Das kaputte Knie Gottes
Story:
Dennis und Mark sind beste Freunde. Doch ihr jeweiliges
Leben könnte unterschiedlicher nicht sein. Während Dennis sich als erfolgloser
Bildhauer versucht, studiert sein Kumpel Lehramt. Trotzdem stehen sie
zueinander, bis das Schicksal in ungewöhnlicher Form zuschlägt.
Meinung:
Was ist Kunst? Eine Frage, über die sich die Menschheit wiederholt den Kopf zerbricht. Dass dabei die Meinungen weit auseinander gehen, kann man dann beobachten, wenn wieder eine unwissende Person ein Kunstwerk vernichtet, welches nicht als solches gekennzeichnet ist. Darüber und über die Kultur im Allgemeinen kann man herrliche Persiflagen schreiben, wie es beispielsweise Marc Degens in seinem Roman "Das kaputte Knie Gottes" getan hat.
Der 1971 in Essen geborene Schriftsteller hat Germanistik und Soziologie in Bochum studiert. Danach zog es ihn nach Berlin wo er als freier Schriftsteller lebte und arbeitete. Es folgten weitere Stationen, bis er 2010 in Bonn sässig wurde.
Dennis und Mark könnten nicht unterschiedlicher sein. Während letzterer ein Frauen vernaschender Lehramtsanwärter ist, hat Dennis das Studium schon vor langer Zeit geschmissen. Er versucht sich als Bildhauer, und das mehr schlecht als recht. Trotzdem schafft er es irgendwie über die Runden zu kommen. Und dann er verliebt sich in die Salonkommunistin Lily.
Doch niemand hat gesagt, dass das Leben einfach wäre. Und so schlägt es bei ihm ziemliche Kapriolen. Seine Beziehung zu Lily scheitert an einer ungewöhnlichen Allergie, in einem Preisausschreiben gewinnt er Tonnen von Hundefutter, und die wiederholten Versuche seiner Freunde, ihm doch noch zum Erfolg zu verhelfen, scheitern an seiner Unberechenbarkeit. Doch dann greift das Schicksal ein und für Dennis scheint sich alles zum Guten zu wenden. Nur, welchen Preis muss er dafür zahlen?
"Das kaputte Knie Gottes" wird als "Kulturpersiflage" beworben. Das stimmt, greift allerdings zu kurz. Zwar werden die Kunst und ihre stellenweise hochgebildeten Bewunderer herrlich durch den Kakao gezogen, doch im Mittelpunkt der Handlung steht vielmehr die Freundschaft zwischen Dennis und Mark.
Beide sind schon seit Jahren beste Kumpels. Sie telefonieren miteinander, sehen sich regelmäßig und tauschen sich aus. Und Mark ist bereit, für seinen Kumpel alles zu tun. Er selbst ist sogar bereit, eine der großen, hässlichen Plastiken zu nehmen, nur um Dennis damit eine Freude zu tun.
Interessant wird das Beziehungsgeflecht, als Lily in das Leben von Dennis tritt. Dieser ist sofort hin und weg von ihr und sie verändert sein Leben drastisch. Sie schafft es sogar, den etwas weltfremden Künstler dazu zu bringen, von seiner Geliebten der Kunst abzurücken. Doch dann reagiert sie im wahrsten Sinne des Wortes allergisch auf ihn.
Letzteres ist ein perfektes Beispiel dafür, wie abstrus Marc Degens sein Buch gestaltet. Besonders auf Dennis hat er es förmlich abgesehen. Wiederholt lässt er ihm Dinge zustoßen, die eigentlich unmöglich sind. Er gewinnt jede Menge Hundefutter und wird es nicht los. Also was macht der Bildhauer? Er besorgt sich selber zwei Riesen-Hunde, mit dem Ziel sie einzuschläfern, wenn sie das Fressen weggegessen haben. Doch wie üblich in "Das kaputte Knie Gottes" kommt es anders, als gedacht.
Doch auch die Kunst beziehungsweise die Kunstliebenden nimmt der Autor aufs Korn. Schon zu Beginn des Buches schildert er, wie die Intellektuellen es schaffen, aus einem Pornofilm ein Werk von hohem Anspruch zu machen. Er macht sich über sie lustig, ohne aber allerdings beleidigend zu werden. So weit geht er nicht. Er nimmt sie nur auf die Schippe, und das sehr gekonnt. An manchen Passagen kommt man aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.
Allerdings vergisst er neben dem Humor auch die Tragik nicht. Er schildert, wie einer der Hunde krank wird und dann auf einer Fahrt zur Heilung erschossen wird. Und ebenso stellt er auch dar, wie die beiden Freunde sich auseinanderleben. Dennis wird ein großer Künstler, und Mark wird endgültig bodenständig. Zwei Realitäten, die einfach nicht zueinanderpassen. Dabei wird auch gezeigt, wie sehr die Weltfremde der Kunst Dennis so stark verändert, dass er sich um seinen besten Freund nicht mehr kümmert. Als beide nach einer Schwarzfahrt getrennt werden, tut er nichts, um seinen Kumpel wiederzufinden. Ein Zeichen dafür, wie sehr der Bildhauer jetzt in seiner eigenen Welt lebt. Sein ehemaliger bester Buddy ist da nur schmückendes Beiwerk, mehr aber auch nicht. Es ist ganz nett, ihn zu sehen, doch sobald er aus den Augen ist, existiert er auch nicht mehr.
Besonders im letzten Drittel des Romans wird die Handlung dann immer abstruser und abgedrehter. Mark besucht Dennis in Berlin, ein Erlebnis, welches ihn nachträglich verändert. Hier übertreibt es Marc Degens deutlich. Der Plot wird immer abgehobener und hat mit der halbwegs realistischen Darstellung der ersten beiden Drittel nichts mehr gemeinsam. Es passt einfach nicht zusammen, vor allem da der Autor sämtliche Klischees über Künstler meint bestätigen zu müssen.
Und so kann man das Buch auch nicht anders als mit einem "Reinschauen" bewerten. Es ist ein guter Roman, doch etwas weniger Klischeebestätigung im letzten Drittel hätte ihm nicht geschadet.
Fazit:
Mit "Das kaputte Knie Gottes" präsentiert Marc Degens einen herrlich abgedrehten Roman. Er nimmt die Kultur und ihre Liebhaber auf die Schippe, ohne jedoch beleidigend oder verletzend zu werden. Ebenso konzentriert er sich auf die Freundschaft zwischen Mark und Dennis und lässt letzterem jede Menge merkwürdiger Dinge zustoßen. Doch im letzten Drittel enttäuscht das Buch dann. Der Autor meint, jedes denkbare Künstler-Klischee bestätigen zu müssen, und verliert darüber Bodenhaftung. Die Ereignisse werden immer abstruser und irritieren irgendwann nur noch.
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