das Herz gilt vielen als Sitz der Liebe. Und so ist es auch in vielen Märchen Gegenstand der Geschichte, in dem es mal versteinert wird, oder gar ein eisiger Splitter in ihm gelangt. Doch der Gedanke, es mit einer Kuckucksuhr zu verbinden, hat etwas für sich. Und darum geht es auch in Mathis Malzieus "Die Mechanik des Herzen".
Der Autor wurde 1974 in Montpellier geboren. Er ist Frontmann der französischen Band Dionysos, die 1993 gegründet wurde. Außerdem ist er Schriftsteller, dessen Roman "Die Mechanik des Herzens" sein erfolgreichstes Werk überhaupt ist und gleichzeitig sein Deutschland-Debüt ist. Die Geschichte wird aktuell von Luc Besson als Zeichentrickfilm adaptiert.
Der April 1874 ist für Edinburgh ungewöhnlich kalt. Viele Menschen sterben in jenen Tagen und jedes Neugeborene, welches auf die Welt kommt, muss sofort ums Überleben kämpfen. Auch Jack ist so ein Baby. Sein Herz ist im Grunde genommen zu schwach, um für sich alleine zu schlagen. Doch die Ärztin Madeleine, die sich um all jene kümmert, die von der Gesellschaft vergessen oder verachtet wurden, rettet ihm das Leben. Sie baut ihm eine Kuckucksuhr ein, die sein Herz am Leben hält.
Da seine Mutter ihn bereits kurz nach der Geburt verlässt, und kein Paar sich für ihn interessiert, wächst er bei der Ärztin auf. Sie schreibt ihm drei Regeln vor, an die er sich halten muss, will er verhindern, dass sein Uhrwerk kaputt geht. 1. Er darf seine Zeiger nie anrühren. 2. Er muss seinen Zorn zügeln. Und 3.: er darf sich niemals verlieben. Doch als er genau dies bei der Tänzerin Miss Acacia tut, ist es um ihn geschehen. Von jetzt an will er um die Liebe kämpfen.
Mit "Die Mechanik des Herzens" schreibt der Autor Mathias Malzieu ein modernes Märchen. Es geht um die Liebe und um Regeln, die für diese Emotion gebrochen werden müssen. Im Zentrum der Handlung steht ein kleiner Junge, der förmlich von Geburt an kämpfen muss.
Dabei erlebt man als Leser alles direkt mit. Denn Herr Malzieu lässt seinen Protagonisten selber die Geschichte erzählen. Man erlebt also alles quasi durch seine eigenen Augen mit. Ein Kniff, der in diesem Fall wunderbar funktioniert. Dadurch kriegt man nämlich die Sorgen und Nöte von Jack mit.
Die drei Regeln spielen in diesem Buch auch eine gewisse Rolle. Sie sind der Maßstab, an dem die Taten von Jack gemessen werden müssen. Und, wie es in Märchen üblich ist, der Haupthandlungsträger ignoriert die Regeln, mit fürchterlichen Konsequenzen. Doch anders als beispielsweise in den grimmschen literarischen Vertretern, betreffen die Auswirkungen nicht den Protagonisten selber, sondern vielmehr seine Umwelt. Als er nämlich in Rage gerät, prügelt er auf einen Jungen mit dem Namen Joe ein, der ihn die ganze Zeit zuvor triezte. Und sticht ihm dabei mit einem Uhrzeiger ein Auge aus. Eine unverhältnismäßig blutige Szene, die die Atmosphäre des Buches doch empfindlich stört.
Und dann sind da noch die anderen Schwächen. Vor allem ist es das Auftreten berühmter Persönlichkeiten, welches einen stört. So trifft Jack in einem Zug Jack the Ripper und lernt in Andalusien, wo er auf der Suche nach seiner Liebe hin gereist ist, niemand geringeren als Georges Méliès kennen, den berühmten Filmpionier. Hier fragt man sich, muss dies wirklich sein? Die Geschichte hätte genauso gut ohne diese historischen Menschen funktioniert. Sie wirken nur störend und tragen zur Geschichte praktisch nichts bei.
Wobei diese generell in der zweiten Hälfte schwächelt. Dann nämlich, wenn Jack in Andalusien ist, und versucht seiner Liebe nahe zu kommen. Das läuft natürlich nicht ohne Komplikationen ab. Und stellenweise meint man dann kein modernes Märchen zu lesen, sondern einfach nur einen nett geschriebenen Liebesroman, wie es sie noch viele Male mehr gibt.
Man kann verstehen, wieso "Die Mechanik des Herzens" die Menschen fasziniert, dass sie sogar verfilmt wird. Es ist eine berührende Geschichte. Doch ebenso hat sie deutliche Schwächen. Deshalb wird sie auch hier mit einem "Für Zwischendurch" bewertet.
Fazit:
Mathias Malzieus modernes Märchen "Die Mechanik des Herzens" überzeugt durch eine geniale Grundidee. Das Herz des Protagonisten ist mit einer Kuckucksuhr verschmolzen, weshalb er sich nie verlieben darf, will er nicht, dass das Uhrwerk kaputt geht. Doch exakt dies passiert, und daraus entsteht eine über weite Teile vergnügliche Geschichte. Man erlebt die Emotionen des Protagonisten direkt mit und auch, wie die drei Regeln, an die er sich halten muss, gebrochen werden, mit fürchterlichen Konsequenzen. Was stört ist gehäufte Auftreten berühmter Personen und eine schwache zweite Hälfte.
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