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Das gestohlene Siegel

Story:
1070, in der Blütezeit des Kiewer Rus. Der Bojar Artem erhält von Fürst Wladimir persönlich den Auftrag, einen hochbrisanten Mord aufzuklären. Denn der oberste Bücherwart des Reiches ist auf dem Rückweg von Byzanz nie wieder in Rostow angekommen, sondern wurde tot auf einer Lichtung gefunden. Der hohe Beamte war nicht nur ein enger Freund des Fürsten, sondern trug auch dessen persönliches Siegel bei sich. Das ist jetzt verschwunden, und dadurch wird der Mord zur Staatsaffäre. Artem muss schnell herausfinden, was geschehen ist, und das Siegel wiederbeschaffen, bevor jemand damit Schindluder treibt. Da hilft es ihm nicht gerade, dass die Tat in einem Gebiet geschah, in dem der sagenhafte Schatz eines lange untergegangenen Volkes versteckt sein soll, und für dessen Bewohner der Glaube an rachsüchtige Geister völlig normal ist. Und ist die griechische Heilerin Kallistrata, die die Situation offenbar genau kennt, Freund oder Feind?

Meinung:
Wenn man nicht gerade Geschichte studiert hat, hören die Kenntnisse über die russische Geschichte vermutlich irgendwo bei Oktoberrevolution, Katharina der Großen und den Zaren allgemein auf. Auch historische Krimis spielen, wenn sie sich überhaupt in diese Regionen vorwagen, nur selten vor Iwan IV. oder Peter I. Iwan IV. wurde 1547 als erster russischer Herrscher zum "Zar" gekrönt, Peter I. erhob mit dem Titel des "allrussischen Kaisers" erstmals Anspruch auf eine gleichberechtigte Rolle seines Reiches unter den europäischen Großmächten.

Aber die Geschichte dieser Landstriche geht natürlich viel weiter zurück, und auch dort lassen sich interessante Geschichten erzählen. Das demonstriert Elena Arseneva in "Das gestohlene Siegel". Die in Russland geborene Autorin lebt heute in Paris, und dieser Roman ist der erste aus einer Serie mit den Abenteuern des Bojaren Artem. Sie alle spielen im Kiewer Rus, einem der ältesten wichtigen slawischen Reiche. Von der Ausdehnung her entsprach es etwa den heutigen Nationalstaaten Russland, Ukraine und Weißrussland. Seine Herrscher waren in Europa angesehen und in die Hochzeitspolitik – die damals noch viel mit Macht- und Bündnispolitik zu tun hatte – integriert. Der Begriff des "Rus", der auch für spätere Reiche verwendet wird, leitet sich von einem anderen Namen für die Waräger oder Wikinger ab und setzt sich bis zum heutigen "Russland" fort.

Überhaupt sind die Begriffe etwas, das sofort an diesem Buch auffällt. Arseneva schreckt nicht davor zurück, ihre Leser mit unvertrauten Bezeichnungen zu konfrontieren, die auch nur in einem kurzen Anhang erläutert werden. Aber man hat schnell begriffen, dass etwa ein Bojar ein Mitglied des Adelsstandes ist oder Novgorod der alte Name von Kiew ist. Und so anders ist die Welt des russischen elften Jahrhunderts dann auch wieder nicht, dass man sich nicht schnell einfinden könnte.

Ein größeres Problem ist da schon der Duktus. Die Dialoge sind gelegentlich doch recht hochtrabend, um nicht zu sagen geschwollen formuliert. Das mag authentisch sein für (oft formal-offizielle) Gespräche unter Adligen zu dieser Zeit, aber es ist sicher nicht jedermanns Sache. Ebenfalls ein Negativpunkt sind die gelegentlichen stilistischen Stolperer, die sich entweder die Autorin oder die Übersetzerin leistet. Von Zeit zu Zeit stolpert der Leser über merkwürdige Formulierungen, die einen aus der Geschichte "herausfallen" lassen. Danach braucht es wieder einige Seiten, bis man wieder "drin" ist.

Positiv zu bemerken sind dagegen die Charaktere. Arsenenva baut praktisch alle Figuren wenigstens ein Stück weit aus und gibt ihnen Dreidimensionalität, von nur wenige Seiten auftretenden Statisten und ähnlichen Nebengestalten einmal abgesehen. Insbesondere der Held Artem hat, zumindest aus heutiger Sicht, durchaus auch negative Seiten, wenn er beispielsweise einem möglichen Zeugen die Reitpeitsche androht für den Fall, dass dieser nicht schnell erzählt was er gesehen hat.

Die Geschichte liest sich angenehm, wenn man die geschilderten Einstiegshürden, insbesondere die unvertrauten Begriffe, erst einmal überwunden hat. Die Autorin versteht es gut, die Handlung im Fluss zu halten und Spannung aufzubauen. Wie genau sie die historische Realität des Kiewer Rus getroffen hat, soll hier dahingestellt bleiben, da auch einem interessierten Laien eventuelle Fehler wohl nicht auffallen würden. Insgesamt ist "Das gestohlene Siegel" sicher kein Meisterwerk. Aber der historische Kriminalroman ist sein Geld und die – durchaus vorhandene – Zeit, die man für den Einstieg benötigt, sicher wert.

Fazit:
Ein historischer Krimi mit ungewöhnlichen Schauplatz, nämlich dem Kiewer Rus des 11. Jahrhunderts. Nebe der den meisten Lesern wohl untertrauten Epoche mit ihren entsprechend neuen Begrifflichkeiten fällt auch der teils geschwollene Duktus der Dialoge und einige holprige Stellen negativ ins Auge. Positiv zu bemerken sind die gut ausgearbeiteten Charaktere und der angenehme Erzählfluss.

Das gestohlene Siegel - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Elena Arseneva
Das gestohlene Siegel
Le Sceau de Vladimir

Übersetzer: Dietlind Rank
Erscheinungsjahr: 1999



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Heyne Verlag

ISBN:
3-453-16105-X

253 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Ein Schauplatz, der nicht schon von hunderten historischer Krimis abgenutzt wurde
  • Ist man erstmal in der Geschichte drin, gerät die Handlung gut in "Fluss"
  • Die Charaktere sind gut und dreidimensional ausgearbeitet
Negativ aufgefallen
  • Die Autorin lässt den Leser mit den unvertrauten Begrifflichtkeiten relativ alleine
  • Der Duktus der Dialoge mag nicht jedermanns Geschmack sein
  • Autorin oder Übersetzerin leisten sich von Zeit zu Zeit misslungene Formulierungen, die den Leser aus der Geschichte "fallen" lassen
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Rezension vom: 13.02.2012
Kategorie: Historisches
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