The Corner: Bericht aus dem dunklen Herzen der amerikanischen Stadt
Story:
Wie stark verändern die Drogen Amerika? Dieser Frage sind die Autoren David Simon und Ed Burns nachgegangen. Das Ergebnis ist "The Corner".
Meinung:
Auch wenn alle Welt inzwischen auf Mexiko gucken, was den Kampf gegen Drogen angeht, so ist dieses Thema auch in anderen Ländern immer noch aktuell. Auch in den USA, wo diese Stoffe vor allem in den Armenvierteln der Städte weit verbreitet sind. David Simon und Ed Burns berichten in "The Corner" von einem Jahr, welches sie in Baltimore verbrachten. Das Ergebnis ist eine erschütternde Reportage über den Drogenhandel und wie er eine ganze Gesellschaft beeinflusst.
David Simon wurde 1960 geboren und arbeitete zwölf Jahre lang für die Zeitung Baltimore Sun. Auch für das Fernsehen war er aktiv. So war Drehbuchautor und Produzent der TV-Serie "Homicide", welches auf einem gleichnamigen Buch basierte, welches er ebenfalls schrieb. Sein aktuelles Projekt ist die Fernsehserie "Treme". Gleichzeitig ist aber auch immer noch als Journalist tätig und schreibt unter anderem für die Washington Post.
Ed Burns wurde 1946 in Baltimore geboren. Er diente im Vietnam-Krieg ehe er 20 Jahre für das Baltimore Police Department arbeitete. Nach seinem Rückzug aus dem Dienst wurde er Lehrer an den öffentlichen Schulen seiner Heimat. Gemeinsam mit David Simon schrieb er 1995 "The Corner" und arbeitete gemeinsam mit seinem Partner an der TV-Serie "The Wire". Sein aktuelles Projekt ist die Dokumentation "Generation Kill", für die er nach Afrika und reiste und für insgesamt zehn Emmys nominiert wurde.
The Corner bezeichnet eine Ecke in Baltimore. Es ist dort, wo die Straßen West Fayette und Monroe Street sich kreuzen, wo sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Stück gedealt wird. Und das auf offener Straße. Einst war dieser Bezirk eine nette Gegend, doch mit dem Aufkommen von Crack und Heroin ging sie den Bach runter. Keine Familie blieb von dieser Veränderung verschont.
Besonders machen die Autoren dies am Beispiel der Familie McCullough bekannt. Es ist eine große Verwandtschaft, mit vielen Kindern und Kindeskindern. Und ein Großteil von eben jenen ist drogenabhängig. Entweder schon seit längerer Zeit, oder sie stehen erst zu Beginn einer Laufbahn als Drücker.
Auf eine äußerst lebendige Art und Weise schildern Simon und Burns den Mikrokosmos der Corner, mit all seinen Gesetzmäßigkeiten und Ritualen. Dieser Stadtabschnitt wird nicht nur von Junkies bewohnt, sondern auch von solchen, die sich bemühen jenen zu helfen, die sich noch nicht wehren können. Und so ist Ella Thompson mit ihrem Martin Luther King Jr. Recreation Center, welches sie inmitten dieses Viertels regelmäßig öffnet und pflegt, schon fast ein Fremdkörper. Doch nimmt man ihr ihren Wunsch, sich um die Hilfsbedürftigen zu kümmern ab.
David Simon und Ed Burns nehmen in ihrer Beschreibung der Ereignisse in der Corner eine neutrale Position ein. Man merkt zwar, dass sie die vielen Menschen dort liebgewonnen haben. Doch schaffen sie es die diversen Taten und Ereignisse so zu schreiben, dass es am Leser selbst liegt, die diversen Aktionen zu bewerten.
Und auch, wenn das Buch ursprünglich 1995 geschrieben wurde, hat es an Aktualität und Brisanz nicht verloren. Das beweisen unter anderem die vielen Nachworte, die die beiden Autoren bei den Neuauflagen nachträglich mit einfügten. Dabei informieren sie den Leser auch über das Schicksal einiger Personen, die im Buch ebenfalls auftauchten. Und nicht immer sind es frohe Nachrichten, die sie verkünden.
Wer "The Corner" liest, wird so schnell nicht mehr loslassen können. Es ist ein großartig geschriebenes Buch, und damit auch zu Recht ein "Klassiker". Die Aktualität des Themas kommt außerdem noch hinzu, weshalb es am Ende auch noch den "Splashhit" kriegt,
Fazit:
"The Corner", von David Simon und Ed Burns", ist ein Bericht über ein Viertel einer amerikanischen Stadt, das den Drogen anheimfiel. Die Autoren schreiben über diesen Mikrokosmos sehr lebendig und bedrückend. Sie nehmen in ihrer Darstellung eine neutrale Position ein und verurteilen die Menschen nicht für ihre sucht. Es liegt am Leser selbst, sich ein Urteil zu bilden. Im Laufe der Zeit hat der Band nichts an Aktualität und Brisanz verloren, weswegen er auch zu Recht ein Pflichtkauf ist.
|